Es klingt unglaublich. Ein Mensch wünscht den eigenen Tod. Im Internet sucht er seinen Mörder selbst aus. Nun finden Ermittler die zerstückelte Leiche - der mutmaßliche Täter ist ein Polizist.

Es klingt unglaublich. Ein Mensch wünscht den eigenen Tod. Im Internet sucht er seinen Mörder selbst aus. Nun finden Ermittler die zerstückelte Leiche - der mutmaßliche Täter ist ein Polizist.

 

Dresden - Ein sächsischer Polizist soll einen Geschäftsmann aus Hannover auf dessen eigenen Wunsch hin getötet und die Leiche zerstückelt haben. Der Kriminalbeamte (55) habe sich am 4. November mit dem 59-Jährigen getroffen, ihn kurz darauf in einer Pension in Reichenau (Osterzgebirge) umgebracht und die Leichenteile auf einer Wiese vergraben, wie Polizei und Staatsanwaltschaft am Freitag in Dresden mitteilten. Der Tatverdächtige habe die Tat zugegeben. Er habe den Beamten die Stellen gezeigt, wo er die Überreste seines Opfers verscharrt habe.

Nach Aussagen der Dresdner Ermittler bestritt er Mann sexuelle oder kannibalistische Motive: Er habe den anderen getötet, weil dieser das gewünscht habe. Spekulationen um Kannibalismus waren aufgetaucht, weil Opfer und Täter sich auf einer entsprechenden Internet-Plattform kennengelernt hatten. Außerdem hatten mehrere Bekannte des getöteten Mannes bei der Polizei angegeben, dass dieser nach eigenen Aussagen schon seit der Jugend die Fantasie gehegt habe, sich von einem Menschen töten und verspeisen zu lassen.

Der Fall weckt Erinnerungen an den „Kannibalen von Rotenburg“, der 2001 einen Mann aus Berlin mit dessen Einverständnis tötete und Teile der Leiche aß. Er hatte sein Opfer ebenfalls auf einer Kannibalen-Plattform kennengelernt; der Täter wurde wegen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt.

Gegen den Kriminalhauptkommissar wurde Haftbefehl wegen Mordes erlassen

Gegen den jetzt verdächtigen 55 Jahre alten Kriminalhauptkommissar, der für das Landeskriminalamt Sachsen als Schriftsachverständiger arbeitete, wurde Haftbefehl wegen Mordes erlassen. Die Staatsanwaltschaft schließt als Motiv die „Befriedigung des Geschlechtstriebes“ nicht aus. Ob am Ende mildernde Umstände wegen Tötung auf Verlangen gelten können, ist völlig offen. Nach Darstellung der Staatsanwaltschaft sind daran Kriterien geknüpft, beispielsweise ob sich Opfer und Täter gut kannten. Dies sei aber im vorliegenden Fall nicht so gewesen. Auch ein nachvollziehbares Motiv wie eine schwere Erkrankung des Opfers gebe es nicht.

Der Fall zeige, „wie Menschen mit den grauenvollsten Fantasien im Internet zusammentreffen und dabei ihre Perversionen in immer krasserer Form ausleben“, sagte der Dresdner Polizeipräsident Dieter Kroll. 99 Prozent der Betroffenen bezögen ihre Lust allerdings allein aus dem Austausch von Informationen. „In diesem Fall wurden mehrere Grenzen überschritten“, sagte Kroll und nannte als Beispiel eine „bizarre Behandlung“ des Leichnams: „Das hat wenige Beispiele.“

Der Chronologie des Verbrechens zufolge hatten sich Opfer und Täter für den 4. November verabredet. In einer E-Mail soll es konkret um eine Tötung an diesem Tag gegangen sein. Der 59-Jährige - Geschäftsführer einer Unternehmensberatung in Hannover - fuhr am Morgen dieses Tages zunächst mit dem Bus nach Berlin. Von da ging es weiter mit dem Fernbus nach Dresden. Hier traf er gegen 15.15 Uhr ein und wartete dann auf seinen Mörder, der etwa eine halbe Stunde später kam. Zusammen fuhren beide mit dem Auto in das Wohnhaus nach Reichenau. Es wird auch als Pension betrieben, Gäste soll es zu diesem Zeitpunkt aber nicht gegeben haben. Nach den bisherigen Ermittlungen wurde der 59-Jährige unmittelbar nach dem Eintreffen mit einem Messer getötet.

Am 11. November gab ein Geschäftspartner des Opfers eine Vermisstenanzeige auf. Die Polizei stellte später eine letzte Ortung des Mobiltelefons des Vermissten in Berlin fest. Internet-Recherchen der Polizei in Hannover führten schließlich auf die Spur des Kriminalbeamten in Dresden. Die Ermittlungen der Hannoveraner Kollegen im Internet seien der Schlüssel zum Erfolg gewesen, sagte Polizeichef Kroll. Die Polizei Dresden hat eine Sonderkommission „Pension“ gebildet, der 46 Beamte angehören. Von Mittätern geht sie derzeit nicht aus.

Nach Angaben des Innenministeriums gab es zuvor keine Anzeichen bei dem Beamten. „Auch gute Auswahlverfahren und bewährte Einstellungstests können nicht alle Persönlichkeitsmerkmale aufdecken“, erklärte Landespolizeipräsident Rainer Kann. Er sprach von einem „erschreckend abartigen Verbrechen“. Bewerber für die sächsische Polizei würden auch auf psychische und physische Belastbarkeit sowie soziale und persönliche Kompetenz geprüft, betonte er.