Sie sind alt, technologiefeindlich, glauben oft nicht an den Klimawandel und gelten als Sündenbock für den gegenwärtigen Zustand der Welt: Nicht nur in den USA wird „OK Boomer“ zu einem Kampfslogan der Millennials.

Stuttgart - Wenig soziales Bewusstsein, Leugnung des Klimawandels, das starre Festhalten an veralteten Konzepten, wie dem Individualverkehr und konservativen Familienbildern – gepaart mit Hasskommentaren und süßen Hundebildern auf Facebook: Viele junge Menschen blicken nicht erst seit der „Fridays for Future“-Bewegung erschrocken um sich und fragen sich, wie es zu der aktuellen Misere kommen konnte. Ob Brexit, Trump, SUVs oder steigende Meeresspiegel – geht es nach den Millennials und der Generation Z in den USA, ist der Schuldige schnell ausgemacht: „Babyboomer“, also die Generation, die zwischen 1949 bis Mitte der 60er-Jahre geboren wurde, sind für sie der Sündenbock für den gegenwärtigen Zustand der Welt. Gab es jemals eine klaffendere Lücke zwischen Generationen?

 

Während die Millennials, auch Generation Y genannt, mit Geburtsjahren zwischen 1980 und 1997, mit ihrer modernen Gesinnung oftmals ganze Unternehmenskulturen umkrempelten, Work-Life-Balance einfordern, die „Me Too“-Bewegung überfällig finden und ökologisches Bewusstsein leben, steht dem Nachwuchs eine Generation gegenüber, die in den Augen ihrer Kritiker so gut wie alles falsch gemacht hat.

Progressiv gegen konservativ

Doch auch Babyboomer haben viel an ihrem „Nachwuchs“ auszusetzen: Die Beschwerden über Millennials und Mitglieder der Generation Z listen sich wie folgt auf: verweichlicht, unfähig, verwöhnt und verdorben – oftmals werden die schlechten Eigenschaften der jungen Generation auch unter dem Sammelbegriff „Snowflake“ vereint, der auf abwertende Art hochsensible Menschen und psychisch fragile Persönlichkeiten beschreiben soll.

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Das Generation-Bashing erreicht in den USA momentan seinen Höhepunkt: Der Ausspruch „OK Boomer“ ist zu einem geflügelten Wort einer ganzen Generation geworden, nachdem die TikTok-Community damit tausendfach auf die Wutrede eines alten Mannes antwortete. In dem Video wirft der Mann den Millennials vor, unrealistische Zukunftsvorstellungen zu haben – und am Peter-Pan-Syndrom zu leiden. Die Antwort „OK Boomer“ – schlicht, wenig beeindruckt und dabei so vielsagend: Ein Meme war geboren.

„OK Boomer“ auf Tassen, Shirts und Wasserflaschen

„OK Boomer“ scheint die universelle Antwort einer enttäuschten Generation zu sein – ob auf YouTube-Videos, Tweets von Trump oder jedem über 30. Der „OK Boomer“-Hype hat einen Nerv getroffen – und mittlerweile aberwitzige Ausmaße angenommen. Neben einer eigenen Hymne gibt es auch jede Menge Merchandising: T-Shirts, Sticker, Bettwäsche, Pins, Handyhüllen und Wasserflaschen mit „OK Boomer“-Aufschrift haben sich zu einer erfolgreichen Einnahmequelle von Millennials entwickelt. So war die 19-jährige Shannon O’Connor eine der ersten, die „OK Boomer“ auf Shirts drucken ließ. Nachdem sie ihren Entwurf auf TikTok teilte, nahm die junge Frau in kürzester Zeit über 10.000 Dollar ein. Der „New York Times“ erklärte O’Connor, wie sie den Spruch auffasst: „Die älteren Generationen sind mit einem anderen Mindset aufgewachsen – wir haben ganz andere Perspektiven. Viele von ihnen glauben nicht an den Klimawandel oder, dass Menschen mit gefärbten Haaren einen Job bekommen können. Sie sind stur in ihrer Meinung, deswegen sagen Teenager einfach: OK Boomer. Ganz im Sinne von: ‚Wir beweisen es euch, denn wir werden erfolgreich sein – weil die Welt sich ändert.’“

„Ok Boomer“ schaffte es auch schon ins neuseeländische Parlament: Weil sich die 25-jährige Abgeordnete Chlöe Swarbrick während einer Rede zum Klimaschutz nicht ernst genommen fühlte, rief sie einen älteren Kollegen mit „Okay, Boomer!“ zur Ordnung. Nach ihrer knappen Bemerkung fuhr die junge Abgeordnete mit ihrer Rede fort – als sei nichts geschehen:

Demografisches Ende der Boomer

Tatsächlich wird aber vor allem die Generation Z, die Geburten zwischen 1997 und 2012 umfasst, unter den Babyboomern leiden. So zitiert die New York Times den Wissenschaftler Joshua Citarella, der ein erschreckendes Bild zeichnet: „Gen Z wird die erste Generation mit einem niedrigeren Lebensstandard sein“. Doch es gibt auch gute Nachrichten – zumindest in den USA: Demografisch ist bald das Ende der Babyboomer-Generation eingeläutet. Zahlenmäßig werden die Millennials nach einer Hochrechnung der US-Zensus-Zentrale schon bald ihre verhassten Boomer überholen. Bis dahin bleibt den Millennials auf jeden Fall ihr Humor: