Der Verein der Briefmarkenfreunde Nürtingen begrüßt 800 Besucher bei seinem Großtauschtag in der Beutwanghalle. Und die Veranstaltung zeigt, dass es nach wie vor ein Interesse für dieses Hobby existiert.

Nürtingen - Briefmarkensammlern wird nachgesagt, eine aussterbende Spezies zu sein. Sollte es eines Gegenbeweises dieser Behauptung bedürfen, so ist der Großtauschtag des Vereins der Briefmarkenfreunde Nürtingen ein leuchtendes Beispiel dafür. Am Sonntag war die Beutwanghalle – im Stadtteil Neckarhausen seit 1976 jährlich Schauplatz des zentralen philatelistischen Ereignisses – wieder brechend voll. Rund 800 Besucher aus dem ganzen Land, aber auch aus Hessen und Bayern, erfreuten sich an dem vielfältigen Angebot an historischen Postwertzeichen, Münzen und Ansichtskarten.

 

Der Ende des Jahres 1964 gegründete Verein der Briefmarkenfreunde Nürtingen ist stolz darauf, rund 200 Mitglieder zu zählen und damit im Südwesten eigenem Bekunden nach einer der größten Vereine seiner Art zu sein. Sogar eine kleine Jugendabteilung mit sechs jungen Sammlern kann er vorweisen. Pardon, seit Sonntag sind es sieben, denn „heute ist ein weiterer Schüler gewonnen worden“, betont der Vorsitzende Siegfried Stoll.

Zehn Händler und 55 Hobby-Sammler

Gerhard Augsten, der bei dem Verein für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig ist, räumt allerdings ein: „Das lässt sich nicht beschönigen, der Schwerpunkt der Sammler sind ältere Herren und Damen“. Wobei die Nürtinger – auch das ist eine Besonderheit – auf einen 15-Prozent-Anteil an Briefmarkenfreundinnen in ihren Reihen verweisen können. Aber Gerhard Augsten betont auch, dass die Philatelie noch lange nicht tot sei. Der alljährliche Großtauschtag sende das deutliche Signal aus: „Wir leben noch.“

Natürlich seien die Zeiten vorbei, in denen dieses Hobby ein Massenphänomen war, als jeder Schüler sein Album für Tauschgeschäfte in den Unterrichtspausen im Ranzen hatte und der Sammlermarke noch der Ruf anhaftete, die Aktie des kleinen Mannes zu sein. Aber ein Markt für die Leidenschaft sei allemal noch vorhanden – auch und gerade im Internet.

In der Beutwanghalle präsentierte er sich auf eindrucksvolle Weise. Rund zehn Händler boten ihre Schätze an, aber auch rund 55 Hobby-Sammler, die darauf erpicht waren, gute Tauschgeschäfte zu machen. Zur Not werde da auch schon mal eine begehrte Marke „gegen einen 20-Euro-Schein getauscht“, erklärte Gerhard Augsten mit einem Schmunzeln im Gesicht. Denn es sei eher unwahrscheinlich, dass es klappe, „seine russischen Briefmarken gegen die gewünschten aus Böhmen und Mähren zu tauschen“. Aber auch für Sammler, die sich rein zufällig finden und völlig ungezwungen miteinander ins Tauschgeschäft kommen wollten, fanden sich dafür eigens vorbereitete freie Tische.

Briefmarken als „Tor zur Welt“

Beim Schlendern durch die Halle holte den Besucher jene Stimmung ein, die ihn früher schon beim Betrachten exotischer Briefmarken ergriffen hatte. Gerhard Augsten nennt es eine Zeitreise, auf die man sich begebe. Denn einst – als Urlaubsreisen in ferne Länder eher die Ausnahme waren – hätten die Briefmarken aus aller Herren Länder „das Tor zur Welt“ symbolisiert. So sei auch seine Leidenschaft fürs Sammeln entfacht worden. In den 1940er-Jahren habe er auf der Straße einen Briefumschlag mit einer südafrikanischen Marke darauf gefunden. Seitdem hat Gerhard Augsten die Faszination, Briefmarken zu sammeln, nicht mehr losgelassen.