Bei einem Informationsabend zur PCB-Belastung an der Esslinger Zollberg-Realschule machen vor allem die Lehrer ihrem Ärger Luft. Den Fachleuten gelingt es nicht, die besorgten Eltern zu beruhigen. In dem Gebäude soll weiter unterrichtet werden.

Esslingen - Sie haben es seit Jahren eingeatmet. Nach dem Fund von polychlorierten Biphenylen (PCB) geht die Angst um an der Zollberg-Realschule in Esslingen. Die Chlorverbindungen stehen in dem Verdacht, Krebserkrankungen auszulösen. Auch bei einem Informationstermin an der Schule, zu dem Lehrer, Eltern- und Schülervertreter am Donnerstagabend eingeladen worden waren, konnten die Experten die Sorgen der Lehrer, Eltern und Schüler kaum zerstreuen.

 

Fachchinesisch ist für die Anwesenden kaum zu verstehen

„Wir gehen jeden Tag in die Schule und haben Angst“, berichtete der Lehrer Alexander Schulz von der Stimmung im Kollegium. Die am Abend vorgestellten gemessenen Werte der Luft in den Klassenzimmern hätten nicht dazu geführt, dass die Sorgen geringer geworden seien. „So richtig beruhigt bin ich nicht“, resümierte Schulz am Ende der dreistündigen Veranstaltung, zu der rund 150 Besucher in die Mensa der Schule gekommen waren.

Zuvor hatten Vertreter des Gesundheitsamtes des Landkreises und des Landesgesundheitsamtes betont, dass zwar dringend gehandelt werden müsse, um die zu hohen PCB-Werte in der Luft zu senken, es aber nicht notwendig sei, das Gebäude sofort zu evakuieren. Vor allem die Lehrerinnen und Lehrer ärgerten sich über die langen und detailreichen Vorträge, die ohne chemisches Fachwissen kaum verstanden werden konnten. „Wir haben so einen Hals“, „Bei uns brodelt es“ und „Kommen Sie doch mal auf den Punkt“, lauteten einige der von Applaus begleiteten Zwischenrufe.

Eine laute Lüftung erschwert erheblich den Unterricht

Die neuesten Messungen haben ergeben, dass die Luftwerte durch das intensive Belüften der Räume ein wenig besser geworden sind. Doch die starke Lüftung habe dazu geführt, dass morgens Temperaturen um zehn Grad Celsius herrschten, berichtete der Lehrer Schulz. Die neue Lüftungsanlage sei außerdem sehr laut. „Ein Unterrichten ist da größtenteils nicht möglich“, klagte er.

Dass es zwei Jahre gedauert hat, bis die Stadt dem Hinweis eines besorgten Vaters nachgegangen ist, bedauerte der Erste Bürgermeister Wilfried Wallbrecht an dem Abend ausdrücklich. Die Mail sei Ende 2016 an den damals zuständigen Leiter der Städtischen Gebäude Esslingen weitergeleitet worden. Danach sei allerdings wohl erst einmal nichts weiter passiert. „Ich gebe zu, die Aufmerksamkeit war zu gering. Aus heutiger Sicht war das ein Fehler“, gab Wallbrecht zu.

Die Schule kann nicht abschnittsweise Zimmer für Zimmer saniert werden

Zwischenzeitlich werden zwei Klassenzimmer mustersaniert. Dort wird geprüft, wie das Gebäude PCB-frei gemacht werden kann. Die Sanierungsarbeiten an den Klassenräumen sollen bis Ende Mai abgeschlossen sein. Im Juni könnte dann ein Sanierungsplan erarbeitet werden. Allerdings zeichnet sich bereits jetzt ab, dass das Schulgebäude vermutlich in einem Zug umfassend saniert werden muss. „Für uns sieht es danach aus, dass wir eine Komplettmaßnahme haben“, sagte der Sachverständige Jörg Kröchert. Eine zimmerweise Sanierung würde voraussichtlich nicht zum Erfolg führen, weil das PCB in den nichtsanierten Räumen die frisch sanierten Räume erneut belasten könnte.

Für die umfassende Sanierung müssten jedoch weitere Container bestellt werden, in denen die Schüler während der Sanierungsphase unterrichtet werden. Bisher sind lediglich vier Container bestellt, um den Raumbedarf der beiden Klassenzimmer zu kompensieren. Sollte das ganze Schulgebäude in einem Zug saniert werden, müssten jedoch zahlreiche weitere Container bestellt werden. Vor den Sommerferien wird es deshalb wohl nichts mehr mit dem Auszug der Lehrer und Schüler aus dem Gebäude.

An heißen Sommertagen dürften die Werte noch steigen

Bis auf Weiteres soll deshalb an der Entscheidung, weiter in dem belasteten Gebäude zu unterrichten, festgehalten werden. Das löst auch unter den Eltern Unmut aus. „Das ganze Haus ist voll mit PCB. Man sollte dafür sorgen, dass die Kinder so wenig von dem Zeug abkriegen wie möglich“, fordert ein Vater eines Schülers. „Ich finde es unverantwortlich.“

Die bisherigen Gutachten sprechen sich für schnelles Handeln aus. Vor allem angesichts steigender Temperaturen müsse dringend etwas unternommen werden muss, um die zu hohen Werte zu senken. „Die hohen Raumluftbelastungen, die in den heißen Sommertagen noch deutlich über den bisher gemessenen Werten liegen werden, sind für eine dauerhafte Nutzung des Gebäudes nicht tolerabel“, heißt es in einem der Gutachten.