In Malmsheim treffen sich Autofans aus vielen Ländern, um ihren geliebten Mercedes-Oldtimern zu huldigen. Ein besonders robustes Modell, das es auf stolze 4,6 Millionen Kilometer gebracht hat, steht jetzt im Daimler-Museum.

Renningen - Lässig biegt das elegante, hellblaue Mercedes Coupé auf das Boschgelände in Malmsheim ein. Es nimmt Kurs auf die dort parkenden Autos und reiht sich und neben dem ikonengoldenen Coupé, Baujahr 1973, und vor der hellelfenbeinfarbenen Limousine von 1970 ein.

 

Am Samstagabend füllen rund 130 Oldtimer der Marke Mercedes, alle aus der legendären /8-Reihe, sprich: „Strich-Acht“, das alte Fluggelände. Die begeisterten Fahrer dieser Oldies sind Mitglieder im MB /8-Club und haben sich hier zu ihrer Sternfahrt getroffen. Die findet zum 50. Geburtstag der Autoserie natürlich im Ländle statt.

Für diejenigen, die nicht so viel Benzin im Blut haben, sei kurz erklärt: Die Modelle des Baumusters W114 und W115 werden umgangssprachlich nach ihrem Erscheinungsjahr 1968 als /8 bezeichnet. Sie wurden bis 1976 gebaut und gelten als die Vorgänger der heutigen E-Klasse. Der MB /8-Club gliedert sich deutschlandweit in regionale Stammtische, und die Fahrer sind meist ungefähr so alt wie ihre Autos.

Die Begeisterung ist einfach da

Wie auch Clubmitglied Martin Kämmerling, der im Januar 1968, am Tag der Präsentation des neuen W114, seinen fünften Geburtstag gefeiert hat. Sein Onkel besaß ein Taxi-Unternehmen. Schon früh half Kämmerling jeden Samstagmorgen bei der Wartung der Mercedes-Limousinen.

Mit neun schickte er seinen ersten Verbesserungsvorschlag an Daimler-Benz, er hatte sich Gedanken um die Schräglage der Sonnenblende gemacht. „Die haben sich wahrscheinlich schief gelacht“, schmunzelt Martin Kämmerling heute. Er machte eine Lehre als Kfz-Mechaniker bei Daimler und fand 1990 seinen ersten /8 auf dem Schrott: Einen hellblauen Benziner, Baujahr ’69, 21 Jahre alt. Seit 28 Jahren fährt er ihn, die Ersatzteile aus einem ausgeschlachteten Modell lagern auf der Bühne.

Woher die Begeisterung für den /8 kommt, kann niemand so recht erklären, sie ist einfach da. Wie bei Julian Reise, dem jüngsten Clubmitglied. Auch er hat eine Ausbildung bei Daimler gemacht, auch er hat sich schon immer für die Marke interessiert: „Aber der /8er ist einfach der schönste“, findet der 19-Jährige. Einen 200 Diesel fährt er, Baujahr 1973, ein Modell, das als „Heizölferrari“ und „Wanderdüne“ verspottet wurde. Das ringt dem jungen Mann aus Karlsruhe nur ein Lächeln ab.

Ja, eine Garage braucht es für die Schmuckstücke, den Winter sollten sie dort verbringen. Auch im Sommer wollen sie schonend bewegt werden, sie sind zwar robust und leidensfähig, aber Oldtimer.

Fans sogar aus den USA

Ein rundes Dutzend Fans ist aus Polen, Österreich, den Niederlanden und sogar den USA gekommen. Der gebürtige Brite Graham Newell ist mit Ehefrau Sue angereist, um Freunde zu treffen und die Ausfahrten zu genießen. Das Paar lebt in Kalifornien und will sein in Großbritannien ansässiges Unternehmen in Europa trotz Brexit auf sichere Standbeine stellen. Deshalb sind beide viel in Europa unterwegs.

Der Austritt Großbritanniens aus der EU trifft den Hersteller handgefertigter Reitsättel mit Kunden in Europa, den USA und Asien hart, trotzdem lässt er sich den Abstecher ins Ländle nicht nehmen. Graham ist seit vielen Jahren ein begeisterter Fan des /8. Auf den Mercedes ist der gut gelaunte Autonarr während seiner Militärzeit in Deutschland gekommen: „Immer, wenn ich auf der Autobahn gefahren bin, hatte ich eines dieser langsamen Autos vor mir“, erklärt er in perfektem Deutsch und lacht. Er spielt auf den 200 D an, die „Wanderdüne“, der sowohl für seine Zugkraft als auch für seine Behäbigkeit bekannt war: Von 0 auf 100 in 30 Sekunden, Spitze 120-130 Stundenkilometer. „Irgendwann dachte ich, dann brauche ich auch kein schnelles Auto.“ Aus Kostengründen wurde es dann ein altes Mercedes-Modell, und das war der Anfang einer lebenslangen Leidenschaft.

Im Daimler-Museums sahen die /8er-Fans einen 240 D, Baujahr 1976, eines Taxifahrers aus Thessaloniki. Der hatte das Auto 1979 mit 230 000 Kilometern gekauft und ist bis zum Jahr 2004 stolze 4,6 Millionen Kilometer gefahren. Der Taxifahrer bedankte sich schriftlich beim Konzern dafür, dass er so zuverlässige Autos baue.

Da wurden die Mercedes-Bauer hellhörig und gingen der Sache nach. Sie bestätigten diesen Rekord und tauschten den Oldtimer gegen einen neuen C-Klasse-Mercedes ein. Der Taxifahrer fuhr den /8 höchstpersönlich nach Stuttgart, und der 240 D glänzt seitdem im Daimler-Museum.