Stellt sich Labbadia selbst noch mal auf statt Lasogga? Schickt er den HSV gegen Schalke womöglich in alten Uwe-Gedächtnistrikots und den gestrickten Baumwollstutzen ins Spiel, die bei Regen noch eingingen? Solche Methoden, zugegeben, weichen von der reinen Trainingslehre etwas ab, aber für den Klassenerhalt muss man auch einmal ein „Glaubt an euch!“ auf den Kabinenboden sprühen oder die Jungs an Geldbündeln schnuppern lassen. Erfolg versprechend sind auch das Verbuddeln einer Münze, das Tragen eines blauen Pullovers oder die Wut- und Brandreden („Kneift gefälligst die Arschbacken zusammen!“), mit denen Udo Lattek einmal Dortmund rettete – sicherheitshalber hat er damals mit einem dynamischen Mitternachtsgespräch auch noch den Manager Michael Meier motiviert: „Als Meier ging, war er einen halben Meter größer. Dabei haben wir nur ein Glas Bier getrunken.“

 

So geht Abstiegskampf.

Es gibt reizvolle Rituale, auf die kein ernst zu nehmender Trainer mehr verzichten kann, und auch der VfB hat schon davon profitiert. In höchster Abstiegsgefahr kam 1991 Christoph Daum, er brachte eine Hasenpfote, ein Schornsteinfegerchen und einen Glückspfennig mit und rief, als es eng wurde, zum Himmel: „Wofür zahle ich eigentlich Kirchensteuer?“ Der VfB stieg nicht ab – und wurde 1992 Deutscher Meister.

So könnte es auch 2016 ganz leicht wieder kommen, aber zunächst einmal muss der VfB jetzt drinbleiben – und darf sich glücklich schätzen, wieder einen Trainer zu haben, der zum richtigen Zeitpunkt den richtigen Ton trifft. „Ihr Affen!“, schreit Huub Stevens seine Spieler seit anderthalb Wochen an, „Affen seid ihr!“

Ein größeres Lob gibt es nicht. Eine Studie der japanischen Universität Kyoto belegt, dass Schimpansen ein besseres Kurzzeitgedächtnis als Menschen haben und rechnen und sogar lesen können. „Manche Aufgaben“, sagt der Wissenschaftler Tetsuro Matsuzawa, „lösen sie besser als Menschen.“

Manchen hilft nur noch beten

Mit herkömmlichen Mitteln ist dieser Ausnahmesituation da unten im Keller nicht mehr beizukommen, am wenigsten in Hamburg. „Dem HSV hilft nur noch beten“, fürchtet „Bild“, und die Fans rufen Bruno Labbadia verzweifelt zu: Steck Haarnadeln in den Rasen, setz dich in den Unterhosen deiner Frau auf die Trainerbank, tu irgendwas Bescheuertes – aber tu was!

Den „Geist von Malente“ hat der HSV-Trainer diese Woche beschworen, in der dortigen Sportschule hausten schon die deutschen Helden vor dem WM-Sieg 1974. Heute heißt sie Uwe-Seeler-Sportpark, und Uwe wäre nicht Uwe, wenn er vor dem Spiel gegen Schalke nicht noch schnell vorbeikommt und die HSV-Pflegefälle anbrüllt: „Keiner lässt die Schlappohren hängen!“

Wie kocht man ein Weichei hart? Oft helfen schon kleine Tricks. Mike Singletary, ein Footballtrainer in San Francisco, ließ vor seinen Schlappschwänzen in der Kabine einmal die Hose runter und zog den Hintern blank. „Ich hätte auch mit Stühlen werfen oder die Umkleidebänke aus ihrer Verankerung reißen können“, sagte er später. Und als Michael Moorer nach einer laschen Runde in seinem WM-Fight gegen Evander Holyfield in die Ecke kam, empfing ihn sein Boxtrainer Teddy Atlas dort auf dem Hocker sitzend mit dem Schrei: „Sollen wir die Plätze tauschen?“ Der Motivationsschub half, Moorer gewann.

„Kneift gefälligst die Arschbacken zusammen!“

Stellt sich Labbadia selbst noch mal auf statt Lasogga? Schickt er den HSV gegen Schalke womöglich in alten Uwe-Gedächtnistrikots und den gestrickten Baumwollstutzen ins Spiel, die bei Regen noch eingingen? Solche Methoden, zugegeben, weichen von der reinen Trainingslehre etwas ab, aber für den Klassenerhalt muss man auch einmal ein „Glaubt an euch!“ auf den Kabinenboden sprühen oder die Jungs an Geldbündeln schnuppern lassen. Erfolg versprechend sind auch das Verbuddeln einer Münze, das Tragen eines blauen Pullovers oder die Wut- und Brandreden („Kneift gefälligst die Arschbacken zusammen!“), mit denen Udo Lattek einmal Dortmund rettete – sicherheitshalber hat er damals mit einem dynamischen Mitternachtsgespräch auch noch den Manager Michael Meier motiviert: „Als Meier ging, war er einen halben Meter größer. Dabei haben wir nur ein Glas Bier getrunken.“

So geht Abstiegskampf.

Es gibt reizvolle Rituale, auf die kein ernst zu nehmender Trainer mehr verzichten kann, und auch der VfB hat schon davon profitiert. In höchster Abstiegsgefahr kam 1991 Christoph Daum, er brachte eine Hasenpfote, ein Schornsteinfegerchen und einen Glückspfennig mit und rief, als es eng wurde, zum Himmel: „Wofür zahle ich eigentlich Kirchensteuer?“ Der VfB stieg nicht ab – und wurde 1992 Deutscher Meister.

So könnte es auch 2016 ganz leicht wieder kommen, aber zunächst einmal muss der VfB jetzt drinbleiben – und darf sich glücklich schätzen, wieder einen Trainer zu haben, der zum richtigen Zeitpunkt den richtigen Ton trifft. „Ihr Affen!“, schreit Huub Stevens seine Spieler seit anderthalb Wochen an, „Affen seid ihr!“

Ein größeres Lob gibt es nicht. Eine Studie der japanischen Universität Kyoto belegt, dass Schimpansen ein besseres Kurzzeitgedächtnis als Menschen haben und rechnen und sogar lesen können. „Manche Aufgaben“, sagt der Wissenschaftler Tetsuro Matsuzawa, „lösen sie besser als Menschen.“

Der Stuttgarter Affentanz

„Affe“ ist also ein Kompliment, und die VfB-Spieler haben sich dafür letzten Samstag nach dem Tor zum 2:1 gegen den HSV prompt mit dem „Tanz der Affen“ bedankt. Nur kurz hatten sie fälschlicherweise gedacht, Stevens habe sich (so Martin Harnik) „in der Wortwahl vergriffen“ – bis sie begriffen: Für den Niederländer ist „Brehms Tierleben“ das Handbuch der Motivation. So hatte Huub früher schon Marc Wilmots auf Schalke zum „Kampfschwein“ erklärt, und die Fans feierten ihn als Trainer des Jahrhunderts.

Welches tierische Wort lässt sich Stevens vor dem letzten Spiel jetzt noch schnell einfallen – und was unternimmt André Breitenreiter dagegen?

Wie man hört, will der Trainer des Tabellenletzten alle Schornsteinfeger Paderborns als Glücksbringer im Stadion haben, in ihrer schwarzen Berufskluft – das würde dann auch für den Fall der Beerdigung gut passen. Im Übrigen sagt André Breitenreiter: „Wir haben noch unsere Chance.“ Das A und O aller Strohhalme, an denen ein Trainer sich festhält, ist und bleibt die Durchhalteparole.

So viel zu den besten Rezepten in höchster Not. Wer glaubt, ohne sie auszukommen, ist im Abstiegskampf fehl am Platz und kann nur noch den Schiedsrichter bestechen oder Peter Neururer anrufen – und ihm die Rechte abkaufen am besten letzten Rat, der je durch eine Spielerkabine geschmettert wurde: „Ihr müsst so heiß sein, dass ihr mit euren Händen Hosen bügeln könnt!“

Wer das nicht kann, steigt ab.