Kleines Satzzeichen, große Wirkung. Ein mutmaßlicher Anschlag in der Stadtbibliothek greift Abstandsregeln und Allgemeingesundheit an. Die Tatwaffe: Ein Finger.

Sindelfingen - In der Schule haben wir gelernt, wie wichtig Satzzeichen sein können. Ein vergessenes Komma kann sogar über Leben und Tod entscheiden. Schließlich bekommt der Satz „Komm, wir essen Oma“ einen sehr unschönen Beigeschmack, wenn – wie hier – das kleine Strichlein zwischen „essen“ und „Oma“ fehlt.

 

In Pandemiezeiten ergeben sich da noch ganz andere Gefahren, wie wir zuletzt bei einem Besuch in der Sindelfinger Stadtbibliothek sehen konnten. Dort gab es offenbar einen orthografisch-terroristischen Anschlag auf die Allgemeingesundheit. Dabei kamen weder Waffen, noch Sprengsätze oder biologische Kampfstoffe zum Einsatz. Alles, was es für diese Gräueltat brauchte, war ein Finger. Mit eben diesem Finger hat jemand auf der Tafel im Foyer der Bibliothek die Corona-Hinweistafel bearbeitet.

Satzzeichen-Salafisten und Komma-Kontras

Wo bisher zwei freundlich lächelnde Strichmännchen auf den Mindestabstand von 1,5 (in Worten Eins-Komma-Fünf) Metern hinwiesen, galten zuletzt plötzlich „15 Meter“ als das Maß aller Dinge. „Vielleicht will da ja jemand ganz besonders sicher gehen“, könnte man auf den ersten Blick meinen. Wenn da nicht die kleine Zeichnung am unteren Ende der Tafel wäre. „Das sind 15 Meter“ steht dort jetzt unter einem Pfeil, der natürlich in Wahrheit nur 1,5 Meter lang ist. Wirklich sehr perfide, diese Satzzeichen-Salafisten und Komma-Kontras.

Zum Glück lassen sich Menschen, die in Bibliotheken gehen, sich nicht so leicht übers Ohr hauen. Lesen bildet schließlich. Wobei – in diesem Fall reicht es sogar, den Songtext eines Ballermann-Hits zu kennen: „Das sind nicht 20 Zentimeter, Nie im Leben, kleiner Peter.“ Wer das versteht, der kapiert auch die Corona-Abstandsregel.

Ein Beitrag aus den „Bonbons“, der Humorkolumne der Kreiszeitung Böblinger Bote.