Im Westen gibt es zwei ganz spezielle Yoga-Angebote. Eines davon ist das Hot-Yoga in der Gutenbergstraße. Dahinter steht eine Power-Frau, die alle nur Oz nennen.

Stuttgart - Es gibt Leute, die behaupten, der Westen sei gar nicht so hip, wie alle meinen. Zuletzt hegte die Pauluskirchen-Pfarrerin Sabine Löw bei einer Veranstaltung im Hospitalhof diesen Verdacht. Hip oder nicht. Top oder Flop. In einem Bereich ist der Westen jedenfalls weiter vorne als manch anderer Stadtteil. Im Yoga. Das Bezirk beherbergt nicht nur Yoga West, das ein sehr spezielles therapeutisches Yoga in der Tradition des großen Meisters BKS Iyengar anbietet. Im Hinterhof der Gutenbergstraße 77 ist das wohl heißeste Yoga-Angebot der Stadt: Om Yoga – oder: die fabelhafte Welt der Oz.

 

Oz heißt mit bürgerlichem Namen Ozlem Yildirim (39), ist in Tübingen geboren und hat kurdische Wurzeln. Und Oz, gesprochen Oooos, hat beim Meister des Hot-Yoga persönlich gelernt. Bei Bikram Choudhury in Los Angeles. Bikram hat eine Hatha-Yoga-Methode entwickelt, bei der man 26 Asanas, also Yoga-Übungen, bei 35–40 Grad Celsius übt. So ist wohl kein Zufall, dass bei Oz das passierte, was der große Psychiater C.G. Jung Synchronizität nennt. Innere und äußere Welt treffen zusammen. In dem Fall trifft eine besondere Frau auf eine besondere Form von Yoga.

Hot Yoga fordert die Schüler

Eine Ahnung davon bekommt man in den Yoga-Stunden bei Oz. Ruhelos wandert sie durch die Reihen der Schüler und gibt im Stakkato-Rhythmus ihre Kommandos. Scheinbar emotionslos. Selbst harte Männer, viele davon wegen der Hitze nur mit einer Badehose bekleidet, geben sich Oz und ihren Anweisungen hin. Sie ächzen und schwitzen, aber fühlen sich pudelwohl. Sie sind in ihrer Mitte angekommen. Einer beschreibt das Gefühl dieser körperlichen und geistigen Grenzerfahrung so: „Alles um einen herum verliert an Bedeutung. Und man fühlt sich durch die Wärme sehr geborgen – wie im Mutterleib.“

Auch Annika Bader (23) macht in dem Kurs ganz ähnliche Erfahrungen. Ihrer anfänglichen Skepsis ist längst der Begeisterung gewichen: „Man ist nach den Stunden zwar richtig erschöpft, aber man fühlt sich gleichzeitig mega energetisiert. Es tut mir so gut.“

Am Ende einer Hot-Yoga-Stunde fühlen alle gleich. Trotz der hohen Anforderungen an den Kreislauf, den Körper und den Geist sind sie voller Energie. Für Oz ist Energie das Stichwort. Ob in ihrem Leben oder dem der meisten Menschen. „Yoga hat mir immer Energie gegeben und mich zu den Fragen geführt: Was ist meine wahre Natur? Was passiert mir aus welchem Grund?“ Ihr bisheriger Lebensweg gibt einen Einblick darin, was Oz meint. Sie erzählt, wie sie mit 18 der Enge Tübingens und ihrer Großfamilie entfloh – mit einem One-Way-Ticket und einem Koffer in die USA. Dort fasste sie zunächst als Au-Pair-Mädchen Fuß, besuchte dann die High-School und boxte sich schließlich in der Finanzbranche durch. Ein steiniger Weg. Aber auch harte Mädchen kommen dann und wann an ihre Grenzen.

Aufladen nach einem harten Tag

Oz überschritt diese auch dank ihrer Yoga-Praxis. „Plötzlich hat es klick gemacht. Ich wusste, alles wirkt zusammen. Körper, Geist, Seele und der Atem. Ich bin aufgewacht.“ Zu einer Yogini erweckt. So sagt sie auch heute gerne: „Ich bin zu allererst eine Yogini, dann eine Geschäftsfrau.“ Sie fühlt sich verbunden. Mit dem Leben, der Natur, zu Menschen und ihrem Selbst.

Vor allem die Bikram-Methode helfe besonders gut, diese Verbindungen herzustellen. Es sei nicht nur so, dass die Wärme Muskeln und Sehnen lockert oder das starke Schwitzen die Giftstoffe aus dem Körper spüle. Die Systematik des Bikram-Yoga wirke wie ein Werkzeug: „Wenn man eine Veränderung im Körper und im Geist will, braucht man ein Extrem. Dies unterstützt auch die Wärme.“

Annika Bader, die jüngst in ihrer Bachelor-Arbeit auch über Achtsamkeit geschrieben hat, kann das bedingungslos unterschreiben. Mehr noch: Sobald sie nach einem harten Arbeitstag die Tür des Yoga-Studios von Oz öffnet, empfindet sie sich „in einer anderen Welt“. Einer fabelhaften Welt.