Seit Dienstagabend hat Oberbürgermeister Roland Klenk in Sachen Filder-Moschee grünes Licht. Die Kommunalpolitik hat den Rathauschef ermächtigt, den Baugrund zurückzufordern. Ob es tatsächlich dazu kommt, ist allerdings weiter offen.

Oberaichen - Hasan Matur versteht die Welt nicht mehr. „Dieser Heimfall ist eine unglaubliche Sache“, sagt der Vorsitzende des örtlichen Vereins für Kultur, Bildung und Integration (VKBI) am Mittwoch unserer Zeitung. Und: „Wir können von dem Projekt nicht zurücktreten. Wir müssen den Bau der Moscheeweiter vorantreiben.“ Der Verein habe Firmen beauftragt, viel Baumaterial ist bestellt. 1,5 Millionen Euro haben die Muslime bereits in das Projekt am Rande des Oberaichener Gewerbegebietes gesteckt. „60 Prozent davon sind Spenden, der Rest Darlehen“, sagt er. Der VKBI habe sich auch Geld aus privater Hand leihen müssen, weil die Bank keinen Kredit gegeben habe.

 

Dennoch hat der Gemeinderat am späten Dienstagabend die Weichen für den Weiterbau der Moschee auf den Fildern neu gestellt. Eine große Mehrheit der Mandatsträger hat die Verwaltungsspitze ermächtigt, den Heimfall auszusprechen. In diesem Fall würde das in Erbpacht überlassene Grundstück an der Wilhelm-Haas-Straße zurück an die Stadt gehen.

Noch aber ist es nicht so weit. In einer am Mittwoch versandten Pressemitteilung der Stadt heißt es: „Ob und wann der Heimfall ausgesprochen wird, wird in engem Einvernehmen mit dem Rechtsberater der Stadt erörtert.“ Was das bedeutet? Oberbürgermeister Roland Klenk will sich nun zunächst mit einem Juristen erneut beraten. Er sagt aber unserer Zeitung: „Ein Heimfall schadet niemand“. Vielmehr schaffe er die Basis für neue Regelungen, die im besten Fall mit allen Beteiligten an einem Besprechungstisch ausgehandelt werden und nicht über Anwälte.

Man wolle dem Verein nicht schaden, ist in seinem Schreiben zu lesen. Aber: „Man benötige ein neues, geordnetes Verfahren zur Fertigstellung des ersten Bauabschnittes.“ Das weitere Vorgehen und alle sonstigen Vereinbarungen sollen neu verhandelt werden. Die Stadt wird dem Verein also Gespräche anbieten. Auch dazu haben die Kommunalpolitiker am Dienstag grünes Licht gegeben. Bei diesem Punkt soll die Entscheidung aber ganz knapp ausgefallen sein. Hasan Matur sagt dazu: „Auch wir suchen den Dialog.“ Der vom Verein bereits angedrohte Gang zum Gericht solle lediglich das allerletzte Mittel der Wahl sein.

Der Hintergrund: Ende 2014 haben die Stadt und der VKBI einen Erbpacht-Vertrag geschlossen. Dieser sieht vor, dass der erste Bauabschnitt und damit das Gebetshaus bis Ende Oktober diesen Jahres fertig gestellt und bezugsfertig sein muss. Ansonsten kann die Stadt das Gelände zurückfordern. Der genannte Termin ist nicht zu halten. Das hat ein Gutachter für die Stadt festgestellt. Und das soll der Verein auch mittlerweile gegenüber der Stadt eingeräumt haben.

OB Klenk hat den VKBI zudem in der Vergangenheit als nicht verlässlicher Partner erlebt. Das Baurechtsamt musste mehrfach einen Baustopp verhängen. Die Bauherren haben Vorgaben der Stadt nur unzureichend erfüllt, heißt es in der Pressemitteilung am Mittwoch. Änderungswünsche führten zu Verzögerungen. Das alles soll nun anders werden. Der Rathauschef will das Heft des Handelns zurück in die eigene Hand holen.

Der VKBI hat um eine Fristverlängerung gebeten

Der muslimische Verein hatte derweil um eine Fristverlängerung von wenigen Monaten gebeten. Derzeit wird an der Wilhelm-Haas-Straße fleißig gearbeitet. „Momentan läuft es sehr gut“, sagt Matur unserer Zeitung. Ende August werde der Rohbau des Gebäudes stehen. Der Vereinschef gibt an, dass der erste Bauabschnitt bis Ende des Jahres fertig werden könnte.

Seit Dienstag kann der Rathauschef nun also den Heimfall aussprechen. Die Muslime müssten in diesem Fall das bereits Gebaute aber nicht wieder abreißen. Diese vertragliche Vereinbarung wird – zunächst – ausgesetzt. Der Gemeinderat und die Stadt sollen sich dem Vernehmen nach auch dafür ausgesprochen haben, dass der VKBI zumindest das Gebetshaus zu Ende bauen darf. Wie es dann weiter geht, werden Verhandlungen mit dem Verein zeigen.

Moschee ja – aber nicht mehr

Im Vorfeld der Sitzung war hinter vorgehaltener Hand auch von einer „Moschee light“ die Rede gewesen. Demnach könnte der VKBI dann zwar künftig in Oberaichen seine Religion ausüben. Das dort auch geplante Schüler-Wohnheim sowie den Supermarkt samt Imbiss und Café würde es dann aber nicht geben können. Matur sagt zu dieser Idee: „Das wäre nicht schön.“ Denn dann würde ein großer Teil des Moschee-Projektes fehlen.

Vier Stunden lang hatten Vertreter des VKBI am Dienstag im überhitzen Sitzungssaal der Echterdinger Zehntscheuer ausgeharrt. Gleich zu Beginn der Sitzung hatte man den Muslimen ein Rederecht eingeräumt. Sprechen durfte dann aber nur einer – und zwar Stunden später zu Beginn der nichtöffentlichen Sitzung. Alle anderen wurden vor die Tür geschickt. Wie zu erfahren war, klärte der vom Verein beauftragte Anwalt in diesem Gespräch darüber auf, warum es aus Vereinssicht zu den Verzögerungen und dem Baustopp kam. Matur spricht von Problemen mit dem zunächst beauftragten Statiker.

Über das Ergebnis der nichtöffentlichen Debatte wurde der Verein dann nicht informiert. Matur und seine Leute haben noch etwas vor der Tür gewartet und sind schließlich nach Hause gegangen.