Bei warmen Temperaturen erscheint der Sprung in den Badesee besonders verlockend. Doch dort können gefährliche Blaualgen oder Parasiten lauern. Experten raten zu einigen Vorsichtsmaßnahmen.

Wochenend-Magazin: Markus Brauer (mb)

Berlin/Stuttgart - Die Zahl der Badeverbote für deutsche Gewässer wegen Blaualgen ist im Jahr 2018 auf einen Negativ-Rekord gestiegen. Im vergangenen Hitzesommer wurden deshalb 47 Verbote gemeldet, wie aus einer Antwort des Bundesumweltministeriums auf eine Anfrage der Grünen hervorgeht. Das sind fast drei Mal mehr als im Vorjahr: 2017 gab es 18 solche Verbote. Zuerst hatte der „Tagesspiegel“ über die Anfrage berichtet.

 

Von 2011 bis 2016 wurden demnach nie mehr als 15 Verbote wegen Blaualgenblüten (Cyanobakterien) verhängt. Diese hängen, so das Ministerium, insbesondere mit der Landwirtschaft und hohen Temperaturen zusammen.

Blaualgenblüte in Badeseen

„Eine massenhafte Entwicklung von Cyanobakterien ist insbesondere bei hohen Nährstoffgehalten zu erwarten, wobei hier der Phosphor für diese Algengruppe die herausragende Rolle spielt“, schreibt das Ministerium und fügt hinzu: „Für das Ziel einer Vermeidung sogenannter ‚Blaualgenblüten‘ in Badegewässern sollte daher der Fokus weiterhin auf einer Verringerung des Eintrags von Phosphor liegen.“ Eine Überarbeitung der Düngeregelungen sei in Arbeit.

Die parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen, Steffi Lemke, die die Anfrage gestellt hatte, warf der Bundesregierung Untätigkeit vor. „Die Klimakrise trifft uns in allen Lebensbereichen“, erklärte sie. „Statt kühler Erfrischung drohen in Hitzesommern wie 2018 in Zukunft Badeverbote. Blaualgen und andere Bakterien profitieren von den Extremwetterereignissen und den nährstoffbelasteten Gewässern.“

Kinder- und Jugendärzte warnen

Der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) warnt davor, das hohe Temperaturen in Badeseen die Bildung und Verbreitung von Blaualgen, Vibrionen und Zerkarien – also Larven von Saugwürmern – fördern können.

Anzeichen für einen möglichen Blaualgenbefall: Das Wasser sieht grünlich aus und ist so trüb, dass man die Füße im knietiefen Wasser nicht mehr sehen kann. Direkter Kontakt mit den Cyanobakterien und den Giften, die sie ausscheiden, kann Haut- und Schleimhautreizungen, Bindehautentzündungen und Ohrenschmerzen auslösen. Beim Verschlucken von belastetem Wasser kann es unter anderem zu Magen- und Darmbeschwerden sowie Atemwegserkrankungen kommen.

Der grün-blaue Bakterienfilm der Blaualgen konzentriert sich häufig in Ufernähe, so die Experten. Daher können etwa spielende Kleinkinder nicht nur über die Haut, sondern auch über Hand und Mund mit dem Gift in Kontakt geraten.

Zerkarien-Invasion in Gewässern

Zerkarien tummeln sich oft in stehendem Gewässer, insbesondere in der Nähe von Schilf. Oft merkt man das Eindringen der Larven in die Haut schon nach etwa zehn Minuten – durch fühlbares Jucken und Prickeln. Einige Stunden später bilden sich dann kleine rötliche Flecken. Der Ausschlag ist laut BVKJ nicht gefährlich und verschwindet meist bald von selbst. Jucken die Stellen stark oder entzünden sich, kann ein Arzt ein Gel zur Linderung verordnen.

Experten empfehlen daher, sich nicht allzu lange im seichten Wasser aufzuhalten. Wasserfeste Sonnencremes können zudem das Eindringen der Larven in die Haut erschweren. Nach dem Schwimmen sollte man zudem die Badekleidung sofort ausziehen und den Körper mit einem Badetuch kräftig abreiben. Das verringert die Zahl der Zerkarien auf der Haut.

Vibrionen-Alarm in der Ostsee

Die Stäbchenbakterien der Art Vibrio vulnificus sind mit dem Choleraerreger verwandt und können schwere Wundinfektionen hervorrufen. Die auch als Killerbakterien und fleischfressende Bakterien bekannten Vibrionen vermehren sich stark bei anhaltenden Wassertemperaturen über 20 Grad.

Vibrionen können über Hautverletzungen in den Körper eindringen und bei Menschen mit chronischen Grunderkrankungen und Älteren zu schweren Wundinfektionen und Sepsis (Blutvergiftung) führen.

Eine Urlauberin war Anfang August nach dem Baden in der Ostsee in Mecklenburg-Vorpommern an einer Vibrionen-Infektion gestorben. Bei der Toten handele es sich um eine ältere Frau, die zur Risikogruppe der immungeschwächten Personen gehörte, sagte eine Sprecherin des Landesamt für Gesundheit und Soziales (LAGus).

Seit Juni wurden vier weitere Personen mit einer Infektion durch gesundheitsgefährdende Bakterien gemeldet. 2018 registrierte die Behörde insgesamt 18 Erkrankungen, davon drei Sterbefälle.