Warum passen zwei Menschen zusammen? In einer Serie sprechen besondere Paare über ihr Leben. Zum Auftakt: das Paartherapeuten-Ehepaar Bettina Jellouschek-Otto und Hans Jellouschek

Reportage: Frank Buchmeier (buc)

Ammerbuch - Hans Jellouschek schreibt Bücher wie „Die Kunst, als Paar zu leben“ oder „Liebe auf Dauer“. Der promovierte Theologe und Eheberater betreibt seit 1998 in Ammerbuch-Entringen eine Psychotherapiepraxis, die mittlerweile von seiner Frau Bettina Jellouschek-Otto geleitet wird.

 
Frau Jellouschek-Otto, Herr Jellouschek, gibt es ein Rezept für eine glückliche Paarbeziehung?
Bettina Jellouschek-Otto Ein Patentrezept gibt es nicht. Sicherlich hilft es, wenn es den Partnern gelingt, ihre eigenen Verhaltensmuster zu erkennen. Ich lasse mir beispielsweise ungern reinreden. Wenn ich mir etwas vorgenommen habe, ziehe ich es durch. Diese Tendenz zur Autonomie kann eine Zumutung für meinen Mann sein. Andererseits gelingt es Hans immer wieder, mir zu vermitteln, dass ich keine Grenze um mich ziehen muss, sondern mit ihm ständig im Kontakt bleiben und dennoch meine Ziele verfolgen kann.
Hans Jellouschek Damit sind wir bereits bei einer zentralen Frage: Wie können Partner vermeiden, sich in Gegensätze zu manövrieren – der eine lebt nur seine Autonomie, der andere wünscht sich nur eine engere Bindung? Je mehr der eine die engere Bindung reklamiert, desto mehr betont der andere seine Autonomie. Das ist eine Entwicklung, die eine Eigendynamik bekommt: Ich muss meine Seite behaupten, weil mein Partner seine Seite behauptet. Die Polarisierung nimmt zu, der Beziehungskonflikt eskaliert. In der Paartherapie betonen wir: Es gibt immer auch die andere Seite, und der Partner hat immer auch ein Teilrecht. Meistens gelingt es, das Entweder-oder durch ein Sowohl-als-auch zu ersetzen. In unserer Praxis erleben wir, dass ein Neustart möglich ist, wenn beide Partner bereit sind, etwas dafür zu tun.
Sie trennen 16 Lebensjahre. Wie wirkt sich dieser Altersunterschied auf Ihre Beziehung aus?
Bettina J.-O. Wir befinden uns in unterschiedlichen Lebensphasen: Ich stehe mitten im Berufsleben, bin ziemlich umtriebig, Hans hat sich dagegen teilweise zur Ruhe gesetzt. Von daher haben wir auch ein unterschiedliches Energielevel. Hans bringt Konstanz in mein Leben, und ich bringe immer wieder neue Anregungen in sein Leben.
Hans J. Natürlich würde ich mir wünschen, dass Bettina mehr Zeit mit mir verbringt. Aber ich bin selbst dafür verantwortlich, die Tage so auszufüllen, dass mir meine Frau nicht allzu sehr fehlt. Entscheidend ist für mich, dass Bettina verlässlich ist, dass sie wirklich um 18 Uhr heimkommt, wenn sie mir versprochen hat, um 18 Uhr zu Hause zu sein.
Wie haben Sie sich kennengelernt?
Bettina J.-O. Bei einem experimentellen Singworkshop. Mir gefiel, wie ausdrucksvoll Hans die Schumann-Lieder interpretierte.
Hans J. Einige Jahre nach dem Singworkshop begegnete ich Bettina in Tübingen zufällig wieder und lud sie auf einen Kaffee ein. Meine Frau Margarete war zuvor gestorben, und Bettina befand sich mit ihrem damaligen Mann in einer tiefen Krise, die dann zur Trennung führte. Ich weiß noch, wie sie mir erzählte, dass sie allein drei Tage über die Alb gewandert war – quasi um ihr altes Leben hinter sich zu lassen. Etwa zwei Jahre nach diesem Wiedersehen haben wir geheiratet, sind aber noch nicht zusammengezogen.
Warum nicht?
Hans J. Weil Bettinas Sohn und ihre Tochter noch bei ihr wohnten und ich aus meiner therapeutischen Arbeit weiß, dass Kinder oft Mühe haben, den neuen Partner zu akzeptieren. Zumal meine eigenen Kinder längst erwachsen waren und ich an den Lebensstil von Teenagern nicht mehr gewohnt war. Ich wollte Bettina vor einem Solidaritätskonflikt bewahren. Also warteten wir. 2002 machte ihre Tochter das Abitur und ging auf eine Weltreise, ihr Sohn zog zum Vater. Daraufhin gab Bettina ihre Wohnung auf und kam zu mir nach Entringen.