Die Verlängerung der Stadtbahnlinie vom Fasanenhof zum Airport und zur Landesmesse ist Fluch und Segen zugleich für die Filderbewohner. Wir erklären, warum das so ist.

Filder - Noch rollt der gelbe Zug nur auf der computergenerierten Illustration in diesem Artikel über die Brücke. Das schlanke Bauwerk, das sich ohne einen Pfeiler in der Mitte über die A8 spannt, wird nämlich erst irgendwann im Jahr 2020 über das Asphaltband geschoben. Vermutlich gegen Ende 2021 wird dann die Verlängerung der Linie U6 zwischen dem Gewerbegebiet Fasanenhof und dem Flughafen in Betrieb gehen. Zu der Verlängerung gehört unter anderem eine neue Haltestelle im Osten Echterdingens. Rund 100 Millionen Euro dürfte die 3160 Meter lange neue Stadtbahnstrecke kosten. Da stellt sich natürlich die Frage, wer auf den Fildern davon profitiert, dass so viel Geld verbaut wird, und für wen die Verlängerung vielleicht auch nachteilig sein könnte.

 

Warum soll die Linie U6 eigentlich verlängert werden?

Schon als die U6 im Jahr 2010 das Gewerbegebiet Fasanenhof ansteuerte, war die Rede von der Verlängerung zum Flughafen. Vor etwas mehr als zwei Monaten rammte Verkehrsminister Winfried Hermann den Spaten für den offiziellen Baustart in den Filderlehm. Und pünktlich war da die neue Hochglanzbroschüre fertig, mit der die Stuttgarter Straßenbahnen (SSB) den Lückenschluss im überregionalen öffentlichen Nahverkehr anpreisen. Von einem zukunftsfähigen Nahverkehr in und um Stuttgart ist da die Rede. Vom Flughafen komme man in 30 Minuten in die Innenstadt, meinte etwa der SSB-Chef Wolfgang Arnold. Der Esslinger Landrat Heinz Einiger hob hervor, dass durch die Verknüpfung aller Verkehrsarten am Flughafen die dortige Verkehrsdrehscheibe verbessert würde. Und Leinfelden-Echterdingens Oberbürgermeister Roland Klenk freute sich, dass nun mehr Menschen auf der Schiene zur Messe fahren werden und die Filder-Kommune deshalb von wilden Messeparkern entlastet würde.

Wie sieht die oft zitierte Verkehrsdrehscheibe am Flughafen aus?

Bisher gibt es diese Verkehrsdrehscheibe nur ansatzweise, es wird aber eifrig daran gearbeitet. Zurzeit hält am Flughafen nur die S-Bahn, die übrigens schon heute in 27 Minuten in die Innenstadt rollt. Weil deren Verlängerung ins Umland noch mindestens ein Jahrzehnt entfernt und ob der immensen Kosten von bis zu 900 Millionen Euro sowieso fraglich ist, rollen derzeit Expressbusse nach Reutlingen und Kirchheim/Teck. Diese werden aber kaum genutzt. Der Flughafenbahnhof im Zuge von Stuttgart 21 wird ebenfalls frühestens 2025 fertig werden. Dann werden dort aber Züge aus Ulm und Singen halten. Hinzu kommen Gedankenspiele. Die Region untersucht zurzeit ein Park-and-ride-Parkhaus am Flughafen. Und nach Vaihingen könnte eine Seilbahn entstehen.

Profitieren Pendler auf den Fildern von der Verlängerung der U6?

Vermutlich nicht. Mit der U6-Verlängerung wird lediglich der Anschluss des Gewerbegebiets Fasanenhof verbessert. Das liegt aber sowieso direkt neben der Autobahn. Mit dem Auto braucht man zum Beispiel von Kirchheim dorthin 25 Minuten. Mit Bus und Bahn wären es 50 Minuten. Die Gewerbegebiete in Echterdingen, in Leinfelden und das weitaus größte zwischen Möhringen und Vaihingen streift schon heute die S-Bahn.

Verschärft sich das Problem der sogenannten Mallorca-Parker?

Auf jeden Fall. Touristen, die mit dem Flugzeug in den Urlaub fliegen wollen, parken schon heute die Nachbarschaften zu, die nahe an einer Haltestelle liegen. Anwohner im südlichen Teil von Plieningen, in Bernhausen, Echterdingen und Leinfelden klagen schon lange über Ortsfremde, die in ihren Straßen halten, ihre Koffer ausladen und sich auf den Weg zum Flughafen machen. So sparen sie sich die teuren Parkgebühren. Das wird von Ende 2021 vermutlich auch im Gewerbegebiet Fasanenhof, im Wohngebiet Fasanenhof und am südlichen Rand von Möhringen, etwa am Freibadparkplatz, geschehen. Auch rund um die neue Haltestelle an der Echterdinger Stadionstraße dürften vermehrt ortsfremde Kennzeichen gesichtet werden.

Wie sieht der weitere Zeitplan für die Bauarbeiten aus?

Auch wenn vor zwei Monaten zum Spatenstich eingeladen wurde, hat sich seitdem zumindest sichtbar nicht viel getan. Die Baufelder wurden vorbereitet, einige Leitungen verlegt. Im großen Stil werden die Bagger vermutlich in der ersten Novemberhälfte anrollen. Anschließend wird die Trasse, die sich an die B27 schmiegt, angegangen. Ein echter Hingucker dürfte Anfang 2020 zu bestaunen sein. Dann wird die Brücke neben der Autobahn zusammengebaut, die diese auf einer Länge von 107 Metern frei schwebend quert. An einem Wochenende soll schließlich die Autobahn gesperrt werden, damit das Bauwerk innerhalb von 14 Stunden über die Straße geschoben werden kann.