Zum Ausbau der Stadtbahn wurde die Anbindung zweier Nachbarkommunen untersucht. Für die einen fällt das Ergebnis negativ aus, für die anderen positiv. Auch Korntal-Münchingen liebäugelt aus gegebenem Anlass mit einem Bahnanschluss.

Freude bei den Ditzingern, Ernüchterung in Leonberg: Hier wird der Stadtbahn sogar bis zum Bahnhof große Chancen eingeräumt, dort wird sie auf absehbare Zeit wohl gar nicht fahren. Das ist das Ergebnis zweier Untersuchungen, die jetzt den Böblinger Kreis- sowie Ditzinger Kommunalpolitikern vorgestellt wurden. „Der Anschluss Leonbergs an die Stuttgarter Stadtbahn wäre wünschenswert, weil die Engelbergstadt dadurch einen noch größeren Teil für den Klimaschutz hätte beitragen können“, sagt Leonbergs Oberbürgermeister Martin Georg Cohn (SPD). Und er fügt an: „Der Anschluss wäre ein weiterer Anreiz für Leonbergerinnen und Leonberger gewesen, in bestimmten Situationen auf ihr Auto zu verzichten. Das Ergebnis der neuen Untersuchung fällt leider negativ aus.“

 

Ganz anders ist dagegen die Stimmung in Ditzingen. „Das ist schon ein angekündigtes Weihnachtsgeschenk“, kommentierte der Oberbürgermeister Michael Makurath (parteilos) die Aussagen des Chefplaners der Stuttgarter Straßenbahnen AG (SSB) Volker Christiani vor wenigen Tagen im Gemeinderat. Läuft alles nach Plan, soll die Stadtbahn Ende 2028 nach Ditzingen fahren. Christiani hatte auf eine Berechnungsgrundlage verwiesen. „Auch die Stadtbahnverlängerung bis Ditzingen Bahnhof ist nun förderfähig“, sagte er. Für den Bau können demnach Zuschüsse vom Bund beantragt werden, was die SSB und Ditzingen zur Bedingung einer Realisierung gemacht hatten.

Stopp am Bahnhof: Vom Wunsch zur Wirklichkeit?

Ausgangspunkt für die Pläne einer neuen Stadtbahnlinie von Stuttgart-Weilimdorf nach Ditzingen ist die Notwendigkeit der SSB eines neuen Depots für ihre Züge. Schon heute gebe es laut SSB zu wenige Abstellplätze. Die SSB hatte daher einen Standort gesucht – und auf Stuttgarter Gemarkung, an der Ortsgrenze zu Ditzingen – gefunden. Die Zustimmung der angrenzenden Stadt Ditzingen knüpfte der Gemeinderat seit Beginn der Gespräche im Jahr 2018 an die Bedingung, die Bahn vom Depot und dem neuen Halt in Stuttgart-Hausen bis nach Ditzingen weiterzuführen. Eine Realisierung schien zunächst bis zu Trumpf wirtschaftlich, eine Weiterführung bis zu Thales möglich, bis zum Bahnhof war sie zunächst vor allem Wunschdenken. Geplant sind jetzt Haltestellen bei Trumpf, Thales und eben am Bahnhof.

Die erste Haltestelle im Ditzinger Gewerbegebiet liegt bei Trumpf. Man könne „direkt das Gelände betreten“, so Christiani. Allerdings soll der Stopp so liegen, dass das „übrige Gewerbegebiet gut erreicht werden kann“. Detailpläne für die Weiterführung und die Anbindung des Bahnhofs gibt es laut SSB noch nicht.

Wirtschaftlich wird das Bahnprojekt bis zum Bahnhof, weil die Methodik der Überprüfung verändert worden war. Anlass war. dass viele Projekte nach dem bisherigen Verfahren nicht mehr wirtschaftlich schienen, der Bund aber seine Förderung massiv ausgebaut hatte. Daher hatte das Bundesverkehrsministerium vor zwei Jahren eine Weiterentwicklung der Methodik beauftragt.

Wichtige Entscheidungen stehen aus

So positiv die Nachricht in Ditzingen auch aufgenommen wurde – noch ist nichts beschlossen. Geht es nach der SSB, werden die Gemeinderäte von Stuttgart und Ditzingen im ersten Quartal 2023 das Projekt beschließen. Dann ist auch klar, wie weit die Stadtbahn tatsächlich fahren wird, also auch, wie teuer es für die Stadt Ditzingen wird. Geprüft wird auch, ob sich der Landkreis Ludwigsburg beteiligt. Man sei mit dem Landkreis im Gespräch, sagte der Bürgermeister Ulrich Bahmer (CDU) auf Nachfrage, auch wegen einer möglichen Busanbindung. Der Landkreis sei eng eingebunden, so Bahmer. Aber auch die Stadt muss ihren Anteil erst noch finanzieren, wie hoch er auch ist.

Auch wenn in Ditzingen die Freude groß ist, dämpft der SSB-Chefplaner mögliche Erwartungshaltungen. „Das ist kein Freibrief, dass jetzt alles wirtschaftlich wäre“, sagt Christiani.

Neben Leonberg hatte beispielsweise auch Korntal-Münchingen in der Vergangenheit ganz konkret mit einer Anbindung an das Stadtbahnnetz geliebäugelt. Durch die Anbindung des potenziellen Regionalen Gewerbeschwerpunkts sei ein dringender Bedarf gegeben, dass das Regionale Gewerbegebiet auch an das öffentliche Schienennetz angeschlossen werde, heißt es dazu aus dem Rathaus. „Die Stadt Korntal-Münchingen wird jede Gelegenheit nutzen, um diese Möglichkeit weiterzuverfolgen“, teilt die Sprecherin mit.

Die Bedeutung der Bahn für eine Kommune hatte auch der Leonberger Oberbürgermeister betont. Der Kreis Böblingen hatte das Potenzial von Schienenverbindungen im Landkreis untersuchen lassen. Das Ergebnis wurde am Montag vorgestellt. Geprüft wurde, welche Trassen sich von Stuttgart unter anderem nach Leonberg eignen. Untersucht wurden sechs Trassen zwischen Ditzingen, Leonberg und Gerlingen. Die Trasse von Gerlingen-Breitwiesen über die Schillerhöhe ins Ramtel zum Leonberger Bahnhof wurde wegen der zu erwartenden größten Wirkung näher untersucht. Doch diese hätte in keinem Verhältnis zu den Kosten in Höhe von mehr als 700 Millionen Euro gestanden. Gutachter und Verwaltung empfahlen daher dem Kreistag, „die Maßnahme zurückzustellen und (zunächst) nicht weiterzuverfolgen“.