Der Integrationsbetrieb Arbeg bietet psychisch Kranken und Menschen mit Behinderung eine Arbeit auf dem Ziegenhof. Der Umgang mit Tieren ist dabei ein wichtiger therapeutischer Aspekt.

Ostfildern - Versteckt gelegen inmitten idyllischer Wiesen und Wälder befindet sich der Ziegenhof Domäne Weil. Ina kümmert sich um die Hühner. Geschickt hebt sie ein Huhn hoch und stibitzt ihm die noch körperwarmen Eier. Jeden Tag sammelt sie 60 bis 100 von ihnen ein, putzt, wiegt und sortiert sie. Seit rund sechs Jahren arbeitet Ina mittlerweile auf dem Ziegenhof. Die Tiere sind ihr ans Herz gewachsen. „Wenn ich einmal krank oder im Urlaub bin, rufe ich täglich an und erkundige mich, wie es meinen Schützlingen geht“, erzählt Ina.

 

Seit 2006 gehört der Ziegenhof zum gemeinnützigen Integrationsbetrieb Arbeg. Die im Jahr 1988 gegründete Arbeits- und Begegnungsstätte hat den 54 Hektar großen Hof, der im Besitz des Herzogtums Württemberg ist, gepachtet. Auf dem Biolandhof finden psychisch Kranke und Menschen mit Behinderung eine Beschäftigung. Das ist auch der ursprüngliche Gedanke der Einrichtung Arbeg, die ihren Hauptsitz in Wernau hat. „Der Umgang mit Tieren ist ein wichtiger therapeutischer Aspekt und hilft den Beschäftigten, unterschiedliche Fähigkeiten zu trainieren“, erklärt Sabine-Beate Klein, die für das Marketing bei Arbeg zuständig ist.

Bei den Hühnern schlägt schon mal der Habicht zu

Neben Hühnern leben auf dem zertifizierten Biolandhof noch Gänse, Ziegen, Schweine und der Hofhund Ronja. Bei einem Gang über den Hof zeigt sich, dass auch die Gänse viel Auslauf haben. „Wir müssen aufpassen, dass sie nicht zu sportlich werden“, sagt Klein und lacht. „Soviel Platz wie sie hier haben!“ Immer im Grüppchen beisammen jagen die Gänse selbst dem Fuchs Angst ein. Das ist bei den Hühnern anders. „Da schlägt schon einmal der Habicht zu“, sagt Klein. „Häufen sich solche Vorfälle, bekommen wir das schnell zu spüren, auch finanziell. Wir sind ja kein Großbetrieb, und bei rund 140 Hühnern kennt man jedes Tier persönlich.“

Bei den Namensgebern des Hofs, den Ziegen, geht es da gelassener zu. Während die ein Teil der Tiere ein paar Kilometer entfernt auf der Weide ist, befinden sich die Jungtiere im Stall. Unter ihnen ist Oskar, das Hofmaskottchen. Er stammt aus einem Dreierwurf. Da eine Ziege in der Regel höchstens Zwillinge auf die Welt bringt, weil sie nur zwei Zitzen hat, musste der kleine Bock von Hand aufgezogen werden. „Seitdem ist er sehr menschenbezogen, lieb und verschmust“, erklärt Marianne Hertle, die Arbeg-Geschäftsführerin, während sich Oskar daran macht, Notizzettel zu verspeisen.

An der „Ziegenguillotine“, wie die Mitarbeiter des Hofs den selbst gefertigten Tisch nennen, auf dem die Ziegen gemolken werden, geht es heiß her. Während acht Ziegen über eine Rampe zu ihrem Platz wandern, ihre Köpfe in eine Öffnung stecken und Kraftfutter verspeisen, wird ein Holzbrett heruntergeklappt, so dass die Tiere wegen der Hörner nicht mehr zurückkönnen. Dann können die Mitarbeiter Hand anlegen und melken. Zurück geht es für die Tiere treppab auf der anderen Tischseite.

Mitarbeiter können eigene Ideen miteinbringen

„Eigentlich wollten wir heute mit der Heuernte beginnen, aber das Wetter spielt nicht so ganz mit“, sagt Hertle und blickt in den wolkenverhangenen Himmel. Aber es gebe hier ohnehin immer etwas zu tun, sagt sie. Oft stünden Sonderarbeiten an, bei denen auch die Mitarbeiter ihre Ideen einbringen könnten.

Der mobile Hühnerstall, ein umgebauter Bauwagen, bietet Raum für das Federvieh. Dass Hühner etwas auf dem Kasten haben, zeigt sich an einer Erzählung Hertles: „Eine Zeit lang stolzierten immer zwei Hühner über den Hof. Wir wunderten uns, wie das möglich ist, denn die Gehege sind mit einem Stromzaun gesichert. Eines Tages stellte sich heraus, dass die Vögel festgestellt hatten: wenn man auf das Holztörchen springt, passiert nichts. So sind die zwei jeweils entkommen“, sagt Hertle und lacht. Seitdem verhindert eine große Spitze auf dem Tor einen Ausflug des Federviehs.