Jeder kennt das Olympiastadion München mit dem kühnen Zeltdach, das auch noch viele Menschen an die Spiele vor 50 Jahren erinnert – doch auch die Trimm-dich-Kampagne, die Glücksspirale und einiges mehr leben seit den Sommerspielen von 1972 bis heute weiter.

Sport: Jürgen Kemmner (jük)

Zwar erlosch am 11. September 1972 das Olympische Feuer in München, manche Errungenschaften dieser Sommerspiele haben bis heute überlebt – und dabei handelt es sich beileibe nicht nur um das Olympiastadion und den Olympiapark. Auch manche Strukturen im Sport hatten ihren Ursprung in den Spielen vor 50 Jahren und auch die Infrastruktur Münchens ist ein Zeitzeuge. Ein kleiner Überblick.

 

Olympiapark Das Herz der Spiele schlägt noch immer auf dem Oberwiesenfeld: Olympiastadion, Olympiahalle, das Schwimm- und das Radstadion stehen nach wie vor im Park, der von Einheimischen wie Touristen gern besucht wird. Auch wenn der FC Bayern das Olympiastadion nicht mehr als Heimspielstätte für die Fußball-Partien nutzt, so verwaist der Rund nicht – es finden gesellschaftliche, kulturelle und religiöse Veranstaltungen statt. Die moderne Dachkonstruktion lockt noch immer Menschen an, die Führungen buchen und über die luftige Konstruktion marschieren. Dort, wo 1972 die Boxwettkämpfe stattfanden, trägt heute der EHC Red Bull München seine Spiele in der Deutschen Eishockey-Liga aus. Der Olympiapark mit seinen Hügeln und dem See wird als Freizeit- und Naherholungsgebiet genutzt. Seit den Sommerspielen waren die Wettkampfstätten Austragungsort von 31 WMs, zwölf EMs und fast 100 DMs.

Olympisches Dorf Im Olympischen Dorf beginnt nach den Spielen ein anspruchsvolles, städtebauliches Experiment. Eine Stadt in der Stadt soll entstehen mit Wohnungen, Bungalows und Einkaufsmöglichkeiten, mit Schulen, Kindergärten, Spielplätzen und Kultureinrichtungen. Heute leben dort mehr als 6000 Menschen, es handelt sich um ein beliebtes Viertel, das ziemlich zentral in der Stadt gelegen ist.

Infrastruktur Es ist eine Mär, dass die Vergabe der Spiele der Stadt die S- und U-Bahn und die Stadtautobahn Mittlerer Ring sowie die Fußgängerzone vom Stachus zum Marienplatz beschert habe. Die Beschlüsse über diese Infrastrukturmaßnahmen sind älter, sie lagen schon bei der Vergabe der Spiele 1966 bereit – allerdings war Olympia der Katalysator: Alle Projekte wurden deutlich schneller realisiert als ursprünglich geplant. 1971 wurde die U-Bahn in Betrieb genommen, 1972 die S-Bahn als Verbindung zwischen Stadt und Umland sowie die Fußgängerzone eingeweiht – sie war die erste in Deutschland und galt vielen anderen Großstädten als Vorbild.

Jugend trainiert für Olympia und Trimm-dich-Bewegung Im Vorfeld der Spiele wurde 1969 der Schulwettbewerb „Jugend trainiert für Olympia“ sowie 1970 die Trimm-dich-Bewegung aus der Taufe gehoben. Der Schulwettbewerb hat sich mit rund 800 000 Teilnehmern pro Jahr zum weltgrößten seiner Art entwickelt. In 21 Sportarten werden in den Bundesfinals die Gewinner ermittelt. Die Trimm-dich-Bewegung richtete sich nicht nur an Sportvereine und -verbände, sondern an alle Menschen – sie warb mit kreativen Werbeinstrumenten für ein neues Sportverständnis und das persönliche aktive Sporttreiben. Es entstanden Trimm-dich-Pfade im Wald und in Parks, 1984 gab es mehr als 1500 Fitness-Pfade in Deutschland. Die Vereine verzeichneten einen enormen Mitgliederzuwachs.

Glücksspirale Es fehlte Geld, die Olympia-Organisatoren wurden erfinderisch – geboren war die Lotterie Glücksspirale. Am 25. April 1970 fand die erste Ziehung statt, es konnte die Rekordprämie von einer Million Mark gewonnen werden – für den Einsatz von fünf Mark („Mit fünf Mark sind Sie dabei!“). Insgesamt wurde von 1970 bis 1972 die Summe von 187 666 101,32 Mark gesammelt, ursprünglich waren die Macher von einem Erlös von 60 Millionen Mark ausgegangen. Daher wurde die Lotterie mit dem Olympia-Logo weitergeführt, bis heute wurden 2,2 Milliarden Euro erwirtschaftet. Rund 27 Prozent der Einnahmen stellt die Glücksspirale dem Sport, dem Denkmalschutz und der Wohlfahrt sowie gemeinnützigen Organisationen zur Verfügung.

Olympiastützpunkte Um die Spitzensportler umfassend zu betreuen wurde das System der Olympiastützpunkte (OSP) gegründet. Ihre Hauptaufgabe liegt in der Sicherstellung einer hochwertigen Rundum-Betreuung – sportmedizinisch, physiotherapeutisch, trainings- und bewegungswissenschaftlich, psychologisch und ernährungswissenschaftlich. Hinzu kommt die regionale sportarten-übergreifende Koordination und Steuerung der Leistungssportentwicklung in den Schwerpunktsportarten. Das Stützpunktsystem verfügt über 18 OSPs, darunter Stuttgart, Freiburg und Rhein-Neckar (Heidelberg).

Stiftung Deutsche Sporthilfe Die Stiftung wurde auf die Initiative von NOK-Präsident Willi Daume 1967 in Berlin gegründet. Die Stiftung hat das Ziel, Sportler vor allem finanziell zu fördern. In ihrer über 50-jährigen Tätigkeit hat die Stiftung Förderkonzepte für Athleten entwickelt – damit wird ihnen die Gelegenheit gegeben, im Wettbewerb des modernen Leistungssports erfolgreich zu bestehen und gleichsam die berufliche Karriere (Schule, Ausbildung, Studium, Beruf) voranzutreiben und für die Zeit nach dem aktiven Leistungssport vorzubauen.

Bundesinstitut für Sportwissenschaft (BISp) Nach dem schwachen Abschneiden bei den Olympischen Spielen 1968 und in Vorbereitung auf die Spiele 1972 in München wurde das BISp 1970 gegründet. Das Institut hat die Aufgabe, Forschungsbedarf zu erkennen und Forschungsvorhaben auf dem Gebiet des Sports zu starten, zu fördern und zu koordinieren, die Ergebnisse auszuwerten und den Transfer in den Sport vorzunehmen. Dies gilt für die Bereiche Spitzensport einschließlich Nachwuchsförderung und Talentsuche, Sportgeräte und Dopingbekämpfung.