Ein australisches Paar lässt seine Zwillinge von einer Leihmutter in Thailand austragen. Nach der Geburt nehmen die Eltern nur das Mädchen an und lassen den Jungen mit Down-Syndom zurück. Die Öffentlichkeit reagiert empört – und spendet.

Sydney/Bangkok - Das Schicksal eines in Thailand geborenen Babys mit Down-Syndrom hat in Australien Empörung, aber auch eine Welle der Hilfsbereitschaft ausgelöst. Nachdem durch Medienberichte bekannt geworden war, dass ein australisches Paar eine thailändische Leihmutter mit einem behinderten Neugeborenen sitzen gelassen und nur dessen gesunde Zwillingsschwester angenommen hat, sind bis Sonntag umgerechnet mehr als 138 000 Euro auf ein Spendenkonto für den Jungen eingegangen. Der sechs Monate alte Gammy wurde mit Down-Syndrom geboren und braucht wegen eines angeborenen Herzfehlers teure Operationen. Unmittelbare Lebensgefahr für Gammy besteht vorerst nicht, denn er und seine Leihmutter in einer Privatklinik aufgenommen worden, wo der Kleine wegen einer Lungeninfektion behandelt werden kann.

 

Die Geschichte hat sowohl in Australien als auch in Thailand eine Debatte losgetreten. Die thailändischen Behörden haben inzwischen kommerzielle Leihmutterschaft untersagt. Australiens Premierminister Tony Abbott sprach von einem „unglaublich traurigen Fall“, der Einwanderungsminister Scott Morrison von einem „moralischen Dilemma“. Auf der Website, die für Gammy Geld sammelt, schreibt eine Jaquelene Close Moore: „Babys sind kein Produkt aus einem Laden, die bestimmte ,Anforderungen’ erfüllen müssen, die auf der Verpackung aufgelistet sind, um geschätzt zu werden.“ Ein anderer kommentiert, die biologischen Eltern seien „Monster“. Zeitungen verdammten die Handlung des unbekannten Paares als „Ekel erregend selbstsüchtig“. Am Sonntagabend liefen Berichte in sämtlichen australischen Nachrichtensendungen zur besten Sendezeit.

Gammy wohl bei seiner thailändischen Familie aufwachsen

Die 21-jährige Leihmutter Pattharamon Chanbua hatte Gammy und seine gesunde Zwillingsschwester vor sechs Monaten geboren. Die australischen Eltern hatten der Frau über eine Agentur umgerechnet etwa 10 000 Euro für das Austragen der Babys bezahlt. Nach Medienberichten hatte ein Vertreter der Agentur die Leihmutter zu einer Abtreibung aufgefordert, als Tests im vierten Schwangerschaftsmonat ergaben, dass eines der Kinder mit Behinderung zur Welt kommen würde. Chanbua, die bereits zwei eigene Kinder im Alter von sechs und drei Jahren hat, weigerte sich wegen ihres buddhistischen Glaubens. Sie hat die Eltern nie getroffen, unmittelbar nach der Geburt kam lediglich der Agent, holte nur die Schwester ab und ließ Gammy zurück.

Chanbua hat den Jungen angenommen, wie sie dem australischen Fernsehsender ABC berichtete. „Ich liebe ihn, als wenn er mein eigener Sohn wäre, und ich behandele ihn wie meine eigenen Kinder.“ An das australische Paar denke sie nicht oft. „Vielleicht haben sie ihre eigenen Probleme“, sagte sie. „Mein Traum ist, dass Gammy ein guter Mensch wird. Ich werde ihn immer unterstützen, meinen Jungen.“ Die Frau, die etwa 90 Kilometer südlich von Bangkok zu Hause ist und in einer Garküche arbeitet, wollte mit dem Geld für die Leihmutterschaft eigentlich Schulden abbezahlen und die Ausbildung ihrer Kinder finanzieren. Sie hat versprochen, andere behinderte Kinder in Thailand zu unterstützen, wenn die Spenden die Kosten für Gammys Behandlung überschreiten sollten. Peter Baines, der Gründer der Hilfsorganisation Hands across the Water, die die Spenden verwaltet, sagte der Nachrichtenagentur AFP, die Beiträge hätten das ursprüngliche Ziel schon weit übertroffen.

Leihmutterschaft – die rechtliche Regelung

Leihmutterschaften sind in Australien nur erlaubt, wenn über die Erstattung medizinischer Kosten hinaus kein Geld fließt. Nach Schätzungen der Beratungsorganisation Surrogacy Australia reisen daher jedes Jahr 400 bis 500 Paare in asiatische Länder wie Indien oder in die USA, um dort von Leihmüttern ihre Wunschkinder austragen zu lassen.

Aufgrund von Gammys Schicksal haben die thailändischen Behörden die kommerzielle Leihmutterschaft jetzt untersagt.

Das seit 1991 geltende Embryonenschutzgesetz verbietet Leihmutterschaften in Deutschland. Ärzte und Vermittler können rechtlich belangt werden.