Der Vater von David Cameron und seine Finanzgeschäfte wirken sich nachteilig auf den britischen Premier aus. Nun tauchen Dokumente auf, die nahe legen, dass der konservative Parteichef versucht haben könnte, die Durchleuchtung von Steueroasen zu verhindern.

Korrespondenten: Peter Nonnenmacher (non)

London - Der britische Premier David Cameron sieht sich durch die „Panama-Papers“ zu immer neuen Erklärungen persönlicher wie politischer Art genötigt. Dem Regierungschef wird nicht nur vorgehalten, seinen privaten Wohlstand fragwürdigen Bereicherungsmethoden seiner Familie zu verdanken - und womöglich in den letzten Jahren noch Geld aus Trusts in Steueroasen bezogen zu haben. Cameron wird auch beschuldigt, andere europäische Regierungen von der Durchleuchtung von Offshore-Trusts abgehalten zu haben. In einem von der „Financial Times“ aufgespürten Brief von 2013 an den damaligen EU-Präsidenten Herman Van Rompuy hatte der Brite geraten, die geplante Registrierung von Nutznießern von Offshore-Finanzvehikeln auf den Unternehmens-Bereich zu beschränken. Für Trusts sei so etwas nicht unbedingt geeignet, schrieb Cameron damals: „Wichtig ist, dass wir die Bedeutung der Unterschiede zwischen Firmen und Trusts verstehen.“ Im Grunde reiche, was Trusts angehe, ein vertraulicher Informationsaustausch zwischen Steuerbehörden verschiedener Länder.

 

Der Premier, fügte ein Regierungssprecher jetzt hinzu, habe damals einfach befürchtet, dass die Jagd auf Trusts von anderen, wichtigeren Zielen im Kampf gegen Steueroasen „ablenken“ könne. Mittlerweile fragen Camerons Kritiker freilich, ob der Regierungschef damit nicht vielleicht von seiner eigener Verbindung zu Steueroasen habe ablenken wollen. Seit nämlich die „Panama Papers“ ans Tageslicht brachten, dass Camerons Vater Ian über den Offshore-Trust „Blairmore Holdings Inc“ fast dreißig Jahre lang sich und einer reichen Klientel für globale Geldgeschäfte Steuerfreiheit in Großbritannien verschaffte, ist der Premier zunehmend unter Rechtfertigungsdruck geraten. Anfangs glaubte David Cameron noch, sich mit der Bemerkung „Das ist eine Privatangelegenheit“ aus der Affäre ziehen zu können. Danach sah er sich aber zu drei weiteren, spezifischeren Stellungnahmen gezwungen. Mit denen suchte er klar zu stellen, dass weder er noch seine Frau oder Kinder aus irgendwelchen Offshore-Funds oder Offshore-Trusts „in Zukunft Nutzen ziehen“ würden.

Plötzlich gibt Cameron klein bei

Darüber, ob er in der Vergangenheit bereits von solchen Finanz-Vehikeln profitiert habe, wollte er sich bis zum späten Donnerstagabend nicht äußern. Dann gab er plötzlich klein bei - und bekannte, dass er und seine Frau Samantha bis kurz vorm Einzug in No.10 Downing Street im Jahr 2010 „Blairmore“-Aktien im Wert von 30.000 Pfund besaßen. Diese Aktienpakete, sagte Cameron, habe er damals abgestoßen. Er habe „nichts zu verbergen“ und habe alle nötigen Steuern bezahlt. Fest steht inzwischen, dass „Blairmore“ von Ian Cameron in Panama registriert wurde, weil der Fonds auf diese Weise „im Vereinigten Königreich nicht zur Zahlung von Körperschafts- oder Einkommenssteuer verpflichtet“ war. Der Londoner Times zufolge warf „Blairmore“ im Jahr durchschnittlich 116 Prozent Profit ab. Auf der Reichenliste der Sunday Times von 2009 fand sich Ian Cameron mit einem Vermögen von rund 10 Millionen Pfund. Man müsse sich fragen, ob die Schulgebühren David Camerons in der Eliteschule Eton „durch Steuerschwindel“ finanziert wurden, meinte am Donnerstag der linke Labour-Abgeordnete Paul Flynn.

Steuervermeidungs-Strategien verurteilt

2008 - als David Cameron schon konservativer Parteichef war, Panama aber mehr und mehr unter OECD-Druck kam - erkundigten sich die „Blairmore“-Direktoren bei Rechtsexperten in aller Stille nach den Vorteilen einer Verlegung des Fonds nach Bermuda oder auf die Cayman Islands. Dazu kam es allerdings nicht, und Ian Cameron starb im September 2010. Im Juni 2012 zog „sein“ Trust um nach Irland, um von den dortigen Niedrigsteuersätzen zu profitieren. Im selben Monat verurteilte David Cameron als Premierminister „aggressive Steuervermeidungs-Strategien“ als „ganz und gar unmoralisch“. Ein Jahr später, beim G8-Gipfel in Nordirland, sprach er sich dafür aus, mit Hilfe von Zentralregistern „voll auszuleuchten, wer was besitzt und wohin Geld wirklich fließt“. Die Total-Ausleuchtung von Trusts war aber offenbar nicht vorgesehen. Und dem britischen Fernsehkanal Channel 4 zufolge verzeichnete das Testament Ian Camerons höchstens ein Viertel seines wirklichen Vermögens. Ein Teil der undeklarierten Millionen soll bis heute auf der englischen Kanalinsel Jersey liegen. Der Umfang dieser Beträge musste bei der Vererbung nicht angegeben werden und ist darum nicht bekannt.