Viele Staaten in Europa präsentieren in der Pandemie trotz teilweise hoher Inzidenzen Öffnungsstrategien. Die Hoffnung liegt auf den Impfungen, Tests und einem Impfpass.

Korrespondenten: Knut Krohn (kkr)

Paris - Emmanuel Macron hat gesprochen. Wieder einmal hat sich Frankreichs Präsident in der Corona-Pandemie an sein Volk gewandt und präsentierte einen Fahrplan für umfassende Lockerungen. In den Augen vieler Mediziner beschreitet der Staatschef einen risikoreichen Weg, denn viele Intensivstationen sind überlastet und die Sieben-Tage-Inzidenz liegt bei rund 300 pro 100.000 Einwohner. Doch anders als in Deutschland blicken die Franzosen weniger gebannt auf diesen Wert und vor allem in den großen Städten wie Paris (Inzidenz aktuell rund 450) wird bei den Menschen eine gewisse Nachlässigkeit im Kampf gegen die Pandemie immer deutlicher.

 

Der Präsident sieht die Gefahren, doch die Öffnung ist beschlossene Sache, denn die angekündigten Lockerungen sind nicht an konkrete Zielwerte geknüpft – außer einer „Notbremse“ ab einer Inzidenz von 400. Oder wie Macron es in einem Interview ausdrückt: „Das Leben kann nicht allein von der Entwicklung von Infektionskurven abhängig gemacht werden.“

Die geplante Öffnung soll in vier Schritten verlaufen und wird begleitet von einer forcierten Impfkampagne. Am 3. Mai kehren alle Schulen grundsätzlich zum Präsenzunterricht zurück; zudem fällt die Zehn-Kilometer-Grenze weg, innerhalb derer sich Bürger um ihre Wohnung bewegen dürfen. Am 19. Mai öffnen dann Außenbereiche von Lokalen, Museen, Kinos und Theater sowie „nicht essenzielle Geschäfte“ unter Auflagen. Am 9. Juni folgen die Innenbereiche von Restaurants, Cafés und Bars, sowie Fitnessstudios und andere Sportstätten.

Ab dem 30. Juni soll dann auch die nächtliche Ausgangssperre entfallen, die derzeit landesweit um 19 Uhr beginnt. Ende Juni sollen zudem Veranstaltungen mit mehr als tausend Teilnehmern wieder möglich sein. Voraussetzung sind negative Corona-Tests, eine Impfung oder ein anderer Immunitätsnachweis. Dafür plant die Regierung die Einführung eines Gesundheitspasses.

Österreich setzt auf viele Tests

Ab 19. Mai dürfen in Österreich die Gastronomie, Hotels, Bühnen und Sporteinrichtungen wieder öffnen. Dabei setzt die Regierung auf Zutrittstests als Schutzmaßnahme. Veranstaltungen sind draußen auf 3000 und drinnen auf 1500 Personen beschränkt. Die Quarantänepflicht gilt ab 19. Mai nur für Reisende aus Hochrisikogebieten. Touristen aus Deutschland brauchen nur mehr negative Tests, Impfungen oder Genesungsnachweise.

Hohe Inzidenz in den Niederlanden

Auch in den Niederlanden wurde inzwischen die Ausgangssperre aufgehoben. Geschäfte, Cafés und Restaurants sind wieder geöffnet. Auf Außenterrassen dürfen zwischen 12 und 18 Uhr unter Corona-Auflagen Gäste bewirtet werden. Die Infektionszahlen sind mit einer Sieben-Tage-Inzidenz von 317 weiterhin hoch, die Regierung setzt jedoch auf die Beschleunigung der schleppend angelaufenen Impf-Kampagne. Verboten bleiben alle Veranstaltungen mit Publikum wie etwa Museen, Kinos und Theater. Schüler und Studenten haben zumindest an einem Tag in der Woche Präsenzunterricht.

Die Schweiz geht einen eigenen Weg

In der Schweiz genießen die Menschen schon länger größere Freiheiten. Seit Anfang März haben Läden, Museen und Bibliotheken trotz steigender Infektionszahlen wieder geöffnet. Seit 19. April sind auch Restaurantterrassen, Kinos, Theater und Fitnesszentren wieder in Betrieb. Die Regierung will Kantonen schon im Juni eine kleine Anzahl von Pilotprojekten mit 300 bis 600 Personen erlauben. Ab Juli sollen womöglich wieder Open-Air-Feste mit bis zu 3000 Besuchern stattfinden können. Ab September könnten sogar Ereignisse mit bis zu 10.000 Besuchern durchgeführt werden - wenn es die epidemiologische Lage erlaubt. Teilnehmen dürften daran aber nur Personen, die geimpft, genesen oder negativ getestet seien. Dafür gebe es bis zum Sommer ein fälschungssicheres Covid-Zertifikat.

Erleichterung im ehemaligen Hotspot Portugal

Seit Wochen sinken in Portugal die Infektionszahlen, weswegen auch im früheren Corona-Hotspot der Ausnahmezustand zu Ende geht. Restaurants, Cafés und Bars sowie Kinos, Theater und andere Kultur- und Freizeitstätten dürfen nun auch an den Wochenenden bis 22.30 Uhr offenbleiben. Neben weiteren Lockerungen dürfen Einkaufszentren künftig werktags bis 21 und an den Wochenenden bis 19 Uhr öffnen. Von den Lockerungen sind acht der insgesamt 278 Bezirke des Landes ausgeschlossen, in denen die Lage noch angespannt ist. Betroffen ist vor allem die Urlaubsregion Algarve.

Hoffen auf die Urlaubssaison in Italien

In Regionen mit moderaten Corona-Zahlen dürfen Restaurants und Bars auch abends im Außenbereich an Tischen servieren. Ab 22 Uhr gilt ein Ausgangsverbot. Museen und Kinos in weniger betroffenen Gebieten haben bereits geöffnet. Ab 1. Juni sollen die Menschen in Lokalen wieder drinnen sitzen dürfen. Dann soll es auch zum Start der Urlaubssaison weitere Erleichterungen geben. Bislang können Touristen zwar anreisen, das machen aber nur wenige, viele Hotels sind noch geschlossen. Wie genau die Regelungen für Einreisende im Juni aussehen werden, ist noch nicht bekannt.

Schnelle Öffnung in Spanien

Am 9. Mai endet in Spanien der Corona-Notstand und soll wegen der guten Entwicklung nicht verlängert werden. Damit entfällt die Grundlage für die meisten Maßnahmen wie Reisebeschränkungen, nächtliche Ausgangssperren, Obergrenzen bei Versammlungen und Schließung von Gaststätten. Wie es danach weitergehen soll, ist noch nicht klar. Alle Hoffnungen des extrem vom Tourismus abhängigen Landes für eine wieder normale Sommersaison richten sich auf den digitalen Impfpass.

Weiter angespannte Lage in Belgien

Geschäfte haben in Belgien seit einigen Tagen wieder ohne Terminvergabe geöffnet. Im Freien dürfen sich zehn Personen mit Maske treffen. Ab dem 8. Mai dürfen Restaurants und Bars wieder ihre Außenbereiche öffnen. Auch die nächtliche Ausgangssperre fällt dann weg. Da die Infektionslage noch immer angespannt ist, sind Einreisen nur mit negativem PCR-Test erlaubt. Danach müssen Menschen zudem mindestens für sieben Tage in Quarantäne. Wer mit Auto, Bus oder Bahn einreist und weniger als 48 Stunden bleibt, ist von PCR-Test- und Quarantänepflicht ausgenommen.