Eine neue ARD-Einrichtung für die Kultur und in Ostdeutschland gelegen – lange sprachen die öffentlich-rechtlichen Landesrundfunkanstalten über ein solches Projekt. Am Ende machen alle Intendanten mit – bis auf einen.

Köln - Die ARD-Anstalten schaffen ein neues gemeinsames Kulturangebot. Sitz der dazugehörigen Einrichtung soll im Sendegebiet des Mitteldeutschen Rundfunks (MDR) sein. Das wurde in einer Intendanten-Runde am Mittwoch bei einer Videokonferenz beschlossen, wie die ARD mitteilte. Der Bayerische Rundfunk (BR) macht allerdings als einzige Rundfunkanstalt nicht mit.

 

Als digitales Angebot angelegt soll unter der Federführung des MDR die Redaktion Konzerte, Ausstellungen und Kulturerlebnisse aus den einzelnen Sendegebieten der ARD bündeln. Ziel sei es, diese Inhalte für die Menschen in ganz Deutschland besser auffindbar und zugänglich zu machen, hieß es weiter. Die Angebote sollen auch über die ARD-Audiothek und die ARD-Mediathek nutzbar sein. Auch eine Zusammenarbeit mit den anderen öffentlich-rechtlichen Sendern ZDF und Deutschlandradio sei vereinbart.

Der ARD-Vorsitzende Tom Buhrow sagte nach der Entscheidung zur Deutschen Presse-Agentur: „Die bisherigen Angebote bleiben selbstverständlich weiterhin bestehen.“ Zudem werde an originär neuen Inhalten und innovativen Formaten gearbeitet. „Das vorhandene große Angebot im Bereich Kultur wird aber insgesamt noch sichtbarer und besser nutzbar.“

Mehr Präsenz in Ostdeutschland

Auf die Frage, warum die Wahl auf den Standort MDR-Sendegebiet fiel, betonte Buhrow, der auch Intendant des Westdeutschen Rundfunks (WDR) ist: „Aus zwei Gründen. Erstens: Die Region ist der ideale Standort für eine entsprechende Ansiedlung. Es gibt eine große international anerkannte Kreativ-Szene, erstklassige Museen und Ausstellungen mit Weltruhm, Orchester und Opernhäuser mit jahrhundertelanger Tradition, außergewöhnliche Chöre, eine breite Literaturlandschaft, und und und...“

Buhrow betonte zugleich: „Der zweite Grund: Wir haben jetzt 30 Jahre ein wiedervereinigtes Deutschland, somit ist es höchste Zeit, als ARD unsere Präsenz in den ostdeutschen Ländern zu verstärken.“ Die ARD hat bereits mehrere Gemeinschaftseinrichtungen – in der Masse liegen sie in Westdeutschland. Dazu zählt zum Beispiel ARD-aktuell in Hamburg als Gemeinschaftsredaktion für Nachrichten mit „Tagesschau“ und „Tagesthemen“. Auch die Filmeinkaufsorganisation Degeto in Frankfurt am Main ist eine Gemeinschaftseinrichtung.

Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) teilte nach der ARD-Entscheidung auf dpa-Anfrage mit: „Wir freuen uns über diese Entscheidung. Es ist eine Anerkennung der Kulturkompetenz des Mitteldeutschen Rundfunks. Und zudem eine wichtige Stärkung des mitteldeutschen Raumes.“

Sachsen-Anhalt gegen Bayern

Bei der geplanten Erhöhung des monatlichen Rundfunkbeitrags von 17,50 Euro auf 18,36 Euro ab dem nächsten Jahr hatte sich Sachsen-Anhalt als einziges Bundesland bei der Zustimmung der Ministerpräsidenten vor Monaten in der Sache enthalten. Im Juni könnten die Ministerpräsidenten ihre Unterschrift unter die Staatsvertragsänderung setzen, zudem müssen alle Länderparlamente der Erhöhung zustimmen, damit sie in Kraft treten kann. Vor allem aus Sachsen-Anhalt kam auch aus dem Landtag Gegenwind. Haseloff hatte zuletzt nochmals an die Intendanten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Briefen appelliert, eine Selbstverpflichtung auf die Sparvorgaben der KEF – das ist das unabhängige Gremium, das den Rundfunkbeitrag empfiehlt – einzugehen. Zudem warb er für die Ansiedlung von ARD-Gemeinschaftsaufgaben im Osten.

Der Intendant des Bayerischen Rundfunks (BR), Ulrich Wilhelm, kritisierte noch am Dienstag, dass diese Forderungen nicht mit der Rundfunkbeitragserhöhung in direkte Verbindung gebracht werden dürften. „Das ist eine klare Grenzüberschreitung. Das darf nicht miteinander verknüpft werden“, sagte Wilhelm der dpa. Er mahnte an, die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Rundfunkfreiheit einzuhalten. Unter den ARD-Intendanten fand Wilhelm allerdings für seine Position dem Vernehmen nach zuletzt keine Mehrheit.

Die ARD-Landesrundfunkanstalten steuern für die Arbeit des künftigen gemeinschaftlichen Kulturangebots jährlich eine Summe von fünf Millionen Euro bei – allerdings mit Ausnahme des Bayerischen Rundfunks. „Der BR beteiligt sich auf eigenen Wunsch nicht an diesem Angebot“, hieß es in der ARD-Mitteilung. Ein BR-Sprecher teilte der dpa nach der Intendanten-Runde mit: „Die Haltung des BR ist unverändert. Es geht uns um verfassungsrechtliche Grenzziehungen, die einzuhalten sind.“

Die Idee entstand schon 2019

Intendant Tom Buhrow sagte auf die Frage, ob die Anregungen des Ministerpräsidenten Haseloff Einfluss auf die Standortwahl hatten: „Im Gegenteil, laute politische Forderungen haben es uns eher schwerer gemacht. Deshalb möchte ich betonen, die Idee ist bereits Anfang 2019 entstanden und das Angebot soll nun Anfang 2021 starten, wenn die Gremien dem Plan zustimmen.“

Im Sommer starten Buhrow zufolge die entsprechenden Vorbereitungen, auch was die genaue Anzahl der Mitarbeiter betrifft. „Ja, es werden neue Arbeitsplätze geschaffen. Wir starten jetzt mit den entsprechenden Planungen.“ Ein genauer Ort für die Gemeinschaftseinrichtung wurde noch nicht bekannt.