Im August hat am Josef-Hirn-Platz der Imbiss Grombier eröffnet - und damit ein ganz neues Konzept in Stuttgart. Dort gibt es alles rund um die Ofenkartoffel.

Stuttgart - Es gibt Leute, die behaupten, der Josef-Hirn-Platz kommt noch. Sprich, wird irgendwann hip, schick, szenig, trendig. Fußknöchel-frei. Birkenstockig oder Elefanten-hosig. Wie zum Beispiel der vielbeschworene Marienplatz. Oder die Fluxus-Zone. Wie auch immer: Die Josef-Hirn-Platz-Besetzung aus schwer sesshaften Spielhallen, Shisha-Lounges, Ketten-Cafés, aus der Zeit gefallenen Cafés und dem oft verehrten Imbiss Beirut lässt bislang noch nicht darauf schließen, dass sich hier naher Zukunft das Lüftchen drehen wird, das an diesem Platz gerne etwas süßlich riecht, die typische Casino-Shisha-Duft-Melange eben.

 

Bereicherung für den Josef-Hirn-Platz

Ein tiefgelegter Platz weiter, der Zugang zur Stadtbahn-Haltestelle Rathaus sieht das etwas anders aus: Das vietnamesische Restaurant Breitengrad17 und die Club-Bar-Kombi White Noise haben sich dort niedergelassen und ziehen Fans der asiatischen Küche und des elektronischen Nachtlebens an. Vielleicht wird man in zwei, drei oder vier Jahren sagen, wer weiß es schon, dass das Grombier damals im Jahr 2017 Pionierarbeit geleistet hat. Hat Leute angelockt, denen der Josef-Hirn-Platz zuvor zu „shabby“, zu „spooky“ war. Und andere von Neuem begeistert, die den Platz auf seine Art und Weise eh schon immer ganz gut fanden.

Das Grombier hat Anfang August eröffnet und der Start lief vielversprechend. Denn das Grombier bietet eine Speise an, die man so in Stuttgart noch nicht kannte. Gefüllte Ofenkartoffeln. In verschiedenen Varianten, fleischig, vegetarisch, vegan. So eine prall gefüllte Grombier-Ofenkartoffel mit Emmentaler und Butter als Basis (natürlich nicht die veganen) und mit Toppings wie etwa Kalbsmaultasche (!), Lachs, Gurke, Ziegenkäse, Rote Beete, Apfel-Birnen-Chutney oder Rotkraut ist nicht nur, muss man so sagen, eine fein justierte Gaumenfreude (die krosse Schale direkt mit vespern), sondern sieht sicher auch auf Instagram gut aus. Social Hype dynamisiert das Real Life.

Die Ofenkartoffel hat gefehlt in Stuttgart

Grombier ist ein veralteter schwäbischer Begriff für Kartoffel. Das Grundprinzip dieser Art der Ofenkartoffeln, wie sie das Grombier anbietet, nennt man wiederum Kumpir und kommt mitunter aus dem türkischen Raum. Die Grombier-Macher Jens Spöri, Katharina Gehweiler und Florian Zschoche haben vor vielen Jahren in München zum ersten Mal Kumpir gegessen. „Wir fanden die Grundidee megagut und haben es jahrelang mit uns herumgetragen. Nach Aufenthalten in Istanbul und Sankt Petersburg, wo es diese Kartoffeln an jeder Ecke zu essen gibt, kam die Frage auf: Warum nicht in Stuttgart?“

Ja, warum eigentlich nicht? Weil man zum Beispiel für das sehr spitze Programm „Ofenkartoffel“ eine passende Location braucht. Am besagten Josef-Hirn-Platz schoss eines Tages den potentiellen Gastro-Anwärtern ein Gastro-Amor einen Pfeil ins Herz: „Wir sind da vorbei spaziert, haben den kleinen Laden gesehen und da war's klar. Da muss der Laden rein.“

Sechs verschiedene Kartoffelkreationen 

Im November 2015 stand die erste Leitung zur SWSG. „Da war noch niemand die Dimension klar, die eine Nutzungsänderung mit sich bringen kann“, erzählen sie rückblickend. Eine Nutzungsänderung muss beantragt werden, wenn eine Gewerbefläche zuvor zum Beispiel ein Shop war und in einen Gastronomiebetrieb umgewandelt werden soll. Dann wird’s nochmal komplizierter, als es eh schon bei einer Gastro-Eröffnung sein kann.

Die lange Umbau- und Planungsphase nutzten sie, um die Kombinationen und Rezepte zu entwickeln, „bis am Ende unsere sechs Spieler feststanden und aufs Feld geschickt wurden.“ Seit dem 5. August werden die Gäste unter der Leitung von Isumi Naka von sechs Kartoffelkreationen beglückt. Die Gründer Jens Spöri und Florian Zschoche üben weiterhin ihre Jobs als freier Werbekameramann und freier Architekt aus. Dass der Grombier-Look angenehm clean und zeitgeistig ist, erklärt sich bei diesen Hauptjobs von selbst.

Salat gibt's auch für die Low Carber 

Und so eine Ofenkartoffel macht satt? Mit dem Butter-Käse-Fahrgestell ist sie jedenfalls sehr nahrhaft und für richtigen Hunger, empfiehlt sich die „Klinsmann“, die Ofenkartoffel mit der erwähnten Kalbsmaultasche als Dekoration. Danach braucht man fast ein Nickerchen.

Für die Low-Carb-Fraktion gibt es die sechs Ofenkartoffel-Variationen auch mehr und weniger als Salat. Bestellt wird am Tresen. Dahinter bereitet das Personal flott das gewünschte Gericht zu, das in Schüsseln, die in der Töpferwerkstatt der Diakonie Waiblingen angefertigt wurden, zum Gast gebracht wird. Der wiederum sitzt auf einem der acht Stühle von der Vulkan Werkstatt, die ersten ihrer Art, und starrt auf Neuseeland-Bilder des Regisseurs Actionbronco aka Armin Riedel, der ebenfalls zum festen Team gehört.

Beste Nachbarschaft 

Im Sommer kann man draußen auf einigen Tischen und Bänken speisen, im Winter dürfte es im Laden selbst, bei vermutlich weiterhin steigender Begeisterung für die Kumpir, schnell eng werden. Der Josef-Hirn-Platz hat definitiv einen neuen Anlaufpunkt, der dieses Fleckchen wahrscheinlich etwas verändern wird. Wie sehen die Betreiber eigentlich selbst ihre Position? „Absolute Traumlage. Beste Nachbarschaft.“ Es war ja Liebe auf den ersten Blick. Und vielleicht bleibt hier für alle Ewigkeiten alles so wie es ist, ohne hip, ohne trendy. Nur ab jetzt eben mit Grombier.

Grombier: Josef-Hirn-Platz 8, Mo bis Do 11:30 bis 21 Uhr, Fr bis Sa 11:30 bis 01 Uhr, So geschlossen, www.facebook.com/grombier