Mit neuen Untersuchungen zum Oktoberfest-Attentat will die Justiz belegen, dass sie auf dem rechten Auge nicht blind ist. Vor zu großen Erwartungen muss aber gewarnt werden, kommentiert Stefan Geiger.

Stuttgart - Es ist ein Akt der Selbstreinigung. Zu groß sind über die Jahrzehnte hinweg die Zweifel geworden, ob die Ermittler, die Bundesanwaltschaft vorneweg, nach dem Oktoberfest-Attentat des Jahres 1980 entschieden und hartnäckig genug gearbeitet haben. Es war der schlimmste Anschlag in der Geschichte der Bundesrepublik überhaupt. Und dafür ist allzu rasch zur Tagesordnung übergegangen worden, sind allzu rasch Beweismittel vernichtet worden. Hinter der Kritik stand stets die Befürchtung, dass Polizei und Justiz auf dem rechten Auge eine Sehschwäche haben. Die Sorge wuchs, nachdem das ganze Ausmaß des Ermittlungsversagens bei dem rechtsterroristischen NSU klar wurde. Ohne den NSU-Schock hätte es wohl nie neue Ermittlungen in Sachen Oktoberfest gegeben. Es war überfällig und es ist gut, dass Generalbundesanwalt Range nun jedes Blatt noch einmal umdrehen lässt.

 

Vor zu großen Erwartungen aber muss gewarnt werden. Nach 34 Jahren sind Ermittlungen extrem schwierig, in einer gerichtsfesten Form beinahe schon unmöglich. Ermittlungen lassen sich auch wieder einstellen. Range neigt dazu, Ermittlungen zu eröffnen, wenn der öffentliche Druck groß genug ist. So war es auch beim Abhören des Handys der Kanzlerin. Herausgekommen ist dabei nicht viel. Obwohl die Beweislage viel besser sein müsste.