Baden-Württemberg will mit grünen Angeboten bei umweltbewussten Urlaubern punkten. Als erstes Bundesland führt es einen Nachhaltigkeitscheck für Urlaubsziele ein.

Stuttgart - Der Minister für den ländlichen Raum Alexander Bonde (Grüne) kann sich der Aufmerksamkeit der Tourismusbranche in ganz Deutschland gewiss sein. Baden-Württemberg führt als erstes Bundesland einen sogenannten Nachhaltigkeitscheck für touristische Ziele ein. Mit diesem Siegel will der Südwesten den Urlaubern zeigen, dass hierzulande Wert gelegt wird auf naturnahe, umweltschonende und barrierefreie Angebote. Stuttgart, Bad Dürrheim im Schwarzwald-Baar Kreis, der Europa-Park Rust und der Naturpark Schwäbisch-Fränkischer Wald sind die ersten vier Ziele, die sich dieser Herausforderung stellen.

 

Auch die Landeshauptstadt Stuttgart gehört zu den Pionieren

Die vier Pioniere beteiligen sich an der sogenannten Pre-Testphase. Das heißt, mit ihrer Beteiligung werden die Kriterien und Bereiche entwickelt, die für das Thema Nachhaltigkeit abgeprüft und erfüllt werden sollen. Bis April 2013 soll diese erste Stufe abgeschlossen sein, sagte der Minister der „Stuttgarter Zeitung“. Nach einer Auswertung sollen zwanzig weitere touristische Ziele im Land an dem Verfahren teilnehmen. Das Ziel sei, sagte Bonde, ein Qualitätssiegel für sehr unterschiedliche touristische Bereiche zu erarbeiten: für den Städtetourismus, für Kurorte, für klassische Unternehmen im Freizeitbereich und für naturnahe Ziele. Knapp 300 000 Euro stellt das Ministerium für die Entwicklungsphase bereit. Danach können sich alle Interessierten an der dann gebührenpflichtigen Zertifizierung beteiligen.

Die grün-rote Landesregierung will neue Akzente in der Tourismuspolitik setzen, verdeutlichte Bonde. Das Leitmotiv sei Nachhaltigkeit. Das wurde bereits im Koalitionsvertrag festgeschrieben. Aber auch beim Marketing spiele Nachhaltigkeit im Tourismus eine immer größere Rolle. „Immer mehr Menschen wollen ihren Urlaub naturnah und ressourcenschonend gestalten“, erklärte er. Die Nachhaltigkeitsprüfung umfasse die Bereiche Ökologie, Ökonomie und Soziales. Kriterien könnten etwa sein: der sparsame Umgang mit Energie und Wasser, die CO2-Minderung bei Mobilitätskonzepten, der nachhaltige Einkauf bei Beschaffungen jeder Art, Verwendung von regionalen Produkten, Barrierefreiheit und der Umgang mit Mitarbeitern.

Ein unweltfreundliches Naturerlebnisland als Image

Mit diesem Qualitätssiegel für ein Reiseziel leiste Baden-Württemberg „Pionierarbeit im Tourismus“. Minister Bonde will damit aber auch die Branche unterstützen und „einen Impuls setzen, einen erkennbaren Trend im Markt aufzugreifen“. Mit dem Projekt „Grüner Süden“ vermarktet die Landestouristik (TMBW) Baden-Württemberg bereits als umweltfreundliches Naturerlebnisland. Auch das sei bisher bundesweit einmalig.

Von einer „Herausforderung“ spricht Armin Dellnitz, der Touristikchef für Stuttgart und die Region, der er sich „hoch motiviert“ stellen wolle. Er zeigte sich davon überzeugt, dass auch eine Großstadt trotz der problematischen Verkehrssituation touristisch nachhaltige Ziele erreichen kann. Bei Veranstaltungen, Tagungen und Messen habe man bereits die Anreise im Blick, lege Wert auf kurze Wege vor Ort und damit einen geringen CO2-Ausstoß bei der Mobilität. „Wir wollen sensibilisieren, aufklären und Schritt für Schritt besser werden“, erklärt der Stuttgarter Touristikchef. Dellnitz ist überzeugt: Mit dem Nachhaltigkeitssiegel werde sich Stuttgart „hervorragend positionieren können“.

Der Europapark Rust ist mit von der Partie

Nachhaltiges Wirtschaften sei für den Europapark Rust als „werteorientiertes Familienunternehmen“ selbstverständlich, betont Michael Kreft von Byern für die Geschäftsleitung. Deshalb habe man auch großes Interesse gehabt, das Zertifizierungsprogramm mitzuentwickeln.

Bad Dürrheim, heilklimatischer Kurort und Sole-Heilbad, verspreche sich von dem Siegel eine „Weiterentwicklung unseres Qualitätsanspruchs und innovative Impulse“, sagt der stellvertretende Geschäftsführer der Kur und Bäder GmbH, Markus Spettel. Energie sparen etwa sei für Kurorte mit ihrem hohen Wärmebedarf in Bädern und Kliniken unabdingbar, schon aus wirtschaftlichen Erwägungen. Ein qualitätsvoller, nachhaltiger Tourismus erhalte und schaffe Arbeitsplätze, davon ist Spettel überzeugt.

Für Kathi Schieber, die stellvertretende Geschäftsführerin im Naturpark Schwäbisch-Fränkischer Wald, ist es eine „spannende Aufgabe“, als Pionierin Kriterien für eine Nachhaltigkeitsprüfung mitzuentwickeln. Ebenso spannend werde sein, alle touristischen Partner – Kommunen aber auch Gasthäuser oder Museen – in dem Großschutzgebiet miteinzubeziehen und „Denkprozesse anzustoßen“. Die Chancen stünden gut, sagt Schieber, dass in den Gesprächen „ganz viel Neues zu Tage trete“, Verbesserungen, an die man bisher gar nicht gedacht habe.