Vor 50 Jahren haben 23 Schüler erstmals ein Abitur am Paracelsus-Gymnasium in Stuttgart-Hohenheim abgelegt. Beim Besuch der Schule haben sich die Goldabiturienten an die alten Zeiten erinnert – und die ein oder andere Erinnerung korrigieren müssen.

Hohenheim - Das 1966 bezogene Schulgebäude des Paracelsus-Gymnasiums-Hohenheim (PGH) ist in die Jahre gekommen und Bedarf stellenweise mehr als nur Kosmetik. „Genau wie wir“, frotzelte einer der inzwischen grau melierten Goldabiturienten, der dort 1968 mit 22 weiteren Absolventen sein Abitur gemacht hat – als erster Abijahrgang des PGH. Nach dem Ende der Schulkarriere kam der heute in der Schweiz lebenden PGH-Absolvent allerdings nie wieder an die Hohenheimer Schule – bis zum jüngsten Klassentreffen.

 

Um ihre Mitabiturienten noch einmal an den Ort zu bringen, wo sie vor 50 Jahren die allgemeine Hochschulreife erworben haben, hatten Peter Reichert und Bernhard Gramlich einen Besuch des PGH organisiert. Die meisten der Mitschüler schwelgten nach dem Betreten des Schulhauses schnell in Erinnerungen. Obwohl, so die überwiegende Meinung der Ex-PGHler, die Schuljahre davor im Hohenheimer Schloss intensiver und prägender gewesen seien. Nur die beiden letzten Schuljahre verbrachten sie in dem damaligen Neubau.

„Da durften wir früher nicht rein“, kommentierte ein Teilnehmer die Einladung Peter Knapps, bei dem Rundgang durch die Schule auch das Lehrerzimmer in Augenschein zu nehmen. Knapp, der von 1982 bis 2016 an der Schule unterrichtet hat und zuletzt zur Schulleitung gehörte, hatte die Führung der Gruppe von der verhinderten Rektorin Sabine Witzke übernommen. „Und es ist mir ein Vergnügen und eine Ehre“, so Knapp. Dies auch, weil er ein guter Freund des im Frühjahr verstorbenen Otto Hoffmann gewesen ist. Der wiederum war ein sehr geschätzter Junglehrer der ersten PGH-Abiturienten – und bei den seit 1988 jährlich organisierten Klassentreffen ein immer gern gesehener Gast.

Das Pfennigfuchsen hat Spaß gemacht

Generell bekommen die PGH-Schüler eine gute Basis für ihre berufliche Zukunft. „Doch inzwischen muss man hier ja auf die schiefe Bahn geraten“, mutmaßte ein Rundgang-Teilnehmer beim Blick auf den inneren Schulhof. Dort haben Wurzeln eines Baums für massive Verwerfungen im Bodenbelag gesorgt. Auch die schief stehende Tischtennisplatte verlangt den Nutzern einen guten Gleichgewichtssinn ab.

Schade für einige der Goldabiturienten: Ihre Namen sind – entgegen denen von späteren Schulabgängern – nirgends im Gebäude zu finden. „Die gehören da eigentlich in die Mauer gemeißelt“, so einer der Besucher beim Blick auf eine Reihe von Namen späterer Abiturienten, die auf einer Außenwand prangen. Dass für die Schüler heute anders als zu ihrer Zeit im Eingangsbereich Tischkicker stehen, finden die Goldabiturienten gut, dass das Pfennigfuchsen bei den Schülern indes nicht mehr hoch im Kurs steht, bedauert eine der Ex-PGHlerinnen: „Das hat immer so viel Spaß gemacht.“

Zahlreiche Anekdoten ausgetauscht

Im Musiksaal wurden Erinnerungen „an so manches Musikdiktat“ wach. Aber auch der eine oder andere falsche Eintrag im Gedächtnis musste dort korrigiert werden. So der einer Ex-Abiturientin, die zu wissen glaubte, dass ihre Klassenkameradin und gute Freundin damals keinen großen Zugang zur Musik hatte. „Singen konntest Du ja nicht“, meinte sie und erntete sofort Widerspruch: „Doch, das war das, was mir immer Spaß gemacht hat – korrigier’ Dein Gehirn“, erwiderte die Angesprochene lachend mit gespielter Empörung.

Im einstigen Klassenzimmer, das inzwischen als Computerraum dient, wurde eifrig über die frühere Sitzordnung diskutiert – und es wurden viele Anekdoten erzählt. Im Physikraum wurden Erinnerungen an den Fachlehrer wach. Diese waren so markant, dass einer der Goldabiturienten den Pädagogen spontan imitierte.

Unterschiedlich intensive Erinnerungen ans PGH

Bei dem heute in Norwegen lebenden Volkmar Kelle halten sich „die Erinnerungen und positiven Gefühle ans PGH in Grenzen, denn wir waren ja nur kurz hier“. Ähnlich sieht es die aus Berlin angereiste Angelika Thiekötter: „So richtig heimisch geworden bin ich hier nicht. Ich habe viel intensivere und schönere Erinnerungen an die Zeit im Schloss.“ Anders sieht es bei Stefan Schmid aus Schönberg aus. Er hat die Zeit am PGH zum Ende der Schullaufbahn vor allem „als befreiend“ erlebt. Es seien dort vermehrt junge Lehrer tätig gewesen. In den Jahren davor habe man vor allem „Lehrer der älteren Generation gehabt, die fachlich zwar hervorragend, menschlich aber teils deformiert“ gewesen seien.

Ihre zentralen Schulzeit-Erinnerungen haben auch die heute in Neu-Ulm lebende Sylvia Lenz und die in Tübingen wohnhafte Franziska Berreth ans Schloss, „mit dem Pausenhof samt Misthaufen und den am Klassenzimmer vorbeiziehenden Kühen“. Der Ort habe eine besondere Atmosphäre gehabt. Und beide erinnern sich, dass sie „in der großen Pause oft vom Schloss zur Volksschule“, der heutigen Körschtalschule, laufen mussten: „Dort haben wir Handarbeits- und Erdkundeunterricht gehabt.“