Im Bundesverfassungsgericht, beim Thüringer Verfassungsschutz und auch in anderen Justizgebäuden in Deutschland: Aus ominösen Postsendungen rieselt weißes Pulver. Ermittler rätseln nun, ob die aus sechs Bundesländern bekannt gewordenen Fälle zusammenhängen.

Berlin - Verdächtiges weißes Pulver in etlichen Justizgebäuden hat in mehreren Bundesländern einige Aufregung ausgelöst. Mitarbeitern rieselte die Substanz entgegen, als sie am Mittwoch Briefe öffneten. Auch das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe war betroffen: Wahrscheinlich handelte es sich hier um Puderzucker, wie ein Sprecher des Innenministeriums von Baden-Württemberg nach einer ersten Untersuchung sagte. Als Puderzucker hatte sich zuvor bereits Pulver erwiesen, das im Amtsgericht Eisleben in Sachsen-Anhalt entdeckt worden war. Auch Funde in München und dem oberbayerischen Wolfratshausen stellten sich den Angaben zufolge als harmlos heraus.

 

Nach Pulver-Funden rückten Rettungskräfte auch in Erfurt und Gera (Thüringen), in Chemnitz (Sachsen), Ludwigslust (Mecklenburg-Vorpommern) sowie in Coburg (Bayern). Ob es die Rettungskräfte an diesen Orten ebenfalls mit ungefährlichen Substanzen zu tun hatten, war zunächst offen. Unklar war zudem, ob die Fälle zusammenhängen.

Zwei Mitarbeiter in Gera kamen mit Pulver in Kontakt

Von der für Coburg zuständigen Polizei Oberfranken hieß es: „Ein möglicher Zusammenhang wird geprüft, wir stehen in engem Kontakt mit den anderen Dienststellen.“ Vom Bundeskriminalamt (BKA) hieß es am Abend lediglich: „Das BKA ist zunächst im Rahmen seiner Zentralstellenaufgaben eingebunden.“

In Gera wurden zwei Mitarbeiter ins Krankenhaus gebracht. Sie waren mit einem Brief mit dem Pulver direkt in Kontakt gekommen. Der Polizei zufolge blieben sie augenscheinlich unverletzt. Ein Gebäude des Justizzentrums Gera, in dem mehrere Gerichtsverhandlungen anberaumt waren, wurde bis 14.00 Uhr gesperrt, wie Gerichtssprecherin Kerstin Böttcher-Grewe sagte. Nur die Poststelle bleibe vorerst versiegelt und müsse von einem Spezialunternehmen gereinigt werden.

In Thüringen tauchte auch beim Landesamt für Verfassungsschutz in Erfurt ein Brief mit weißem Pulver auf. Die Feuerwehr eilte wie auch andernorts mit Schutzanzügen herbei. 16 Mitarbeiter des Verfassungsschutzes wurden isoliert, wie es vom Thüringer Innenministerium hieß. Sie wiesen jedoch zunächst keinerlei Symptome auf.

Verdacht der Störung des öffentlichen Friedens

In Eisleben rückte ein ABC-Zug der Feuerwehr mit 18 Fahrzeugen und 70 Leuten an, wie ein Polizeisprecher des Reviers Mansfeld-Südharz sagte. Die Berufsfeuerwehr Halle kam mit ihrem mobilen Labor und konnte schließlich Entwarnung geben.

Der in Chemnitz gefundene Brief mit unbekanntem Pulver wurde derweil zur Analyse in die Landesuntersuchungsanstalt für Gesundheits- und Veterinärwesen nach Leipzig gebracht. Die Kriminalpolizei ermittelt wegen des Verdachts der Störung des öffentlichen Friedens durch Androhen von Straftaten. In Ludwigslust wurde das Amtsgericht gesperrt. Stundenlang saßen die Mitarbeiter im Gebäude fest. Mitarbeiter der Poststelle hatten am Vormittag einen Brief ohne Absender geöffnet, aus dem ihnen Pulver entgegenkam.

Auch im Coburger Justizgebäude, wo Amts- und Landgericht sitzen, fanden Mitarbeiter am Morgen in der Poststelle in einem Brief das Pulver, das aus dem Kuvert rieselte. In München war nach Angaben der Polizei bereits am Dienstag ein Brief mit dem verdächtigen Pulver im Justizpalast entdeckt worden. Eine Gefährdung sei ausgeschlossen, sagte ein Polizeisprecher nach ersten Untersuchungen. Auch im Amtsgericht Wolfratshausen wurde am Mittwoch ein solcher Brief entdeckt. Es konnte aber Entwarnung gegeben werden. Es habe sich um eine ungefährliche Substanz gehandelt.