Dass Stuttgarts City zum magischen Schauplatz wird, hat Tradition. Kalanag etwa fuhr mit verbundenen Augen durch die Königstraße. Thorsten Strotmann sucht öffentlich im Königsbau das Goldene vom Ei. Damit will er spenden und „Kultur sichtbar machen“.

Stadtleben/Stadtkultur: Uwe Bogen (ubo)

Der Begriff des Geisterfahrers war noch gar nicht bekannt, als sich ein seriös aussehender Herr mit Glatzkopf und Brille regelmäßig die Augen mit Pflaster zukleben ließ und dazu noch die Kapuze aufsetzte. Dann ging’s im Mercedes blindlings durch die Stadt. Kalanags Fahrten mit verbundenen Augen sind in den 50er Jahren jedes Mal zum Stadtgespräch geworden. Tausende säumten die Straßen. Mutig vertrauten sie dem Stuttgarter Magier und waren überzeugt, dass dieser beim Zaubern immer dem Happy end zusteuert, auch wenn er dabei nix sieht.

 

„Wer nicht staunen kann, wird blind fürs Leben“

Wer zaubern kann, will’s nicht nur im stillen Kämmerlein tun. Die meiste Zeit verblüfft Thorsten Strotmann in seiner Magic Lounge im Römerkastell. An Karsamstag aber verlässt er seine Close-up-Bühne und will mitten in der Stuttgarter City für Aufsehen sorgen. Sein öffentlichkeitswirksamer Osterzauber steht im Zeichen eines goldenen Eis. Dieser „Magic-Stunt“ mit dem Titel „The Golden Egg“ in den Königsbau-Passagen passe „hervorragend zur Kulturhauptstadt Stuttgart und zu Ostern“, sagt der Zauberkünstler. Seit 2009 spielt er in einem früheren Fabrikgebäude hinter der Phönixhalle „hautnah“ vor nur sieben Zuschauerreihen und macht dabei stets aufs Neue faszinierend klar: „Wer nicht staunen kann, wird blind fürs Leben.“

Magischer Stunt an Karsamstag im Königsbau

Das Kulturleben musste in der Pandemie viel zu lange ruhen. Mit der Suche nach dem goldenen Ei unweit des Schlossplatzes will er „Kultur sichtbar machen“ und gleichzeitig Spenden für verschiedene Organisationen sammeln, unter anderem für das Kinderhospiz und dem Verein Vergessene Pfoten. Ein Komitee, bestehend aus „Charakterköpfen“ aus der Fotoserie von Wilhelm Betz, legt das Versteck für das 10 000 Euro teure Ei in den Königsbau Passagen unter notarieller Aufsicht fest. Strotmann weiß nix davon. An Karsamstag, 12 Uhr, wird er mit verbundenen Augen das Ei suchen, ohne dass er Elektronik, GPS oder Infos von eingeweihten Personen nutzt. Treffpunkt ist im Pavillon vor dem Königsbau. An Ostermontag wird der Magier bei einer Show, die im Netz übertragen wird, das Ei, also die 10 000 Euro, unter den Online-Zuschauern verlosen, die sich für zehn Euro einklicken können. „Der Gewinn der Aktion wird zu 100 Prozent gespendet“, verspricht Strotmann. Das Geld kommt durch den Erlös der Kartenverkäufe für die Streaming-Show zusammen.

„Jetzt geht es darum, dass wir unsere Schätze wieder finden“

Wie er auf die Idee kam? „Zwei Jahre war es still“, antwortet der Magier, „Geschäfte und Läden waren geschlossen.“ Jeder habe vor Corona seine „goldenen Eier“ in der Kultur oder beim Shopping gehabt. Das goldene Ei in der Oster-Zauberei sieht Strotmann als „Metapher für die gesamte Kulturszene und die Schmuckstücke Stuttgarts“. Vieles sei in der Pandemie verschüttet, versteckt oder in Vergessenheit geraten. „Jetzt geht es darum, dass wir unsere Schätze wieder finden“, erklärt der Zauberkünstler. Karten für die Online-Show mit der Verlosung gibt es im Netz unter www.strotmanns.com.