Die US-Senatorin Harris schreibt Geschichte. Erstmals nominierte eine der beiden großen Parteien eine schwarze Frau als Vizepräsidenten-Kandidatin. Ex-Präsident Obama lief auf dem Parteitag der Demokraten zu großer Form auf.

Milwaukee - Die Senatorin Kamala Harris ist jetzt offiziell Vize-Kandidatin der US-Demokraten bei der Präsidentenwahl am 3. November. Die 55-Jährige erlebte am Mittwochabend (Ortszeit) einen historischen Moment: Noch nie zuvor hatte es eine schwarze Frau und Tochter von Einwanderern geschafft, von einer der beiden großen Parteien für ein solches Spitzenamt nominiert zu werden. Harris tritt bei der Wahl gemeinsam mit Joe Biden gegen den republikanischen Amtsinhaber Donald Trump und seinen Vizepräsidenten Mike Pence an.

 

Harris warb auf dem Parteitag der US-Demokraten mit einer Botschaft aus Einheit und Hoffnung um die Gunst der Wähler. „Wir müssen einen Präsidenten wählen, der etwas anderes, etwas Besseres bringt“, sagte sie in ihrer bislang politischsten Rede. „Einen Präsidenten, der uns alle - Schwarze, Weiße, Latinos, Asiaten, Indigene - zusammenbringt, um die Zukunft zu erreichen, die wir uns gemeinsam wünschen.“ Sie fügte hinzu: „Lasst uns mit Hoffnung kämpfen.“

Scharfe Kritik von Barack Obama

Harris warf dem amtierenden Präsidenten Trump in ihrer Rede vor, Tragödien als politische Waffen zu nutzen. Wesentlich schärfer ging der frühere US-Präsident Barack Obama mit seinem republikanischen Vorgänger ins Gericht: „Donald Trump ist nicht in den Job hineingewachsen, weil er es nicht kann. Und die Folgen dieses Versagens sind schwerwiegend“, sagte Obama beim virtuellen Parteitag der Demokraten, zugeschaltet von Philadelphia. Trump habe die Macht seines Amtes lediglich dafür genutzt, sich selbst und seinen Freunden zu helfen. Die Präsidentschaft habe er behandelt wie „eine weitere Reality-Show, mit der er die Aufmerksamkeit bekommen kann, nach der er sich sehnt“.

Obama sprach mit Blick auf die Wahl am 3. November eine düstere Warnung aus: „Diese Regierung hat gezeigt, dass sie unsere Demokratie niederreißen wird, wenn das nötig ist, um zu gewinnen.“

Mit Kritik an seinem Nachfolger hat sich Obama bislang zurückgehalten, während Trump ihn ständig attackiert. Generell ist es nicht üblich, dass ein Altpräsident den Amtsinhaber scharf kritisiert. Er verteidigte dies: „Es ist keine normale Zeit. Also möchte ich heute Abend so deutlich sagen, wie ich darüber sprechen kann, was bei dieser Wahl auf dem Spiel steht.“ Es gehe um die Demokratie, warnte Obama. Was in den kommenden 76 Tagen passiere, werde sich auf die folgenden Generationen auswirken.

Redner attackierten Trump

Auch die übrigen hochkarätigen Redner des Abends attackierten den Amtsinhaber. Die frühere Außenministerin, Senatorin und First Lady Hillary Clinton, die Trump bei der Wahl 2016 unterlegen war, sagte: „Ich wünschte, Donald Trump wüsste, wie man ein Präsident ist. Weil Amerika jetzt sofort einen besseren Präsidenten braucht.“ Sie appellierte an ihre Landsleute: „Wählen Sie, als stünden unsere Leben und unsere Lebensgrundlagen auf dem Spiel, denn das tun sie.“

Obama sagte: „Ich hatte gehofft - im Interesse unseres Landes -, dass Donald Trump etwas Interesse daran zeigen würde, den Job ernstzunehmen; dass er das Gewicht dieses Amtes spüren und etwas Ehrfurcht vor der Demokratie entdecken würde, die ihm anvertraut wurde. Aber er hat es nie getan.“ Der 59-Jährige rief die Amerikaner auf, mit ihrer Stimmabgabe dafür zu sorgen, „dass die Grundprinzipien unserer Demokratie fortbestehen“. „Denn genau das steht jetzt auf dem Spiel. Unsere Demokratie.“

Trump reagiert auf Abrechnung

Unter Trump seien während der Corona-Pandemie nicht nur 170 000 Amerikaner gestorben, sondern auch Millionen Arbeitsplätze verloren gegangen, sagte Obama. Er machte den Republikaner zudem dafür verantwortlich, dass die USA in der Welt an Ansehen verloren hätten.

Auf Obamas Abrechnung hatte Trump schon nach Bekanntwerden erster Redeauszüge reagiert. Er sei nur Präsident geworden, weil Obama selbst versagt habe. „Präsident Obama hat keinen guten Job gemacht. Und der Grund, warum ich hier bin, ist wegen Präsident Obama und Joe Biden“, sagte er bei einer Pressekonferenz im Weißen Haus. Ohne Obama und dessen Vizepräsident Biden wäre er möglicherweise gar nicht ins Rennen um die Präsidentschaft eingestiegen. „Ich wäre sehr glücklich gewesen, ich habe mein vorheriges Leben sehr genossen“, sagte der 74-Jährige. Obama habe dem Land „Schrecken“ hinterlassen.

Trump führte aber nicht aus, was er damit meinte. Auf Twitter schob der Republikaner an Obama und Hillary Clinton gerichtet nach: „Wir sehen uns auf dem Schlachtfeld.“