Verdi ruft zum Ausstand auf – noch bis Mittwoch werden viele Busse in der Region stehen bleiben. Der Zeitpunkt stößt bei manchen auf Unverständnis.

Ludwigsburg - Der Start ins Schuljahr hätte kaum holpriger sein können: Die Gewerkschaft Verdi hat bei den privaten Verkehrsunternehmen zu Warnstreiks aufgerufen. Ausgerechnet am ersten Schultag. Bis Mittwoch müssen die Schülerinnen und Schüler Elterntaxis nutzen oder sich aufs Rad schwingen, um zur Schule zu kommen.

 

Für den geschäftsführenden Leiter der Ludwigsburger Gymnasien, Mathias Hilbert, ein „völliges Unding“. Der Streik komme zur Unzeit, ärgert er sich. „Gerade am ersten Tag, an dem wir alle einmal testen sollten, halte ich die Aktion für sehr unglücklich und ehrlich gesagt auch ein bisschen verantwortungslos. Warum konnte man nicht zumindest bis zum zweiten Schultag warten?“

Bis inklusive Mittwoch sollen die Warnstreiks dauern. Am Montag haben sich vor den Ludwigsburger Schulen riesige Autocorsos gebildet, berichtet Hilbert. Viele Schüler seien bei dem schönen Spätsommerwetter aber auch mit dem Rad gekommen.

Erika Macan, die Vorsitzende des Gesamtelternbeirats der Stadt Ludwigsburg, sieht das Thema nicht ganz so emotional. Der Zeitpunkt sei sehr ungünstig, aber das sei er bei einem Streik immer, sagt sie. „Und natürlich werden die Kinder und Eltern, die weiter weg wohnen, vor größere Probleme gestellt, als die, die zur Schule laufen oder radeln können. Deshalb hoffen wir auf eine schnelle Einigung.“

Geholfen habe die Ankündigung des Streiks. Die Gewerkschaft Verdi hatte bereits vor dem Beginn der Sommerferien nach erfolgreicher Urabstimmung und Streikverzicht vor der anschließenden sechsten ergebnislosen Verhandlungsrunde den Arbeitgebern, dem WBO (Verband Baden-Württembergischer Omnibusunternehmer), angekündigt, den unterbrochenen Arbeitskampf wiederaufzunehmen. Zum vergangenen Wochenende hin wurde der dreitägige Streik dann kommuniziert.

Landesweit beteiligen sich Mitarbeiter von rund 20 Betrieben an dem Ausstand, auch etliche Busunternehmen in der Region Stuttgart sind betroffen. Verdi fordert fordert unter anderem eine Pausenregelung nach dem Arbeitszeitgesetz, eine Vereinheitlichung der Sonntags- und Nachtzuschläge auf höherem Niveau sowie die Aufnahme von Verhandlungen für eine betriebliche Altersvorsorge.

„Die Arbeitgeber waren in sechs Verhandlungsrunden nicht bereit, diesen untragbaren Zustand mit uns noch vor den Sommerferien anständig zu regeln. Jetzt müssen wir die Auseinandersetzung über eine qualitative Stärkung des ÖPNV leider im Herbst fortsetzen“, erklärt Hanna Binder, die Verhandlungsführerin der Arbeitnehmerseite.

Busunternehmen halten Streik für unangemessen

Bei den Arbeitgebern kommt der Streik freilich nicht gut an. Der Verband baden-württembergischer Omnibusunternehmer (WBO) kritisiert den dreitägigen Ausstand als unverhältnismäßig. Der Tarifkonflikt werde von Verdi bewusst auf dem Rücken der Fahrgäste ausgetragen – ausgerechnet an den ersten drei Schultagen. „Es zeigt auf, dass Verdi keine Rücksicht auf die Schwächsten im ÖPNV nimmt“, sagt Yvonne Hüneburg. Die Branche habe unter den Auswirkungen der Corona-Pandemie stark gelitten, so die stellvertretende Geschäftsführerin des WBO weiter: „Die Fahrgastzahlen sind eingebrochen, die finanzielle Belastung für die Betriebe ist anhaltend.“

Im Kreis sind die Ludwigsburger Verkehrslinien, Spillmann in Bietigheim-Bissingen und die Württembergische Busgesellschaft betroffen. Wer dieser Tage einen Bus benutzen will, tut gut daran, sich vorher gut zu informieren oder Alternativen zu suchen. Über die VVS-App und -webseite werden bestreikte Linien nicht mehr angezeigt.