Die Olympischen Spiele sind alle vier Jahre die Bühne für die großen Stars. Von 9. bis 25. Februar treffen sich die besten Wintersportler der Welt in Pyeongchang. Ein Überblick über die internationalen, deutschen und regionalen Topathleten.

PyeongchangVon 9. bis 25. Februar treffen sich die besten Wintersportler der Welt in Pyeongchang. Wer sind die internationalen Topathleten? Welche deutschen Stars haben in Südkorea goldige Aussichten? Und wer sind die Medaillenanwärter aus der Region? Die Antworten gibt es hier.

 

Gold-Kandidaten international

Mikaela Shiffrin Es gibt nicht wenige Experten, die meinen, Mikaela Shiffrin könnte die erfolgreichste Skirennläuferin der Geschichte werden. Und um ehrlich zu sein: Ein so großer Experte muss man gar nicht sein, um diese Behauptung aufzustellen. Die US-Amerikanerin ist erst 22 Jahre alt, aber schon Olympiasiegerin und dreimalige Weltmeisterin im Slalom. Sie hat den Gesamtweltcup 2017 und bereits 41 Weltcup-Rennen gewonnen. Darunter waren zwar 30 Slaloms, aber Shiffrin stand auch schon in allen anderen Disziplinen ganz oben auf dem Podest. Sie gilt als Ausnahmetechnikerin, ist aber auch physisch und psychisch stark. Und nie zufrieden. „Ich muss noch viel lernen“, sagt sie, „ich habe mein Potenzial noch längst nicht ausgeschöpft.“ Vielleicht gelingt ihr das ja in Pyeongchang. Drei oder vier Medaillen könne sie in Südkorea auf jeden Fall gewinnen – meinen (nicht nur) die Experten.

Martin Fourcade Monsieur Biathlon wuchs in der Einsamkeit der Pyrenäen auf, heute kennt ihn jeder. Martin Fourcade (29) ist seit 2012 der Dominator in der Kombination aus Skilanglauf und Schießen, seither hat er sich jedes Jahr den Gesamtweltcup gesichert und bei Großveranstaltungen 29 (!) Medaillen gewonnen. Mit 67 Weltcup-Siegen liegt er auf Platz zwei der Bestenliste hinter Ole Einar Björndalen (94 Erfolge), der Norweger hat sich nicht für Olympia qualifiziert. Ob Fourcade sämtliche Biathlon-Goldplaketten aus Pyeongchang mit nach Frankreich nehmen kann? Ja – aber Johannes Thingnes Bö hat sicher etwas dagegen. Der 24 Jahre alte Norweger ist der große Gegenspieler von Fourcade – lediglich bei einem Einzelrennen in dieser Saison siegte ein anderer Athlet: Den Sprint in Östersund gewann Tarjei Bö, der Bruder von Johannes.

Kamil Stoch Wer Kamil Stoch nach seinem Erfolgsgeheimnis fragt, bekommt nur einen Satz zu hören: „So weit springen, wie es geht.“ Diese Antwort ist zum einen der Tatsache geschuldet, dass der Pole kein großer Redner ist. Und zum anderen seiner Bescheidenheit. Stoch ist in der Szene unglaublich beliebt, weil er kein Lautsprecher ist, kein Egomane oder Selbstdarsteller. Dabei hat er in seiner Skisprungkarriere schon ordentlich auf den Putz gehauen – gerade bei Großereignissen: Stoch wurde Doppel-Olympiasieger 2014 auf der Normal- und der Großschanze sowie Weltmeister 2013 (Großschanze) und 2017 (Team), er gewann 26 Weltcup-Springen, den Gesamtweltcup 2014 und die Tournee 2018 – mit Siegen in allen vier (!) Springen. Dann folgten noch zwei Medaillen bei der Skiflug-WM. Keine Frage: Stoch ist unter den vielen guten Skispringern aktuell der beste und beständigste. Und damit auch der große Olympiafavorit.

Sven Kramer Sieben Olympiamedaillen, zehn WM-Medaillen im Mehrkampf, 19 WM-Medaillen auf Einzelstrecken sowie neun EM-Medaillen – der niederländische Eisschnellläufer Sven Kramer benötigt ein Vitrinenzimmer, um alle Auszeichnungen auszustellen, die er in seiner Karriere gewonnen hat. Nur eine Plakette fehlt in dieser Sammlung: olympisches Gold über 10 000 Meter. In Vancouver 2010 lag Kramer auf Goldkurs, sein Trainer wies ihm beim Wechsel die falsche Bahn zu – Disqualifikation. 2014 in Sotschi reichte es „nur“ zu Silber. In Pyeongchang soll endlich die absolute Krönung folgen. „Ich konzentriere mich zu 100 Prozent auf die Spiele und will gewinnen. Meine Karriere hängt aber nicht davon ab, ob ich endlich einmal Gold über 10 000 Meter hole“, sagt Kramer. Fest steht aber schon: Der flitzende Holländer wird seine Karriere nach den Spielen fortsetzen. So oder so.

Johannes Kläbo Niemand kann behaupten, Johannes Kläbo sei aus dem Nichts auf der großen Langlaufbühne erschienen – schließlich gewann der Norweger bei der Junioren-WM 2016 drei Goldmedaillen. Aber wie schnell Kläbo es auch im Weltcup an die Spitze geschafft hat, ist trotzdem eindrucksvoll. Und zeigt, warum er selbst in einer Langlaufnation wie Norwegen, die mit Talenten reich gesegnet ist, als Ausnahmeerscheinung gilt. Der 21-Jährige dominiert vor allem im Sprint nach Belieben, doch er hat auch das Potenzial, jeden Wettbewerb bis zu 30 Kilometer Länge zu gewinnen – egal ob im klassischen oder freien Stil. Kläbo, der die anstrengende Tour de Ski über den Jahreswechsel ausgelassen hat, weil er die Höhe nicht gut verträgt und sich nicht überfordern wollte, könnte der Langlauf-Superstar in Pyeongchang werden. Es wäre die Krönung einer rasanten Entwicklung.

Gold-Kandidaten aus Deutschland

Gold-Kandidaten aus Deutschland

Johannes Rydzek Keine Frage: Johannes Rydzek ist ein Gewinnertyp, und zwar ein ganz besonderer. Bei der WM 2017 in Lahti holte sich der Oberstdorfer alle vier Titel, das gab es nie zuvor in der nordischen Kombination. Hinterher wurde Rydzek nicht nur gefeiert, sondern auch zum Sportler des Jahres in Deutschland gewählt – und zum großen Olympiafavoriten auserkoren.

Das Problem: In dieser Saison läuft es nicht. Bisher gab es erst einen Sieg im Weltcup für den Dominierer. Nach dem Springen hat Rydzek meist schon einen so großen Rückstand, dass er diesen in der Loipe kaum noch aufholen kann. Gemeinsam mit Dauerrivale Eric Frenzel hat Rydzek zuletzt im Trainingslager in Oberstdorf an den Schwächen auf der Schanze gearbeitet. Ob es reicht, um bis Olympia die (Flug-)Kurve zu bekommen? Möglich ist alles. Natürlich auch, dass Rydzek in Südkorea wieder auf dem Podest landet. Dort, wo ein echter Gewinnertyp hingehört.

Felix Loch Georg Hackl brachte den Deutschen das Rodeln mit seinen Erfolgen und seiner urbayerischen Art näher, doch 2006 stellte der Hackl-Schorsch den Schlitten in die Ecke – und kein halbes Jahr später trat sein Nachfolger erstmals im Weltcup auf: Felix Loch. Wenn es darum geht, die Konkurrenz im Eiskanal hinter sich zu lassen, steht der gebürtige Thüringer aus Sonneberg dem Bayern aus Berchtesgaden in nichts nach. Erst kürzlich hat der 28-Jährige zum sechsten Mal den Gesamtweltcup gewonnen – und bei den Spielen in Pyeongchang möchte Felix Loch selbstverständlich seinen Olympiathron verteidigen. Im Einsitzer triumphierte der Sohn von Bundestrainer Norbert Loch schon 2010 in Vancouver und 2014 in Sotschi. Natürlich will der achtmalige Weltmeister den Winterspiele-Hattrick. Den holte der Hackl-Schorsch ja schließlich auch schon 1992,1994 und 1998.

Laura Dahlmeier Der Stern von Laura Dahlmeier leuchtete bei der Biathlon-WM 2017 in Hochfilzen so hell, dass es heller nicht mehr geht – fünf Titel und eine Silbermedaille brachte sie mit nach Partenkirchen. Seitdem steht die 24-Jährige vor jedem Rennen auf dem Zettel mit den Namen der Favoritinnen. Mühevoll und von einem Infekt geplagt ist Laura Dahlmeier in diese Saison gestartet, doch je näher die Olympischen Spiele kamen, umso häufiger tauchte die kleine Frau (1,62 m/52 kg) auf dem Podium auf. Was ihr zu den 13 WM-Medaillen (7/3/3) noch fehlt, ist eine Olympia-Plakette. 2014 in Sotschi, als die beste Einzel-Platzierung Rang 13 war, lief Dahlmeier noch als ambitionierter Lehrling mit – vier Jahre später gehört die Bayerin zu den Superstars der Skijäger-Branche. Alles andere als eine Medaille (mindestens!) wäre eine Enttäuschung. Auch für Laura Dahlmeier selbst.

Viktoria Rebensburg Es gibt Athleten, die sich besonders gut auf ein Großereignis vorbereiten können. Und die nervenstark genug sind, im richtigen Moment die volle Leistung abzurufen. Viktoria Rebensburg (28) gehört zu diesem erlesenen Kreis, zumindest wenn es um Olympia geht. 2010 holte die Skirennläuferin in Vancouver Gold, 2014 in Sotschi Bronze – jeweils im Riesenslalom, und es sollte niemand verwundern, wenn Rebensburg in ihrer Spezialdisziplin auch in Pyeongchang aufs Podium fahren würde, denn ihre Form ist herausragend. Drei der sieben Riesenslaloms in dieser Saison hat die Bayerin gewonnen, zweimal wurde sie Zweite, weshalb sie auch die Weltcupwertung in dieser Disziplin anführt. Was nun noch zu tun ist? „Wer eine Medaille holen will, muss Körper, Material und Skitechnik sauber aufeinander abstimmen“, sagt Rebensburg. Der Blick in die olympische Vergangenheit zeigt: Es gibt kaum eine, die das besser kann als sie.

Aljona Savchenko Aljona Savchenko kämpft darum, ihre Karriere zu krönen. Die gebürtige Ukrainerin, die seit Dezember 2005 deutsche Staatsbürgerin ist, hat 21 internationale Medaillen im Paarlauf gewonnen. Sie war mit ihrem Partner Robin Szolkowy viermal Europameister und fünfmal Weltmeister – doch die Medaille, die jeden Eiskunstläufer zu einer kleinen Legende werden lässt, fehlt in der Sammlung von Aljona Savchenko: Gold bei Olympia. Zwei bronzene Plaketten (2010 und 2014) sind da nur ein kleiner Trost. Da Robin Szolkowy nach den Spielen von Sotschi seine Karriere beendete, kämpft die kleine, sehr resolute Paarläuferin nun mit dem gebürtigen Franzosen (und im November 2017 eingebürgerten) Bruno Massot in Pyeongchang um die Krönung ihrer Karriere. Erschwerend kommt hinzu, dass es wohl ihre letzte olympische Chance sein wird – Savchenko ist 34 Jahre alt.

Richard Freitag Der Sport schreibt verblüffende Geschichten. Kaum jemand hatte Richard Freitag (26) im Blick, als die ersten Skispringen der Saison anstanden. Und dann wurde der Mann, der seine beste Zeit hinter sich zu haben schien, plötzlich zum Überflieger. Allein im Dezember gewann Richard Freitag drei Weltcup-Wettbewerbe, bei der Vierschanzentournee verhinderte lediglich ein schwerer Sturz in Innsbruck den Sprung aufs Podest. Und trotzdem holte sich Freitag, der bis dahin fünf WM-Medaillen im Teamspringen gewonnen hatte, danach endlich seine erste Einzelplakette: Bronze bei der Skiflug-WM in Oberstdorf, wohin der Sachse im Sommer umgesiedelt ist. Nun ist Freitag – neben Andreas Wellinger – die große Hoffnung von Werner Schuster für die Winterspiele in Südkorea. „Die Chance auf eine Medaille“, meint der Bundestrainer, „hat er auf jeden Fall.“ Es wäre das nächste Kapitel in einer verblüffenden Geschichte.

Medaillen-Kandidaten aus der Region

Medaillen-Kandidaten aus der Region

Fabian Rießle Es gibt in der nordischen Kombination Nationalteams, in denen wäre Fabian Rießle der Star, die unumstrittene Nummer eins, der Überflieger. In der deutschen Mannschaft steht der Schwarzwälder vom SZ Breitnau im Schatten von Johannes Rydzek und Eric Frenzel, und wenn es richtig dumm läuft, dann wird Rießle wie 2017 in Lahti zwar starker WM-Vierter im Einzel, ist dabei aber der am schlechtesten platzierte deutsche Starter. Allerdings läuft es nicht immer dumm. Im Gegenteil. In dieser Saison ist Rießle der konstanteste Kombinierer im DSV-Team. Er gewann den Weltcup in Ramsau, und dass er immer gut genug ist für einen Podiumsplatz, bewies der Doppelweltmeister (2015, 2017/jeweils im Team) zuletzt bei der Olympia-Generalprobe in Seefeld. Ob es nach Silber (Team) und Bronze (Einzel) 2014 in Sotschi nun in Pyeongchang die nächste Medaille für Rießle gibt? Zumindest seine Freundin Sandra Ringwald, die in Südkorea zum deutschen Langlauf-Team gehört, ist optimistisch: „Er macht das schon.“

Johannes Lochner Zugegeben, der Mann ist kein Schwabe. Geboren wurde Johannes Lochner 1990 in Berchtesgaden, er lebt in Schönau am Königssee und studiert in München. Doch der waschechte Bayer startet für den Bob-Club Stuttgart-Solitude, und als Mitglied dieses Vereins hat er so ziemlich sämtliche Meriten eingesammelt, die es für Bob-Piloten in einem Eiskanal zu gewinnen gibt. Johannes Lochner war WM-Dritter im Zweier-Schlitten und 2017 Weltmeister im Königsgerät Vierer. In dieser Saison hat der Elektrotechnik-Student darüber hinaus den Gesamtweltcup im Vierer (sozusagen) nach Stuttgart geholt – damit zählt er zu den Favoriten im Bob. „Bei fast jedem Rennen sind 20, 30 Fans aus Stuttgart unter den Zuschauern“, betont der 27-Jährige. Vielleicht stehen in Pyeongchang auch ein paar Schwaben an der Eisrinne, wenn Johannes Lochner seine erste Olympiamedaille gewinnt.

Carina Vogt Die Skispringerin aus Schwäbisch Gmünd ist ein Phänomen. In ihrer Karriere hat sie noch keine nationale Meisterschaft und erst zwei Weltcup-Springen gewonnen – doch dafür alle großen Titel, die es gibt. Carina Vogt, seit Montag 26 Jahre alt, wurde 2014 in Sotschi die erste Olympiasiegerin, danach holte sie bei der WM 2015 in Falun und der WM 2017 in Lahti Doppel-Gold (Einzel, Mixed-Team). Mehr geht nicht! Oder doch? Es ist alles andere als ausgeschlossen, dass die Athletin vom SC Degenfeld in Pyeongchang den nächsten Coup landet. Weil es zuletzt genau so lief wie immer. Vogt sprang im Weltcup nicht schlecht, aber eben auch nicht ganz nach vorne. Wie immer wird sie bis zur letzten Minute an Technik und Material feilen. Und wie man es schafft, unter Druck die beste Leistung zu zeigen, weiß auch keine besser als Carina Vogt – das Phänomen auf zwei Skiern.

Simon Schempp Am 19. Februar 2017 tilgte Simon Schempp einen weißen Fleck aus seiner Vita. Bis dahin hatte der Biathlet aus Uhingen noch keine Einzelmedaille bei einem großen Wettbewerb gewonnen – an jenem Sonntag holte der Skijäger aus dem Filstal WM-Gold im Massenstart. Obwohl Schempp, der für Infekte anfällig ist, gesund durch den Sommer kam, stottert sein Motor in diesem Winter. Nichts war’s mit dem Angriff auf Superstar Martin Fourcade. Dreimal Platz vier, zweimal Fünfter und einmal Sechster – nicht einmal stand der Deutsche nach einem Einzel-Wettbewerb auf dem Podium. Was den gebürtigen Mutlanger derzeit schmerzt und ausbremst, sind anhaltende Rückenprobleme. Ein vollkommen gesunder Simon Schempp allerdings wäre in Pyeongchang absolut in der Lage, den allerletzten weißen Fleck aus der Vita zu tilgen – und eine Olympia-Einzelmedaille zu holen.