Im Fußballfinale gibt es bei Gleichstand Elfmeterschießen. Und in der Kommunalpolitik? Da entscheidet das Los. Jetzt hat es in Donaueschingen zugeschlagen. So selten ist das gar nicht.

Baden-Württemberg: Eberhard Wein (kew)

Donaueschingen - Als Diplomverwaltungswirt ist Severin Graf die Regelung in Paragraf 45, Absatz 2 der baden-württembergischen Gemeindeordnung natürlich bekannt. „Bei Stimmengleichheit entscheidet das Los“, heißt es da. Bisher habe er dies für „blanke Theorie“ gehalten, räumt der 51-Jährige ein. Jetzt verdankt der ehemalige parteilose Bürgermeister von Aach (Kreis Konstanz) nach freiwilliger einjähriger Familienpause der Regelung und seinem Losglück nun den Wiedereinstieg in den Job. Vom 1. März an wird er als beigeordneter Bürgermeister Stellvertreter von Donaueschingens Oberbürgermeister Erik Pauly (CDU). Der Amtsvorgänger Bernhard Kaiser (parteilos) geht nach 36 Jahren in den Ruhestand.

 

„Das Glück ist mit dem Tüchtigen“, sagt Graf. 16 Jahre amtierte er in Aach, einer kleinen Stadt, die zumindest über eine unterirdische Verbindung mit Donaueschingen verfügt. In der dort befindlichen „größten Quelle Deutschlands“ kommt versickertes Donauwasser wieder zum Vorschein. Seinen Neustart in der Großen Kreisstadt auf der Baar sieht Graf durch den Makel einer Zufallsentscheidung nicht belastet. „Im Fußball gibt es Elfmeterschießen, in der Kommunalpolitik eben den Losentscheid“, sagt er.

Die CDU nominiert nach

Kurios sind die Umstände der Wahl, für die bei Beigeordneten nicht die Bevölkerung, sondern der Gemeinderat zuständig ist, aber schon. Im ersten Wahlgang hatte Graf mit 14 zu 17 Stimmen hinten gelegen. Zwei weitere Kandidaten schieden aus. In der Stichwahl kam es dann mit 18 zu 18 zum Patt. Pikant: sein Konkurrent in der Stichwahl, der CDU-Mann Jürgen Maas, bisher tätig bei der Krefelder Schulverwaltung, war von CDU und FDP/Freien Wählern trotz einer Bewerbung nach offiziellem Fristende in die Endausscheidung gedrückt worden. Das ist zulässig, aber unüblich. Zuvor war bekannt geworden, dass auch die SPD einen eigenen Kandidaten ins Rennen schicken würde. Der zog dann aber zurück.

Bei Maas’ Nominierung waren die bürgerlichen Reihen noch geschlossen gewesen, bei der Stichwahl muss es aber mindestens zwei Abweichler gegeben haben. So kam es zum Losentscheid mit dem bekannten Ende. Ein solcher kommt immer wieder vor. Im vergangenen Jahr zitterte sich in Lörrach die Baubürgermeisterin Monika Neuhöfer-Avdic auf diese Weise ins Amt. Ebenso erging es Christian Ruf, den ein Losentscheid 2015 zum Rottweiler Baubürgermeister machte. Im Wahlkreis Göppingen musste vor der Landtagswahl 2016 ebenfalls das Los über den Grünen-Kandidaten entscheiden. Zuvor war es bei zwei Nominierungsveranstaltungen jeweils zum Patt gekommen. Bei der Lotterie siegte Alex Maier, der sich später auch das Direktmandat sicherte.

Der Makel verblasst

Auch Klaus Pavel (CDU) verdankt seinen Landratsposten im Ostalbkreis seinem Losglück. Daran dürften sich allerdings nur die Älteren erinnern. 1996 ging es im Aalener Kreishaus erfolglos über drei Wahlgänge. Inzwischen wurde er zweimal mit rund 90 Prozent wieder gewählt.