In Baden-Württemberg gibt es bereits 3500 Biobauern. Besonders stark sind sie in Südbaden und am Bodensee vertreten. Anderswo tut man sich wesentlich schwerer mit der Umstellung. Offenbar gibt es eine gewisse Scheu vor dem Markt.

Baden-Württemberg: Eberhard Wein (kew)

Stuttgart/Klettgau - Der Morgen auf Hof Gasswies im Klettgau (Kreis Waldshut) beginnt mit dem Gang der Kühe von der Weide in den Stall. Die Kälber warten schon sehnlich darauf, denn nach dem Melken dürfen sie noch ein wenig zur Mama und saugen. Dann geht es zurück in die Kälbergruppe. „Muttergebundene Kälberhaltung“ heißt das Prinzip, das dem Hof von Familie Rutschmann im Jahr 2015 den Bundespreis für ökologischen Landbau eingebracht hat. Der Ertrag sei geringer, „aber die Tiergesundheit hat sich deutlich verbessert“, sagt die Landwirtin Silvia Rutschmann.

 

Es ist kein Zufall, dass die Rutschmanns im äußersten Süden von Baden-Württemberg zu finden sind. Der Kreis Waldshut, der sich vom Hochrhein bis über weite Teile des Südschwarzwalds erstreckt, liegt beim Ökolandbau unangefochten auf Platz eins im Land. Jeder sechste Betrieb (16,3 Prozent) und nahezu ein Fünftel (18,9 Prozent) der landwirtschaftlichen Fläche seien dort nach Biokriterien umgestellt, hat das Statistische Landesamt für das Jahr 2016 errechnet. Auf Platz zwei folgt der Landkreis Tübingen, wo 16,8 Prozent der Fläche für den Ökolandbau reserviert ist. Beim Anteil der ökologisch wirtschaftenden Betriebe liegt Ravensburg auf Platz zwei (15,3 Prozent). Dort gab es im Jahr 2016 bereits 357 Biobauernhöfe, landesweit sind es fast 3500.

Rastatt rangiert ganz am Ende

„Baden-Württemberg ist das Stammland des Ökolandbaus“, sagt der Geschäftsführer des Bioland-Landesverbandes, Christian Eichert, stolz. Auch sein Verband wurde hier einst gegründet. Allerdings sind die Unterschiede im Land beträchtlich. Unverkennbar gibt es ein Süd-Nord-Gefälle. So hat im Kreis Rastatt in der Oberrheinebene von 30 Betrieben gerade mal einer auf Biolandbau umgestellt. Der Flächenanteil liegt sogar nur bei 2,7 Prozent. Im Kreis Heilbronn rangierte der Anteil mit 4,1 Prozent bei den Betrieben und 4,8 Prozent bei der Fläche nur geringfügig darüber. Insgesamt kommt Baden-Württemberg auf einen Bioanteil von 8,5 Prozent bei den Höfen und 9,3 Prozent bei der Fläche.

Ein Grund für die Unterschiede im Land liege in der unterschiedlichen Struktur, sagt Eichert. „Ein Milchbetrieb lässt sich leichter umstellen als ein Schweinestall.“ Auch beim Gemüseanbau gebe es noch einen Nachholbedarf. Das hat auch das Stuttgarter Landwirtschaftsministerium registriert. Zwar soll der Ökolandbau nicht einseitig bevorzugt werden. Doch das Ziel, die Bevölkerung vor allem mit Produkten aus Baden-Württemberg zu versorgen, ist dank der stark steigenden Nachfrage im Ökosegment ohne einen Ausbau der Kapazitäten kaum zu erreichen.

Jeden Tag ein neuer Biobauer, sagt der Minister

„Die Landesregierung zwingt niemanden, bio zu erzeugen oder zu konsumieren“, sagt der Landwirtschaftsminister Peter Hauk (CDU) und stellt trotzdem erfreut fest, dass 2016 „praktisch täglich ein Landwirt im Land seinen Hof auf Bio umgestellt“ habe. Allein bei Bioland habe man im vergangenen Jahr 170 Neumitglieder gezählt. Dieses Jahr werde „diese Zahl voraussichtlich noch übertroffen“, sagt der Bioland-Chef Eichert. Derzeit stellten sogar die Söhne der Bauernfunktionäre auf Bio um. „Da wäre ich gerne mal am Frühstückstisch dabei.“

Doch vom bundesweit ausgegebenen Ziel eines Ökoanteils von 20 Prozent ist man weit entfernt. Der grüne Landtagsabgeordnete Martin Hahn hatte bis zu seinem Einzug in den Landtag als Bioobstbauer bei Überlingen sein Auskommen. Daher weiß er, wo es klemmt. „Als Ökolandwirt musst du dich um deine Kunden kümmern.“ Die Selbstvermarktung im Hofladen sei unverzichtbar. Viele hätten davor allerdings eine große Scheu. „Der herkömmliche Landwirt hatte mit dem Markt wenig zu tun.“ Und bei Jungbauern sei es kaum besser, weil in der klassischen landwirtschaftlichen Ausbildung der Agrarmarkt ähnlich schwach beleuchtet werde wie der Umweltschutz. „Die Ausbildung ist doch noch sehr produktionslastig“, sagt Hahn.