Am Freitag wurden die drei letzten Parkuhren in Stuttgart abgebaut. Mit ihrem Ableben geht nun nach 60 Jahren die Ära der Zeitsäulen zu Ende. Ein Nachruf.

Stuttgart - Das Ende kam schnell und unerwartet: Eigentlich war die Parkuhr noch gar nicht abgelaufen. Ganze 18 Minuten Restlebenszeit blinkten wie im stummen Protest auf der Anzeige der alten Uhr, die als letzte ihrer Art noch bis zum Schluss im Dienst gewesen ist. Ihr Todestag, Freitag der 6. Oktober, ist ein sonniger Herbsttag, der Abbau dauert trotz Restlebenszeit nur fünf Minuten: Ein schnelles Schlüsseldrehen, dann springt der Uhrendeckel auf und gibt die Geldbuchse frei. Es folgt das Abmontieren der Halterung, die samt Sockel mit dem Gehäuse im Sprinter des Tiefbauamts verschwindet. Die letzten drei Parkuhren oder „Groschengräber“, wie sie auch genannt werden, hatten an der Daimlerstraße in Bad Cannstatt bis zuletzt der Euroumstellung und der Einführung der Parkscheinautomaten getrotzt.

 

Übergabe an den Parkscheinautomaten

„Ein bisschen wehmütig sind wir schon, aber die neuen Parkautomaten sind einfach günstiger“, gesteht Michael Hagmayer. Der Leiter vom Wartungsteam des Tiefbauamts Stuttgart ist für das Abbauen der letzten drei Zeitsäulen und die reibungslose Übergabe an den Parkautomaten verantwortlich. Mit dem Ableben der letzen ihrer Art endet nun auch in Stuttgart die Ära der Parkuhr nach über 60 Jahren. Im Zuge der dritten Ausbaustufe des sogenannten Parkraummanagements haben künftig die vollautomatischen digitalen Automaten auf allen Parkplätzen im Stadtgebiet das Sagen.

Die Geschichte der Parkuhr begann 1935 in den USA: In Oklahoma City feierte die erste Zeitsäule Premiere und wurde von ihrem Erfinder, der Lokalpolitiker Carlton Cole Magee, als ultimative Lösung des Parkproblems angepriesen. Die Bevölkerung der Stadt aber war wenig begeistert, protestierte und fällte einige der Automaten. Doch die „Schwarze Maria“, wie sie Magee liebevoll nannte, blieb, sagte Dauerparkern den Kampf an und sammelte Nickel um Nickel.

Die erste Parkuhr in Europa

1952 stellte Basel die ersten Parkuhren in Europa auf. Zwei Jahre später eroberten 20 sogenannte Parkografen Duisburg als erste deutsche Stadt. Telefon Normalzeit, Kienzle Apparate oder die Deutsche Parkometer GmbH statteten die Städte mit den Geräten aus. 45 verschiedene Modelle säumten zu Hochzeiten die Straßenränder der Bundesrepublik. Warf man ein Geldstück ein, setzte sich automatisch ein Mechanismus aus Federn und Zahnrädern in Gang, der die Parkzeit anzeigte. Ähnlich einer Eieruhr rechnete der Automat die Zeit zurück. Andere Modelle funktionierten halbmechanisch. Mit einem Hebel zog man die Uhr auf. Eine rote Scheibe im Sichtfenster zeigte an, wann die Zeit abgelaufen war.

In Stuttgart entschied man sich Mitte der 1950er Jahre für das Aufstellen der damals modernen Säulen. 1975 gab es bereits 3600 Stück, in den 80er Jahren sammelten rund 5000 Parkuhren fleißig Zehnerle und Markstücke. Mitte der 70er Jahre wurde die Wartung der Uhren Rentnern anvertraut, später wurde dies von der Stadt Stuttgart übernommen. Im Jahr 1977 rief die Aktion „Spendenparkuhr“ Autofahrer auf, freiwillig mehr zu bezahlen, als für die Parkdauer nötig. Das Geld kam damit behinderten Menschen zu Gute.

Das Ende der alten Zeitsäulen

Im Laufe der 90er Jahre begann die Stadt langsam mit der Umstellung auf Parkscheinautomaten, das endgültige Ende der Parkuhren läutete dann die Euroumstellung ein.

Einige der abgebauten Modelle und auch die letzten Parkuhren aus Bad Cannstatt werden heute im Betriebslager des Tiefbauamts aufbewahrt. „Ein Großer Teil aber wurde verschrottet, aber einige Exemplare haben wir an einen Sammler aus Nordrhein-Westfalen abgegeben“, erklärt Sven Schuster vom Tiefbauamt Stuttgart.