Bei den GOC in Stuttgart zeigt sich: Tanzsport wäre bereit für Olympia

Stuttgart - ereits im Vorfeld der 30. German Open Championships (GOC) in der Stuttgarter Liederhalle hat die Präsidentin des Deutschen Tanzsportverbandes, Heidi Estler, angemerkt, dass man dieses Jahr in Konkurrenz zu den olympischen Sommerspielen in Rio stehe. Wenn es nach den Funktionären des Tanzsports ginge, müsste das nicht zwingend so sein.

 

„Das Tanzen wäre eine Bereicherung für die olympischen Spiele“, findet GOC-Geschäftsführer und Präsident des TSC Astoria Stuttgart, Wilfried Scheible. Bereits einige Male stand das Tanzen kurz vor der Premiere auf der größten internationalen Sport-Bühne, wurde zuletzt auch für die Spiele in Tokio 2020 vorgeschlagen. Doch dort erhielten fünf andere Sportarten den Zuschlag. Scheible blickt nun nach Italien. Wenn Rom 2024 olympischer Gastgeber werden sollte, gäbe es eine realistische Chance, denn das Land gilt als besonders tanzsportfreundlich.

„Wobei ich das jetzt mal Fifty-Fifty sehen würde – grundsätzlich bin ich eher skeptisch“, sagt Scheible. Woran also scheitern die olympischen Tanz-Ambitionen?

Trainer als Wertungsrichter: Das Problem der objektiven Bewertung

Das vorrangigste Problem ist der strukturelle Aufbau der Szene. Ein erfolgreicher Tänzer ist meist auch Trainer. Und ein erfolgreicher Trainer ist oft auch Wertungsrichter, denn er weiß, worauf bei den Paaren zu achten ist. Doch in den Reihen des Internationalen Olympischen Komitees lauert daher der Verdacht, dass eine objektive Bewertung gefährdet ist, wenn ein Wertungsrichter eines oder mehrere der tanzenden Paare auch trainiert hat. Tatsächlich ist es keine Seltenheit, dass Teilnehmer vor Wettkämpfen bei denjenigen Trainern noch einige Extra-Stunden buchen, die hinterher auch die Punkte verteilen. Um dieser Verstrickung zu begegnen, soll nun eine Taskforce gegründet werden, die jene Verflechtung der Ämter in Angriff nimmt. Gespräche dazu sollen bereits bei den GOC geführt werden.

Dort trifft Scheible ohnehin auf Verantwortliche wie den Präsidenten der World Dancesport Federation (WDSF), Lukas Hinder. Ein zentraler Punkt dabei ist die stetige Verbesserung des Wertungssystems; einige Neuerungen gibt es bereits. Für die letzten 24 Paare eines Turnieres wird in vier Bereichen gewertet, die jeweils mit drei Wertungsrichtern besetzt sind. So können verdächtige Auf- und Abwertungen leichter enttarnt werden. Die Richter bei den GOC erfahren zudem erst am Vorabend der Veranstaltung, welche Disziplinen sie betreuen werden. „In den drei Monaten vor unserem Turnier darf außerdem keiner der Wertungsrichter ein Trainingscamp veranstalten“, ergänzt Wilfried Scheible. Das grenze ja an ein Berufsverbot, echauffieren sich derweil die Betroffenen. Doch der GOC-Geschäftsführer schmunzelt: „Naja, ich zwinge sie ja nicht, bei den GOC zu werten.“

Weitere Hürden auf dem Weg zum olympischen Parkett sind die flächendeckende Einführung von Kommissionen und das Bilden eines zentralen Dachverbands. Denn bisher existieren derer zwei – Das World Dance Council (WDC) und die WDSF. „Hier stehen uns menschliche Befindlichkeiten im Weg. Denn nicht für alle scheint die Sport-Förderung an oberster Stelle zu stehen“, bedauert GOC-Pressesprecherin Petra Dres die mangelnde Einigkeit. Dass der Sport für die Zuschauer spannend ist, zeigen schon allein die vollen Ränge in der Liederhalle. „So bleiben wir eben erstmal eine der erfolgreichsten nicht-olympischen Sportarten“, lacht Wilfried Scheible. Er nimmt’s mit Humor.