Der bayerische Wahlerfolg beflügelt die Schwesterpartei in Baden-Württemberg. Doch die hat ein ganz spezielles Problem.

Stuttgart - Mit einem Ergebnis von 11,6 Prozent bei der Landtagswahl sind Bayerns Freie Wähler derzeit auf dem besten Weg zu einer Regierungsbeteiligung mit der CSU. Kein Wunder, dass die baden-württembergische Schwesterpartei geradezu euphorisch auf diesen Erfolg reagiert: „Wir sind sehr stolz darauf, dass Parteichef Hubert Aiwanger das geschafft hat und rechnen mit starkem Rückenwind für die Wahlen im nächsten Jahr“, sagt Klaus Wirthwein, der die Landesvereinigung der Freien Wähler in Baden-Württemberg anführt.

 

In Bayern hat es geklappt, auch in Hessen könnte die Partei am übernächsten Sonntag ein gutes Ergebnis einfahren, glaubt Wirthwein – warum nicht auch in Baden-Württemberg, das traditionell ja als Stammland der Freien Wähler gilt? Weil sie hierzulande ein ganz spezielles Problem haben: Es gibt nämlich außer ihnen noch einen Landesverband der Freien Wähler, und darin sind seit Jahrzehnten freie kommunale Wählergruppierungen organisiert, die mit Parteipolitik rein gar nichts am Hut haben.

Verwechslungsgefahr

Dieser unabhängige und auf Kommunalbelange fokussierte Kurs zahlt sich für den Dachverband – er ist als Verein organisiert – regelmäßig in Stimmen aus. „Wir sind die stärkste kommunalpolitische Kraft im Südwesten mit den meisten Sitzen in Gemeinderäten“, sagt Wolfgang Faißt, Bürgermeister von Renningen und Landesvorsitzender des Landesverbands der Freien Wähler. Dass sich vor acht Jahren eine Gruppe davon abgespaltet hat, die auch landes-, bundes- und europapolitisch tätig sein will, ficht ihn nicht an. Faißt: „Wir wollen keine Partei sein, und das wird von der breiten Mehrheit bei uns geteilt.“

Diese unterschiedlichen Positionen könnten beide Seiten nun einfach so stehen lassen – träten sie nicht mit ein- und demselben Namen vor die Wähler. Freie Wähler sind Freie Wähler – und doch wieder nicht. Weil dies den Wahlbürger verwirren kann, wurden schon mehrfach die Gerichte bemüht. Doch die Namensschutzklage des Landesverbands gegen die Landesvereinigung hatte keinen Erfolg: Beide Vereinigungen, so urteilte das Nürnberger Oberlandesgericht, müssen die Verwechslungsgefahr hinnehmen.

Kontaktsperre

Diese Gefahr wollen die Freien Wähler (Landesverband) aber nicht noch dadurch vergrößern, dass sie mit den Freien Wählern (Landesvereinigung) gemeinsame Sache machen. Immer wieder versucht nämlich deren Vorsitzender Wirthwein, seinen Kollegen zu einem „Gedankenaustausch“ zu treffen, wie er ihm erst im vergangenen August wieder per Mail angeboten hat. Man könne sich doch im Hinblick auf die Kommunal- und Europawahl 2019 absprechen, schlug Wirthwein vor – auch mit Blick auf die immer stärker werdende AfD. „Wir könnten uns auch eine Unterstützung des Verbandes in vielerlei Hinsicht vorstellen“, schrieb er: „Wo Freie Wähler des Verbands kandidieren, treten wir als Partei nicht an.“

Doch Faißts Antwort könnte abweisender kaum sein. Er sehe „keinen Anlass für einen Gedankenaustausch“, beschied er seinen Kollegen, denn es gebe zwischen der Freien Wähler Partei „und dem Original der Freien Wähler im Landesverband“ keine Berührungspunkte. „Mit Befremden“ nehme er auch zur Kenntnis, dass es solche Kontaktversuche auch auf lokaler Ebene gebe. Und was die angebotene Absprache bei den Wahlen 2019 angehe, stelle er fest, „dass Ihre Partei bei diesen Wahlen ohnehin keine Chancen in Baden-Württemberg hätte“. Er lege also „keinen Wert auf weitere Gespräche“.

Prinzip Hoffnung

Eine „arrogante und freche Antwort“ sei das, ärgert sich Wirthwein. Dabei gebe es doch bei vielen Themen Konsens, zum Beispiel bei der Haltung zum neunjährigen Gymnasium: „Da könnten wir doch Einfluss nehmen.“ Doch darauf legen die kommunalpolitisch aktiven Freien Wähler keinen Wert: „Wir können auf unseren Kanälen mehr bewirken als die kleine parteipolitische Splittergruppe“, sagt Landeschef Faißt. Er spricht damit den Umstand an, dass die namensgleiche Partei in Baden-Württemberg bisher fast jeden ihrer Wähler mit Handschlag begrüßen konnte: Bei der Bundestagswahl 2017 kam sie auf 0,7 Prozent (Zweitstimmen), bei der Landtagswahl 2016 auf 0,1 Prozent. Doch Wirthwein ist überzeugt, dass sich das bald ändert.