100 Jahre Panama-Kanal: Die Passage durch die 80 Kilometer lange Wasserstraße ist ein landschaftliches und technisches Erlebnis.

Noch vor Sonnenaufgang tummeln sich die ersten Passagiere an Deck. Den Kaffeebecher in der Hand, Fotoapparat oder Camcorder über die Schulter gehängt, sind sie bereit für das besondere Erlebnis dieser Kreuzfahrt - die Fahrt durch den Panama-Kanal. Die „MS Zaandam“ nähert sich von atlantischer Seite, aus der Karibik, der Bahia Limón, wo zahlreiche Schiffe auf Reede liegend auf ihre Weiterfahrt warten. Sie passiert die panamaische Hafenstadt Colón und schwenkt kurze Zeit später in den Zufahrtskanal zu den Gatun-Schleusen ein. „All decks open“, hatte Kapitän Peter Jan van Maurik für den heutigen Tag angekündigt und damit auch den Bugbereich für Schaulustige geöffnet. Die Passagiere suchen sich in der Morgendämmerung „ihren“ Beobachtungsposten. Bereits in der Nacht ist der Lotse an Bord gekommen und hat das Steuer auf der Brücke übernommen. Nun bewegt sich das Schiff wie in Zeitlupe zur ersten Schleuseneinfahrt.

 

Der Panama-Kanal wird 100 Jahre alt. Am 15. August 1914 durchfuhr mit der „SS Ancon“ das erste Schiff die neue, rund 80 Kilometer lange Wasserstraße. Sie verkürzt den Seeweg von New York nach San Francisco von 22 000 auf unter 10 000 Kilometer. Das technische Meisterwerk wurde in zwei Etappen zwischen 1880 und 1914 von Franzosen und Amerikanern gebaut. Während der Bauarbeiten verloren mehr als 30 000 Menschen in der Sumpflandschaft ihr Leben; sie starben bei Unfällen, an Malaria, Gelbfieber und Schlangenbissen. Die Amerikaner investierten 375 Millionen US-Dollar und kontrollierten den Kanal bis 31. Dezember 1999. Seither ist er „Eigentum des panamaischen Volkes“. Vorsichtig bugsiert der Lotse den Kreuzfahrtriesen in die Schleusenkammer.

Jedes Jahr passieren bis zu 14.000 Schiffe den Kanal

Die Passagiere auf den Außendecks fühlen sich wie in einem Schuhkarton: Nur wenige Zentimeter von der Reling entfernt erhebt sich senkrecht die Schleusenwand. Vor und hinter dem Schiff geschlossene Schleusentore. Scheinwerfer erhellen die gespenstische Szenerie. Surrende und brummende Geräusche, dann das Gurgeln der Wassermassen, die das Schiff in nur acht Minuten um knapp neun Meter anheben. Jedes Jahr passieren bis zu 14 000 Schiffe den Kanal; doch nur 200 davon sind Kreuzfahrtschiffe. Die Passage ist ein technisches und landschaftliches Erlebnis: Sowohl von atlantischer als auch von pazifischer Seite werden die Schiffe über ein Schleusensystem in den Kanal gebracht. Dabei funktionieren die Schleusen wie eine Art Wasserfahrstuhl, heben die Schiffe in drei Etappen und knapp einer Stunde um rund 26 Meter über Meereshöhe.

Dann fahren diese auf dem Kanal quer durch den tropischen Regenwald, durch künstlich aufgestaute Seen und die kontinentale Wasserscheide bis an die jeweils andere Küste, wo sie über wiederum drei Schleusen-kammern auf Meeresniveau abgesenkt werden. Über Bordlautsprecher erklärt Reiseleiter Patrick das Schleusenmanöver: „Beobachten Sie die kleinen Lokomotiven rechts und links der Schleusenkammer. Sie werden „Mulis“ genannt wie die Lasttiere und halten unser Schiff an der Leine.“ Die kleinen Zahnradbahnen - je nach Größe des Schiffes werden bis zu acht eingesetzt - bremsen und stabilisieren den Kreuzfahrtriesen in den Schleusenkammern. Kaum hat die „Zaandam“ die erste Stufe der „Bergfahrt“ erklommen, öffnen sich die vorderen Schleusentore.

Der Lotse steuert das Schiff voran in die nächste Kammer. Noch ein weiteres Mal wiederholt sich der Vorgang, dann hat die „Zaandam“ den Gatunsee erreicht, eine riesige künstlich aufgestaute Wasserlandschaft mit großen und kleinen Inseln, zahllosen Buchten, Seitenarmen und fjordähnlichen Einschnitten. Der Urwald reicht bis dicht ans Wasser. Exotische Baumriesen, Palmen, Mangroven, Kletterpflanzen und Buschwerk verflechten sich zu einer grünen Wand. Es herrscht reger Verkehr. Bis zu 40 Schiffe täglich können den Panama-Kanal befahren, der Betrieb läuft rund um die Uhr an 365 Tagen im Jahr. Eine einträgliche Einnahmequelle für den Staat Panama. „Warum haben Sie Ihre Kreuzfahrt nach Südamerika nicht am Pazifik statt in Fort Lauderdale begon-nen?“, scherzte Kapitän van Maurik noch am Vortag mit seinen Passagieren. „Das hätte der Reederei 200.000 Dollar für die Kanaldurchfahrt gespart.“

Nachts ist es deutlich billiger als bei Tag

Transitgebühren werden nach Größe des Schiffes, der Ladung beziehungsweise der Zahl der Passagiere berechnet. Den höchsten Preis unter den Kreuzfahrtschiffen muss die „Norwegian Pearl“ zahlen: rund 300 000 US-Dollar. Nachts ist es deutlich billiger als bei Tag - für Kreuzfahrtschiffe keine Option, möchten die Passagiere doch in den Genuss des Schauspiels kommen. Wer es noch im Original erleben möchte, muss sich allerdings beeilen. Denn im kommenden Jahr sollen Modernisierung und Ausbau des Kanals fertig sein. Die neuen Schleusenkammern werden dann 427 statt 320 Meter lang und 55 statt 33 Meter breit sein. Auch die Dienste der Treidelloks sollen der Vergangenheit angehören und durch jeweils zwei Schlepper pro Schiff ersetzt werden.

Dann können auch moderne, größere Container- und Kreuzfahrtschiffe die Wasserstraße nutzen. Nach der Weite des Gatunsees erreicht die „Zaandam“ das Dorf Gamboa - direkt am Ufer liegt eine Art Betriebshof mit Werkstätten und schwerem schwimmenden Gerät für die Unterhalts- und Baggerarbeiten im Kanal. Hier folgt der engste Teil der Wasserstraße, der Culebra Cut, knapp 14 Kilometer durch Fels und Schiefer der kontinentalen Wasserscheide geschnitten. Eigentlich ist der Kanal auf der gesamten Strecke „zweispurig“, kann also im Gegenverkehr befahren werden. Doch Tagesbaustellen zur Instandhaltung und für Baggerarbeiten fordern immer wieder streckenweise Einbahnverkehr und ver-längern damit die Passagezeiten.

An der letzten Schleuse wird dem Kreuzfahrtschiff ein tosender Empfang bereitet. Hunderte begeisterter Besucher bevölkern Terrassen und Balkone des Miraflores Visitors Center. Während die „Zaandam“ zum letzten Mal von den Treidelloks in die Schleusenkammer begleitet wird, mobilisiert eine Sprecherin des Besucherzentrums einen vielstimmigen Begrüßungschor: „Bienvenidos, Bienvenue, Welcome to Panama . . . und Bon Voyage, Farewell, Auf Wiedersehen.“ Alle winken, schwenken Tücher, Hüte und Kappen und werden ebenso euphorisch von den Passagieren zurückgegrüßt.

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Infos zu Panama

Anreise
Infos zu den Abfahrtshäfen der Kreuzfahrten im Reisebüro oder unter www.swoodoo.com und www.skyscanner.de .

Veranstalter
Kreuzfahrten durch den Panama-Kanal werden von verschiedenen Reedereien angeboten, unter anderem von: Norwegian Cruise Line (NCL) mit der „Norwegian Star“ oder „Norwegian Pearl“ ab Miami nach Los Angeles oder umgekehrt, 13-15 Nächte ab rund 900 Euro pro Person in der Innenkabine; Holland America Line mit der „Westerdam“ von Fort Lauderdale nach San Diego, 14 Tage ab rund 1400 Euro pro Person in der Innenkabine, 18 Nächte von Fort Lauderdale nach Seattle ab rund 2000 Euro; Princess Cruises mit der „Island Princess“ von Fort Lauderdale nach Los Angeles oder umgekehrt, 15 Tage ab rund 1400 Euro pro Person in der Innenkabine; Royal Caribbean mit der „Legend of the Seas“ von Fort Lauderdale nach San Diego, 15 Tage ab rund 1200 Euro pro Person in der Innenkabine.

Weitere Angebote im Reisebüro oder im Internet auf www.e-hoi.de , www.kreuzfahrten.de oder www.kreuzfahrtberater.de

Allgemeine Infos
Allgemeine Infos über Panama auf der offiziellen Seite der Republik Panama (auch auf Deutsch): www.visitpanama.com

Informationen, Bilder und Videoanimationen über den Panama-Kanal und die neuen Schleusen (auf Englisch) auf www.pancanal.com , Stichwort Multimedia.

Reisezeit
Panama liegt in Zentralamerika und hat das ganze Jahr über Temperaturen von 29 bis 32 Grad am Tag und 23 bis 25 Grad bei Nacht. Beste Reisezeit sind die Monate Oktober bis April, in den Sommermonaten muss vor allem in den Nachmittagsstunden mit Regenschauern gerechnet werden.