Ein 23-Jähriger räumt vor dem Landgericht Stuttgart ein, sich im Herbst vergangenen Jahres in Nürtingen auf abscheuliche Art an zwei jungen Frauen vergangen zu haben. Die Opfer leiden bis heute an den Folgen der schrecklichen Taten.

Nürtingen - Die beiden Frauen haben Schreckliches erleiden müssen. Die 30-Jährige und die 19-Jährige wurden am 21. Oktober, beziehungsweise am 1. November vergangenen Jahres in Nürtingen von einem 23 Jahre alten Mann auf offener Straße überfallen und brutal vergewaltigt. Der mutmaßliche Täter muss sich seit Mittwoch vor der 5. Großen Strafkammer des Landgerichts Stuttgart für die beiden Verbrechen verantworten, die er unumwunden zugibt. Er ist unter anderem wegen zweifacher Vergewaltigung angeklagt, wobei eine der Taten von der Staatsanwaltschaft Stuttgart als „besonders schwer“ erachtet wird.

 

Der Täter filmt seine eigene Tat

Der 30 Jahre alten Frau im Zeugenstand fällt es schwer, über das zu reden, was ihr der Angeklagte am frühen Morgen des 21. Oktober vergangenen Jahres angetan hat. Von der schrecklichen Tat zu erzählen, sei für sie, „als ob ich immer wieder umgebracht würde“, sagt sie. Sie war gegen 5 Uhr nach Hause gekommen zu einem Nürtinger Etablissement, in dem sie zeitweise als Bardame gearbeitet und damals auch übernachtet habe. Sie erklärte dem Unbekannten, der plötzlich hinter ihr stand, das Lokal sei bereits seit 23 Uhr geschlossen. Daraufhin habe er sie sofort gepackt, in eine Nische gezogen und sie brutal vergewaltigt, wobei er sie zu nahezu allen nur erdenklichen Sexualpraktiken gezwungen habe. Währenddessen habe er sie mit seinem Smartphone gefilmt.

Zunächst habe sie ihm vorgaukeln wollen mitzumachen, „damit er mich schneller wieder gehen lässt“. Aber das habe ihn nur noch aggressiver gemacht, „er hatte Spaß daran, gewalttätig zu sein“. Als ihr Peiniger schließlich von ihr abgelassen habe, sei er „ruhig weg gegangen, als wäre nichts passiert“, sagt die Frau, die nicht nur körperliche Verletzungen durch die Vergewaltigung und Schläge erlitten hat, sondern noch heute seelisch stark unter der Tat leidet. Der 23-Jährige habe sie in Todesangst versetzt, „ich habe gedacht, dass ich sterben werde“. Der Angeklagte entschuldigt sich bei der 30-Jährigen. Was er ihr angetan habe, sei „auf keinen Fall wieder gut zu machen“, sagt er. Er hoffe, dass es ihr „bald wieder besser geht und dass Sie wieder ruhig schlafen können“.

Opfer geschlagen, gewürgt und vergewaltigt

Beim zweiten Opfer, einer 19-Jährigen, ist der Mann laut der Anklage noch brutaler vorgegangen. Er lauerte ihr am 1. November gegen 5 Uhr auf, als sie vom Nürtinger Bahnhof nach Hause gehen wollte. Auf der Brücke über die Steinach wurde sie laut der Staatsanwältin von dem Täter zu Boden geworfen und er schlug ihren Kopf mehrfach auf den Boden, bis sie bewusstlos war. Dann schleifte er sie ans Ufer der Steinach, wo er sich auf abscheulichste Art und Weise mehrfach an ihr verging, nachdem sie wieder zu sich gekommen war. Zudem schlug und würgte er sein Opfer immer wieder während der Tat. Selbst als die junge Frau in Todesangst verzweifelt versuchte, krabbelnd davon zu kommen, ließ er nicht von ihr ab, schlug und vergewaltigte sie erneut. Trotz der Hilfeschreie und der Gegenwehr seiner Opfer, kannte der Täter offenbar keine Gnade. Die Nebenklägervertreterin der 19-Jährigen beantragt, ihre Mandantin unter Ausschluss der Öffentlichkeit aussagen zu lassen.

Zu den Vorwürfen äußert sich der Angeklagte nicht persönlich. Sein Verteidiger gibt für ihn in wenigen Sätzen eine Erklärung ab, in welcher der 23-Jährige die Taten „voll umfänglich“ einräumt. Alles habe sich „so zugetragen, wie es in der Anklage verlesen wurde“. Angaben macht er nur zu seinem Lebenslauf. Aufgewachsen ist er in der Region Freiburg. Nach einem abgebrochenen Studium des Bauingenieurwesens habe er sich für eine Schreinerlehre entschieden und sei im März vergangenen Jahres zu seiner Freundin nach Nürtingen gezogen. Mit dieser sei er seit 2013 zusammen gewesen, inzwischen aber von ihr getrennt. Schon im Alter von 15 Jahren habe er Marihuana geraucht und auch dem Alkohol zugesprochen. Mehrmals täglich habe er Pornos konsumiert und er sei von Sadomaso-Sexualpraktiken und „Fesselspielchen“ angetan.

Das Fahndungskonzept der Polizei geht auf

Der 23-Jährige war offenbar auf dem Weg zum Serienvergewaltiger, hätte ihn die Polizei nicht bereits am 24. November nach einem speziellen und am Ende erfolgreichen Fahndungskonzept in Nürtingen festgenommen. In jener Nacht hatte er eine Schreckschusswaffe, eine Sturmhaube, Kondome und Fesselutensilien bei sich. Die DNA einer an einem Opfer sichergestellten Täterspur stimmte mit jener einer Speichelprobe des 23-Jährigen überein. Der Prozess wird fortgesetzt.