Andrea Rothfuss gewinnt auch bei ihren fünften Winter-Paralympics eine Medaille. In Peking holt die 32-jährige Skifahrerin aus Rommelshausen Edelmetall in ihrer Lieblingsdisziplin, dem Riesenslalom.

Als Andrea Rothfuss bewusst wurde, dass sie das fast Unmögliche nun doch geschafft hatte, dass sie auch bei ihren fünften Winterspielen der Behindertensportler – wie bei ihren vier Teilnahmen davor – eine Medaille gewonnen hatte, gab es kein Halten mehr. Die 32-Jährige, die in Rommelshausen lebt, vergoss Tränen der Freude und der Erleichterung. „Davon habe ich geträumt“, sagte sie, nachdem sie bei den Paralympics in Peking Bronze im Riesenslalom in der Stehendklasse geholt hatte.

 

„Als ich am Freitag am Start stand, habe ich mir gesagt: Beweg’ deinen Arsch“, verriet Andrea Rothfuss hinterher und entschuldigte sich mit einem Lächeln für die derbe Ausdrucksweise. Doch nach den beiden gelungenen Läufen im Riesenslalom-Parcours war schließlich aller Ballast von der Zollbeamtin abgefallen. Die Skiläuferin, der seit der Geburt die linke Hand fehlt, hatte ihr ganz großes Ziel erreicht – und ihre insgesamt 14. paralympische Medaille gewonnen.

Andrea Rothfuss holt ihre insgesamt 14. paralympische Medaille

Zweifel sind Andrea Rothfuss in den Tagen von Peking einige gekommen. Der vierte Platz in der Abfahrt zum Auftakt spülte Erinnerungen an die Weltmeisterschaften im norwegischen Hafjell im Januar hoch, als sie dreimal – in der Abfahrt, im Super-G und in der Super-Kombi – Vierte geworden war. Die Unsicherheit wuchs mit ihrem neunten Platz im Super-G, nach dem sie mit sich und ihrer Leistung gehadert hatte. Es folgte Teil eins der Super-Kombi, in der sie nach einem beherzten Lauf im Super-G am letzten Tor vorbeifuhr und im Slalom erst gar nicht antreten durfte. Der Druck, auch der eigene, wuchs mit jeder verpassten Chance, während die Optionen weniger wurden. „Ich hatte Angst, dass ich mir selber im Weg stehe.“

Die 32-Jährige will ihre sportliche Karriere noch nicht beenden

Der Griff nach einer Medaille war für Andrea Rothfuss in Peking so schwierig wie noch bei keinen Winterspielen davor. Die Jungen wie die Chinesin Mengqiu Zhang, Ebba Aarsjoe aus Schweden und die Kanadierin Mollie Jepsen drängen, und es gibt auch noch die starke französische Dauerkonkurrentin Marie Bochet. Sie werde angreifen und alles geben, hatte Andrea Rothfuss vor dem Riesenslalom am Freitag versichert. Zusätzlich motiviert hatten sie die Erfolge der Teamgefährtin. Bei der Siegerehrung von Anna-Lena Forster für deren ersten Platz in der Super-Kombi in der Sitzendklasse, habe sie sich so gewünscht, selbst auch noch einmal da oben zu stehen, erzählt Andrea Rothfuss. „Es ist Wahnsinn, einfach nur Wahnsinn, dass ich es tatsächlich erleben durfte.“

Das Unglaubliche gelang ihr in ihrer Lieblingsdisziplin Riesenslalom, den Mengqiu Zhang gewann. Silber ging an Mollie Jepsen. Für Andrea Rothfuss ist ihre bronzene Medaille von Peking so viel wert wie eine goldene. Dass die Erfahrene am Samstag beim abschließenden Slalom im ersten Durchgang ausschied, war nur eine Randnotiz. Zumal die 32-Jährige bereits erklärt hat, dass sie ihre sportliche Karriere noch nicht beenden wird. „Nächstes Jahr wartet die WM, und die höre ich ganz laut rufen.“ Auch einen Start 2026 bei den Paralympics im italienischen Cortina schloss Andrea Rothfuss nicht aus. „Es hat einen sehr, sehr großen Reiz.“