Die rechtskonservative Regierung in Wien lässt die Wähler darüber abstimmen, ob ein allgemeines Rauchverbot gekippt werden soll. Die Initiative ist heftig umstritten – nicht nur bei Ärzten.

Wien - Auf dem T-Shirt ist eine Zigarettenpackung abgebildet. Auf der steht „Hartinger-Klein“, so als würde es sich um eine Zigarettenmarke handeln. Darunter steht: „Frau Gesundheitsministerin, was ist mit Ihnen?“ Das Zitat ist aus einer Rede des liberalen Politikers Matthias Strolz, die dieser vergangenen März an die Gesundheitsministerin Beate Hartinger-Klein von der FPÖ gerichtet hatte. Hartinger-Klein hatte versucht, das Kippen des Rauchverbots in der Gastronomie mit der österreichischen Gastfreundschaft schönzureden. Strolz warf ihr daraufhin vor, Tote in Kauf zu nehmen. Nun startet am Montag das Volksbegehren für die Beibehaltung einer 2015 beschlossenen Gesetzesnovelle für das generelle Rauchverbot in der Gastronomie.

 

Zwischen dem 1. und 8. Oktober können in Österreich gleich drei Volksbegehren unterschrieben werden, das „Don’t smoke“-Plebiszit, das „Frauenvolksbegehren“ und jenes, das die Abschaffung der Zwangsgebühren für den Österreichischen Rundfunk (ORF) fordert. Im Februar 2018 hatten die Ärztekammer und die Krebshilfe das Volksbegehren zum Nichtraucherschutz eingereicht. Es wurden 591 146 Unterstützungserklärungen gesammelt. In Österreich mit seinen 8,7 Millionen Einwohnern reichen 100 000 Unterschriften beim Volksbegehren selbst, dass dieses im Parlament behandelt wird. Eine Gesetzesänderung muss aber nicht erfolgen.

Auch bei der regierenden ÖVP hat man Bauchschmerzen

Der Präsident der österreichischen Ärztekammer, Thomas Szekeres, hofft auf mindestens 900 000 Unterzeichner. Diese Grenze habe Vizekanzler Heinz-Christian Strache genannt, damit es eine Volksabstimmung geben könne, erklärt Szekeres. Eine Volksabstimmung wäre dann rechtlich bindend. Die Initiatoren haben die Latte also hoch gelegt – erst zwei Volksbegehren haben in Österreich die Millionenmarke überschritten. Einer Umfrage zufolge sind allerdings 62 Prozent der Bürger für einen umfassenden Nichtraucherschutz in der Gastronomie.

Österreich galt unter den EU-Staaten schon lange als der letzte „Aschenbecher“, weil die Bürger auch beim Essen im Restaurant weiter zum „Tschick“ greifen – so wird die Zigarette in Österreich genannt. 2009 wurde zwar eine Verschärfung zum Schutz von Nichtrauchern in Gaststätten eingeführt, doch es wurden in größeren Lokalen abgetrennte Raucherbereiche erlaubt. Die Einführung des Rauchverbots in der Gastronomie wurde von der rot-schwarzen Vorgängerregierung beschlossen. Doch die FPÖ machte es zur Koalitionsbedingung mit der ÖVP, dass die Novelle wieder aufgehoben wird. Offenbar dachte man, dass dies gut ankommt. In der ÖVP waren viele mit den irrationalen Wünschen der Blauen unglücklich, denn alle wissenschaftlichen Untersuchungen zeigen, dass Passivrauchen in Gaststätten der Gesundheit schadet.

Ehemalige ÖVP-Granden wie der frühere Vizekanzler Reinhold Mitterlehner und der frühere niederösterreichische Landeshauptmann Erwin Pröll haben deshalb die Initiative für rauchfreie Lokale unterschrieben. Juristen führen den Gleichheitsgrundsatz an. Dieser könnte verletzt werden, weil mit der aktuellen Regelung Beschäftigte im Hotel- und Gastgewerbe beim Schutz vor Zigarettenrauch am Arbeitsplatz ausgenommen sind. Manche meinen, dass das Gesetz deshalb vom Verfassungsgerichtshof ohnehin gekippt werden wird. Das Nichtraucherschutz-Volksbegehren wird von vielen Oppositionellen unterstützt. Die SPÖ, die künftig von der Ärztin Joy Pamela Rendi-Wagner geführt werden wird, hat aber verschlafen, selbst das Nichtrauchervolksbegehren auf die Agenda zu setzen.