Die SPD-Gemeinderatsfraktion regt eine lokale Bildungsdebatte an. Die CDU hält indessen wenig vom Konzept Gemeinschaftsschule. Die Realschulen dürften nicht auf Druck von oben zu einer Umstellung gezwungen werden, so die Christdemokraten.

Nürtingen - Gemeinschaftsschule – für die Befürworter der Weg in die Zukunft, für Kritiker eine Sackgasse. In vielen Kommunen im Land läuft die Diskussion über das Für und Wider dieser Schulart auf Hochtouren. Nun stößt die SPD auch in Nürtingen eine Bildungsdebatte an. Ein Antrag der Gemeinderatsfraktion will die Frage klären, „wie die derzeitigen Schulstrukturen an die veränderten gesellschaftlichen Bedingungen angepasst werden können“.

 

Für ein Zukunftskonzept sollten der SPD zufolge Möglichkeiten geprüft werden, „auch in Nürtingen eine Gemeinschaftsschule auf den Weg zu bringen“. Denn diese Schulart gibt es in der Stadt bisher nicht, die sich explizit als „Schulstadt“ versteht.

Eltern schicken Kinder in Nachbarkommunen

Die Fraktionsvorsitzende Bärbel Kehl-Maurer verweist darauf, dass Nürtinger Eltern inzwischen rund 30 Kinder an den Gemeinschaftsschulen in den Nachbarkommunen Wendlingen und Frickenhausen angemeldet haben. Die Debatte zu führen und Eltern zu informieren, sei daher überfällig, so Bärbel Kehl-Maurer.

Die CDU-Fraktion hingegen sieht in dem SPD-Antrag einen Angriff auf die beiden Nürtinger Realschulen. „Auf diese darf kein Druck ausgeübt werden, sich zu einer Gemeinschaftsschule zu entwickeln“, heißt es in einer Mitteilung. Diese Entscheidung dürfe nicht von der Politik, „sondern ausschließlich von der Schule getroffen werden“, so der Fraktionschef Matthias Hiller.

Der Nürtinger SPD liege es fern, die Realschulen abzuschaffen, betont indessen Bärbel Kehl-Maurer. „Die Realschulen sehe ich nicht bedroht“, sagt sie. Vielmehr gehe es darum, Wahlmöglichkeiten zu schaffen und bedarfsgerecht unterschiedliche Lernkulturen in der Schullandschaft anzubieten. Die Frage laute nicht entweder oder, so der SPD-Stadtrat Michael Medla. „Realschulen und Gemeinschaftsschulen sind Partner und keine Gegner“, sagt er und hält der CDU vor, „noch in alten Mustern der Kategorisierung“ festzuhängen.

Veranstaltungsreihe soll aufklären helfen

Die Sozialdemokraten wollen die Debatte dabei nicht auf die Gemeinschaftsschule verengen. Vor dem Hintergrund des demografischen Wandels sehen sie in der Einführung der Ganztagsschule einen weiteren Aspekt des geforderten Schulentwicklungskonzepts. Wichtig ist es der Fraktion, bei der Diskussion Eltern, Lehrer, Vereine, Organisationen und Bürger einzubeziehen. Bärbel Kehl-Maurer zufolge ist die Weichenstellung für die Schulen dafür prädestiniert. Im Jahr 2013 hatte die Stadt ein Bürgerbeteiligungskonzept mit festen Verfahrensregeln verabschiedet. In diesem Rahmen sollen die Bürger bei wichtigen politischen Themen mitreden.

Den Dialog will die SPD mit einer Veranstaltungsreihe in Gang setzen. Den Auftakt macht am 11. Februar im Martin-Luther-Hof der Abend „Was ist und was bedeutet ,regionale Schulentwicklung?‘“. Zu Gast von 19 Uhr an ist die Schwäbisch-Haller Bürgermeisterin Bettina Wilhelm. Über die „Chancen der Gemeinschaftsschule“ informieren am 6. Februar am selben Ort und um dieselbe Uhrzeit Norbert Zellter vom Kultusministerium und Regina Bönisch, die Leiterin der Ludwig-Uhland-Schule Wendlingen. Dann gibt es am 14. März von 9 bis 12.30 Uhr in der Stadthalle eine „Zukunftswerkstatt Bildung“. Zudem ist für das Frühjahr eine Veranstaltung mit dem Kultusminister Andreas Stoch vorgesehen.

Drei Gemeinschaftsschulen wird es in Esslingen geben

In Esslingen ist die Debatte um die Gemeinschaftsschulen bereits kontrovers geführt worden. Vom nächsten Schuljahr an wird es in der ehemaligen freien Reichsstadt insgesamt drei Gemeinschaftsschulen geben. Zwei Realschulen haben die Umstellung zumindest vorläufig abgelehnt, die Realschule am Schillerpark hingegen wird sie vollziehen. Die Nürtinger Realschulen haben zunächst einmal das Ganztagsangebot eingeführt. Die Bürgermeisterin Claudia Grau hält es indessen für ratsam, „sich frühzeitig gedanklich auch mit dem Thema Gemeinschaftsschule zu beschäftigen“.