Vor der Stichwahl um das Amt des Frankfurter Oberbürgermeisters buhlen die beiden verbliebenen Kandidaten von CDU und SPD um die Stimmen der Grünen-Wähler. Die Korruptionsaffäre um den ehemaligen Oberbürgermeister holt die SPD ein.

Dass der neue Frankfurter Oberbürgermeister schon im Stil anders agieren wird als der Anfang November abgewählte Peter Feldmann, erscheint wenige Tage vor der Stichwahl an diesem Sonntag sicher. Weder dem CDU-Kandidaten Uwe Becker noch seinem SPD-Kontrahenten Mike Josef werden Starallüren oder übersteigerte Eitelkeit nachgesagt. Wer von beiden auch immer die Direktwahl gewinnt: Das künftige Stadtoberhaupt wird kaum wie sein Vorgänger bei jeder Gelegenheit die goldene Amtskette anlegen.

 

Drei Monate nach der Verurteilung Feldmanns zu einer Geldstrafe wegen Vorteilsannahme in der Affäre um die Arbeiterwohlfahrt (Awo) stehen sich in der Stichwahl zwei betont seriöse Politiker gegenüber. Ob der hessische Europastaatssekretär und Antisemitismusbeauftragte Becker oder der einst als Kind einer syrischen Flüchtlingsfamilie nach Deutschland gekommene Josef das Rennen macht, gilt als offen.

Der SPD-Kandidat Mike Josef ist amtierender Planungs- und Sportdezernent Frankfurts. Foto: imago

Der 53-jährige CDU-Mann Becker, der dem Frankfurter Magistrat bis zu seiner Abwahl 2021 lange als Stadtrat, Kämmerer und Bürgermeister angehörte, lag unter den 20 Kandidaten des ersten Wahlgangs mit 34,5 Prozent überraschend klar vorne. Der 40 Jahre alte Sozialdemokrat Josef, amtierender Planungs- und Sportdezernent der Stadt, folgte mit 24 Prozent an zweiter Stelle. Manuela Rottmann von Frankfurts stärkster Partei, den Grünen, schied mit 21,3 Prozent aus. Von beiden verbliebenen Kandidaten heftig umworben werden nun die Wähler der Grünen, die am Sonntag den Ausschlag geben könnten.

Becker warf der Rathauskoalition vor, den Autoverkehr zu behindern

Becker hat inzwischen offiziell seine indirekte Drohung vor dem ersten Wahlgang zurückgenommen, er könnte den Grünen als Oberbürgermeister die Zuständigkeit für das Verkehrsdezernat im Magistrat entziehen. Das Recht dazu hätte er laut hessischer Gemeindeordnung. Der Rathauskoalition aus Grünen, SPD, FDP und Volt warf Becker vor, dem Autoverkehr in Frankfurt Steine in den Weg zu legen. In der zweiten Wahlkampfrunde hebt Becker nun mehr sein Eintreten für Klimaschutz hervor, macht weniger stark Front gegen die grün-geführte Koalition und zeigt sich kooperationsbereit. Auch Josef setzt auf die Grünen-Wähler und plakatiert „sozial, ökologisch, vielfältig“ als Slogan.

Uwe Becker ist der Kandidat der CDU. Bis 2021 war er Bürgermeister und Kämmerer der Stadt Frankfurt. Foto: imago

Als spannend galt die Frage, ob die Grünen zur Stichwahl eine Empfehlung abgeben. Am Montag lösten sie das Problem salomonisch: Der Parteivorstand empfahl keinen der beiden, betonte aber, das neue Stadtoberhaupt müsse mithelfen, für die Klimawende umzusteuern. „Frankfurt als vor allem autofreundliche Stadt – das ist ein Konzept des letzten Jahrhunderts“, hieß es weiter. Die Grünen-Rathausfraktion rief dagegen ohne Umschweife zur Wahl des SPD-Kandidaten Josef auf. Der habe schließlich den Koalitionsvertrag mitunterschrieben und „mit uns Grünen, FDP und Volt schon bisher sehr gut zusammengearbeitet“.

Vor der Stichwahl holt die Awo-Affäre die SPD wieder ein

Sollten alle Grünen-Wähler am Sonntag für den SPD-Bewerber stimmen, hätte er gute Chancen. Allerdings macht seiner Partei ausgerechnet vor der Stichwahl wieder die Awo-Affäre zu schaffen. Nun wurde ein städtischer Amtschef und ehemaliger Referent Feldmanns angeklagt, weil er seiner Schwester zu einem Job bei der Awo verholfen und der Organisation im Gegenzug Wohlwollen signalisiert haben soll. Seine Stellung hat der Mann inzwischen verloren, auch als Vorsitzender eines SPD-Ortsvereins trat er zurück.

Die CDU aber freut sich über ein willkommenes Wahlkampfgeschenk. Becker präsentiert sich als Mann des Neuanfangs und will der Stadt „die Würde wiedergeben“. Josef wiederum betont, mit ihm gebe es keine Korruption und erinnert daran, dass er als Frankfurter SPD-Chef die Abwahl Feldmanns mitbetrieben hat, der inzwischen aus der Partei ausgetreten ist.