Sie lockte Stars aus der Reserve, verdiente Milliarden und versucht sich sogar als Schauspielerin: Oprah Winfrey ist in den USA nicht nur für Schwarze eine Art Übermutter.

New York - Wenige Tage vor den Kongresswahlen in den USA im November wollte Oprah Winfrey etwas loswerden: Sie habe keinerlei Pläne, im Jahr 2020 als Präsidentin zu kandidieren, sagte sie bei einem Wahlkampfauftritt zur Unterstützung der Demokratin Stacey Abrams. „Ich will nicht antreten, okay?“ Fast klang es genervt. Unter ihren knapp 42 Millionen Followern auf Twitter gab es sicher einige, die bei einer Kandidatur der Talkmasterin laut gejubelt hätten.

 

65 Jahre wird die Medienfrau, Schauspielerin und Produzentin an diesem Dienstag alt, sie zählt weiter zu den einflussreichsten Frauen in den USA und darüber hinaus. Das „Forbes“-Magazin listet Winfrey im Ranking der mächtigsten Frauen auf Platz 20 noch vor der britischen Queen und US-Präsidententochter Ivanka Trump (die ersten beiden Plätze belegen Bundeskanzlerin Angela Merkel und Großbritanniens Premierministerin Theresa May). Zu ihren Freunden zählt Barack Obama, den sie im Wahlkampf 2008 kräftig unterstützte.

Der gelebte amerikanische Traum

In gewisser Hinsicht verkörpert Winfrey den amerikanischen Traum gleich doppelt und dreifach. Sie verdiente ihr Vermögen von schätzungsweise 2,7 Milliarden Dollar (2,4 Mrd Euro) nicht nur selbst, sondern setzte sich dabei auch im von weißen Männern beherrschten US-Entertainment durch. Ihr einst kriselnder Kabelsender OWN (Oprah Winfrey Network) schreibt nach einer Reihe von Sitcoms und TV-Dramen gute Zahlen. Sie hält außerdem zehn Prozent Anteile am Diätprogramme-Unternehmen Weight Watchers.

Winfrey wuchs als Tochter einer minderjährigen Mutter in Armut auf und wurde nach eigenen Angaben mit neun vergewaltigt, war mit 14 schwanger und verlor ihren Sohn bald nach der Geburt. Ihr Kommunikationstalent brachte die junge Schwarze früh zu einem Sender. Ihre „Oprah Winfrey Show“ wurde zur erfolgreichsten Talkshow in der Geschichte des Fernsehens. Beim Ende der Sendung 2011 nach 25 Jahren als Gastgeberin trauerten ihr unzählige Fans nach. Eine Art Sprecherin des amerikanischen Gewissens blieb sie auch danach.

Es waren nicht nur Filmstars wie Tom Cruise oder Musiker wie Michael Jackson und Whitney Houston, die bei Winfrey Platz nahmen und Details aus ihrem Leben auspackten. Mit den passenden Fragen lockte Winfrey auch berühmte Künstler, Unternehmer und Politiker aus der Reserve und zeigte deren menschliche Seite, holte aber auch Menschen mit Ängsten oder bizarren Süchten ins Studio. Das Bedürfnis der Gäste, über Gefühle zu sprechen oder persönliche Fehltritte zu beichten, wurde bald mit dem Begriff „Oprahfication“ institutionalisiert.

Die Stimme der Afroamerikaner

Für Afroamerikaner ist Winfrey eine solch tragende Stimme, dass das National Museum of African American History and Culture in Washington ihr derzeit eine eigene Ausstellung widmet. Winfrey selbst sieht ihren Erfolg als „Wiedergutmachung“ für all diejenigen, die im langen Kampf für Gleichberechtigung in USA mehr leiden mussten als sie.

Ihr beeindruckender Weg bestärkt vor allem schwarze Amerikaner bis heute. „Oprah zu sehen, ist jeden Tag der Grund, warum ich mich selbst so heftig liebe“, schrieb jemand in das Gästebuch des Museums. Als Winfrey die Ausstellung besuchte und den Eintrag las, kamen ihr die Tränen. „Ich musste weinen, weil der Kreis sich geschlossen hatte und der Auftrag erfüllt wurde“, sagte sie. Sie habe ein Spiegel für ihr Publikum und für deren Lebensgeschichten sein wollen, damit „die Menschen sich selbst sehen“.

Selbst als Schauspielerin ist Winfrey mittlerweile zu sehen. Für den Kinderfilm „Das Zeiträtsel“ ist sie in Rolle der Hexe Mrs. Which ein Glücksfall. Unter Kinogängern und Kritikern war der Film um das hochintelligente Mädchen Meg, die auf der Suche nach ihrem Vater durch Raum und Zeit reist, zwar eher ein Flop. Aber Winfreys Auftritt überzeugte. Im Interview mit dem „Guardian“ beschrieb sie den Film als „neue Generation des „Zauberers von Oz““. Die britische Zeitung gestand: Winfrey weiß einfach, wie man etwas verkauft.