Zwei Jahre lang hat der Verein Panopticum die Pano.Bar in Stuttgart Rot betrieben. In dieser Zeit hat das Kollektiv seine Leidenschaft für elektronische Musik ausgelebt. Aber konnte ein alternativer Techno-Laden fernab der Innenstadt funktionieren? Bald ist auf jeden Fall Schluss.

Rot - Ambitioniert, gewagt, aber doch alternativlos. Zwei Jahre lang haben Liebhaber elektronischer Musik die Pano.Bar im Stadtteil Rot betrieben und ein Programm geboten, das Szenegänger eher aus Clubs der Stuttgarter Innenstadt kennen. Doch das Kollektiv hätte sich für sein experimentelles Projekt niemals Räumlichkeiten im Zentrum leisten können. Denn mindestens genauso ungewöhnlich wie das Programm, ist die Tatsache, dass die Macherinnen und Macher ein gemeinnütziger Verein sind.

 

Über eine Treppe an der Haldenrainstraße 66 geht es in eine dunkle Kellerbar. Vorstand Robin Seitter geht voran. Vorstandskollegin Jule Blanck wartet bereits in der Bar. Beide haben Vollzeitjobs, doch in einer Vereinsbar mit öffentlichem Betrieb fallen dieselben Arbeiten und Vorbereitungen an wie in jeder anderen Gastronomie. Bevor am Wochenende hier wieder pulsierende Bässe Raum und Körper erfüllen, heißt es Getränkebestellungen aufgeben, die Bar flottmachen und da sein, wenn der Lieferant das Leergut abholt.

Ein bisschen wie Jugendhaus für Erwachsene

Ein „normaler“ Verein ist Panopticum nicht. Das verrät allein schon der Name. Ein Panoptikum war ein Kuriosum, seltsam, wunderlich, eben nicht normal. Verwunderlich dürften viele Roter es vielleicht finden, dass direkt unter ihnen jedes Wochenende ein Etablissement seine Türen öffnet, das nicht nur klassische Technopartys mit DJs und elektronischer Live-Musik bietet, sondern auch Themenabende wie den Produzentenstammtisch oder die „Inklusive Disko“. „Solche Veranstaltungen rechnen sich nicht. Das können sich Läden in der Innenstadt gar nicht erlauben“, sagt Jule Blanck. Und auch der Verein kann sich das finanziell nicht unbedingt erlauben, aber Geld ist nicht der Antrieb der kreativen Gruppe, sondern die Liebe zur Musik und in diesem Zusammenhang die Möglichkeit, Dinge auszuprobieren. „Das ist hier ein bisschen wie Jugendhaus für Erwachsene“, beschreibt Blanck.

Großes Finale

Als Kollektiv sind sie bereits seit 2012 unterwegs. Den Verein Panopticum hat die Gruppe junger Techno-Begeisterter vor rund sechs Jahren gegründet. 60 Mitglieder sind es heute. Lange Zeit hatten sie ein Vereinsheim in Wangen. „Dort konnten sich die DJs vorbereiten“, sagt Robin Seitter, der selbst DJ in der Pano.Bar ist. Ihre Veranstaltungen fanden in Clubs zwischen Stuttgart und Schwäbisch Hall statt. Doch dann wurde das Gebäude in Wangen verkauft und es musste etwas Neues her. „Wir wollten etwas, wo wir auch Veranstaltungen machen können“, sagt Seitter. Durch etwas Glück fanden sie die Keller-Bar am Hans-Scharoun-Platz. In viel Eigenleistung haben sie die Einrichtung gebaut. Künstler haben Wände gestaltet und Jule Blanck hat ihre Ideen an der Bar ausgelebt.

Doch bald ist hier Schluss. Zwei Jahre lief der Mietvertrag, länger sei finanziell nicht tragbar. Ein bisschen Wehmut schwingt mit, sagen Jule Blanck und Robin Seitter, doch aktuell geht es ihnen nicht darum ans Ende zu denken, sondern daran, die kommenden Veranstaltungen bis Ende April so gut wie möglich auf die Beine zu stellen. Dann soll der Name Programm sein. So wie früher, als sie ihre Partys noch an wechselnden Locations wie dem Zollamt, dem Cue oder dem LKA veranstaltet haben und sich verkleidet, etwa als Frau mit Bart, geistlicher Feierbeistand oder Zyklopen, unter das Publikum gemischt haben. Ein technoid untermaltes Panoptikum eben.