Bereits vier Jahre nach seiner Eröffnung platzt die Zentrale für den ÖPNV in der Stadt aus allen Nähten. Die angedachte Erweiterung gefällt nicht allen Bürgern.

Entscheider/Institutionen : Kai Holoch (hol)

Esslingen - Jürgen Eltze hat die Nase voll. Regelmäßig passiere es, berichtet der Leser unserer Zeitung, dass er am Esslingen Zentralen Omnibusbahnhof mit ansehen müsse, wie seine S-Bahn einfahre, während er wahlweise im Bus eingesperrt sei oder mit diesem noch eine Runde um das Bahnhofsgebäude machen müsse.

 

Dass der erst im November 2014 eingeweihte Esslinger ZOB bereits heute – zumindest unter den aktuellen Voraussetzungen – an seine Grenzen stößt, räumen auch der Esslinger Baubürgermeister Wilfried Wallbrecht und der in der Stadt für den öffentlichen Nahverkehr zuständige Finanzbürgermeister Ingo Rust ein. Schließlich sei mit der Eröffnung des ZOB das Ziel gewesen, die Umsteigezeit von Bus auf S-Bahn von oft mehr als zehn Minuten auf fünf zu halbieren. Das führe im Ergebnis dazu, dass zu Stoßzeiten der Esslinger ZOB tatsächlich aus allen Nähten platze. „Kommt keine S-Bahn, haben wir dort aber noch jede Menge Platz“, sagt Ingo Rust.

Neue Anreize zum Umstieg vom Auto auf Busse und S-Bahnen

Dennoch sieht auch er Handlungsbedarf, zumal Rust bis Ende des kommenden Jahres ein groß angelegtes Projekt vorstellen will, mit dessen Hilfe der ÖPNV in der Stadt weiter gestärkt werden soll. Dahinter steht die Erkenntnis, dass nur ein wirklich attraktiver ÖPNV Menschen, die bisher nicht auf ihr Auto verzichten wollten, zum Umstieg auf Busse und Bahnen bewegen kann. Geplant sind unter anderem Taktverdichtungen, aber auch neue Linien, die bisher eher stiefmütterlich behandelte Stadtteile besser an das Busnetz anbinden sollen.

Klar ist, dass auch dafür Haltestellen geschaffen werden müssen. Weil aber nicht nur der ZOB zu klein, sondern sich auch auf den Zufahrtswegen zum ZOB gerade zu Berufsverkehrszeiten oft lange Staus bilden, lässt Ingo Rust, wie er betont, „absolut ergebnisoffen prüfen, ob nicht auch ein zweiter ZOB im Bereich des S-Bahn-Halts Oberesslingen“ die Lösung des Problems darstellen könnte.

„Oberesslingen hat ein riesiges Einzugsgebiet“, betont er. „Außerdem nutzen die meisten unserer Kunden die Busse, um zur S-Bahn zu kommen.“ Wenn man dieser Klientel die innerstädtischen Staus auf dem Weg dorthin ersparen könne, indem man das momentan eher brachliegende Gelände in Oberesslingen ausbaue, und darüber hinaus ein sinnvolles Netz mit zwei zentralen Bahnhöfen hinbekomme, sei das doch eine gute Lösung.

Den Vorwurf, der ZOB sei zu klein geplant, weist Wallbrecht zurück

Auch Wilfried Wallbrecht sieht „einen gewissen Charme“ in einem weiteren ZOB: „Der Altstadtring ist bereits ausgereizt. Deshalb müssen wir über Alternativen nachdenken“, sagt er. Die Kritik, dass der neue ZOB zu klein ist, weist Wallbrecht zurück: Als vor mehr als 15 Jahren die Planungen für den ZOB begannen, konnte niemand ahnen, welche Bedeutung der ÖPNV einmal bekommen würde. Wir haben jetzt einfach den Nahverkehr in einer ganz anderen Dimension.“

Die Lösungsvorschläge, die Rust in rund einem Jahr präsentieren will, müssen in der Tat überzeugend sein, will er zunächst den Gemeinderat und schließlich die Bürger auf seine Seite bringen. Die Skepsis im Gremium gegenüber einem zweiten ZOB ist zumindest momentan noch groß.

Die Linken und die CDU haben Vorschläge erarbeitet, wie eine Erweiterung des ZOB am aktuellen Standort aussehen könnte. Wallbrecht kann auch diese Vorbehalte gegen eine dezentrale Lösung nicht nachvollziehen: „In großen Städten gibt es doch oft mehrere Busbahnhöfe“ sagt er und verweist auf Stuttgart. Dort gebe es zusätzlich zum ZOB neben dem Hauptbahnhof ja auch noch große Bus-Anlaufstellen beispielsweise in Feuerbach und in Vaihingen. Sei die Lösung überzeugend, würden sich auch die Esslinger an diese gewöhnen.