Heute ziehen Autofahrer in Stuttgart den Kürzeren. Einige Parkplätze werden zu Sitzgelegenheiten oder Kunstwerken. Dabei geht es vor allem um einen Denkanstoß.

Stuttgart - „Wir möchten die Diskussion anregen, wie der Raum genutzt und verteilt wird“, sagt Hanka Griebenow über die Aktion Parking Day. Die Initiatorin der in Stuttgart aktiven Bewegung steht dabei auf einer Fläche, auf der sonst Autos stehen. Am heutigen Freitag jedoch liegen dort Teppiche, auf denen wiederum Tische, Stühle, Hängematten und Blumenkästen stehen. Bei Kaffee und Keksen entstehen so Gespräche zwischen Anwohnern. An insgesamt zwölf Orten in der Stadt sind laut der Initiatorin am Freitag Parkflächen auf ganz verschiedene Weisen umgenutzt worden. Man wolle die Menschen dazu anregen, über eine bessere Lebensqualität im eigenen Viertel nachzudenken.

 

In einer Großstadt sind Nachbarn nur Unbekannte

„Es gibt kein Grün und nur die Minderheit hat hier ein Auto“, sagt eine Anwohnerin der Augustenstraße im Stuttgarter Westen. Vor ihrer Haustür hat sie zusammen mit Freunden und Bekannten ein paar Parkplätze umgenutzt. Mit der Aktion wolle man das eigene Viertel beleben und miteinander ins Gespräch kommen. In einer Großstadt wie Stuttgart, in der Nachbarn zu Unbekannten werden, wünscht sich die Anwohnerin mehr Kontakt und ein besseres Miteinander: „Es würde der Gegend gut tun. Es geht ja darum, ins Gespräch zu kommen und das klappt immer wieder.“

Tatsächlich halten an diesem sonnigen Freitagvormittag immer wieder Passanten an und kommen ins Gespräch. So wie etwa Reiner Nitsche. Der Anwohner aus Stuttgart-West sitzt für die Grünen im Bezirksbeirat. „Es geht hier um die Umnutzung von öffentlichen Flächen. Die Straßen sind ja für die Menschen“, findet der Lokalpolitiker. Der Bezirksbeirat habe bereits in der Verwaltung angeregt, dass die Genehmigungsverfahren für eine solche temporäre Umnutzung, auch für einen Zeitraum von mehreren Wochen oder Monaten, vereinfacht wird. „Ich stelle mir vor, dass Kinder hier wieder alltäglich auf den Straßen spielen“, so Nitsche.

„Im Grund ist es ein Denkanst0ß“

Auch Melanie Grocki und Peter Haury haben heute nur ein paar hundert Meter weiter fünf Parkplätze für sich in Anspruch genommen. Die Künstler vom Verein Oberwelt haben direkt vor ihrem Schaufenster ein Kunstwerk geschaffen. Mit Kreide malt Melanie Grocki Dreiecks-Muster auf die Straße. „Das ist eine Bodenzeichnung, die ich geschaffen habe, die sich mit der Frage der Überlagerungen beschäftigt“, sagt die Künstlerin über ihr Werk. „Der Gedanke ist, dass mit den Parkplätzen ja auch Nutzungsüberlagerungen geschaffen werden.“

Auf dem abgesperrten Bereich sind neben dem Kunstwerk auch ein sogenannter Wanderbaum und ein Holzauto, das eigentlich eine Sitzgelegenheit ist, zu finden. „Wie schön wäre es, wenn auf jedem fünften Parkplatz Bäume stehen würden?“, fragt sich Haury, während er auf die nahezu baumfreie Reinsburgstraße schaut. „Im Grund ist es ein Denkanstoß. Es müssen dort nicht fünf Autos stehen. Das kann dann ja auch hängenbleiben, dass man anders auf den Verkehr guckt“, sagt die Künstlerin Grocki.

Parking Day seit 2012 in Stuttgart

Die Aktion Parking Day gab es zum ersten Mal 2005 in San Francisco. Seit 2012 findet der Aktionstag an jedem dritten Freitag im September auch in Stuttgart statt. Laut der Initiatorin Griebenow machen bei der Initiative viele Privatleute und Künstler mit, aber auch Umweltorganisationen wie Greenpeace. Weitere Informationen zum Aktionstag in Stuttgart sind online zu finden.