Die Staatsanwaltschaft hat im Peggy-Prozess ihre Mordanklage gegen den geistig Behinderten Ulvi K. fallen lassen und auf Freispruch plädiert.

Die Staatsanwaltschaft hat im Peggy-Prozess ihre Mordanklage gegen den geistig Behinderten Ulvi K. fallen lassen und auf Freispruch plädiert.

 

Bayreuth - Im Peggy-Prozess haben Staatsanwaltschaft und Verteidigung einen Freispruch verlangt. Der geistig Behinderte Ulvi K. kann damit rechnen, dass seine frühere Verurteilung wegen Mordes an dem Mädchen aufgehoben wird. Seit 13 Jahren ist Peggy spurlos verschwunden. Das Landgericht Bayreuth wird das Urteil an diesem Mittwoch bekanntgeben.

Staatsanwältin Sandra Staade beantragte am Dienstag in dem Wiederaufnahmeverfahren einen Freispruch aus Mangel an Beweisen: "Wir haben letztendlich nur das damalige Geständnis des Angeklagten. Wenn dieses aber möglicherweise falsch war, dann muss gelten: Im Zweifel für den Angeklagten." In seinem Schlusswort sagte Ulvi K.: "Ich hab' die Peggy nicht umgebracht. Mein Wunsch ist, dass sie noch lebend gefunden wird."

Die damals neun Jahre alte Schülerin wird seit Mai 2001 vermisst, ihre Leiche wurde nie gefunden. Als ihr Mörder wurde Ulvi K. im April 2004 in einem Indizienprozess zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt. Das Landgericht Hof sah es damals als erwiesen an, dass Ulvi K. Peggy tötete, um einen einige Tage vorher an ihr begangenen sexuellen Missbrauch zu vertuschen. Er hatte die Tat im Juli 2002 gestanden, einige Monate später aber widerrufen.

In dem neuen Prozess ging es vor allem um die Frage, wie glaubhaft sein damaliges Geständnis war - es ähnelte der vermuteten Tatversion der Polizei auffällig. Das wurde aber erst später bekannt. Genau deswegen wird der Fall neu verhandelt.

Ein psychiatrischer Gutachter hielt es - anders als vor zehn Jahren - für "wissenschaftlich denkmöglich", Ulvi K. könne sich das Geständnis auch ausgedacht haben. Verteidiger Euler forderte einen Freispruch - "aber nicht im Zweifel für den Angeklagten".

Staatsanwaltschaft hält Missbrauch für unstrittig

Euler sah die Unschuld des 36-Jährigen eindeutig bewiesen: Mehrere Zeugen hätten Peggy auch noch nach dem von der Polizei vermuteten Todeszeitpunkt in ihrem Heimatort im oberfränkischen Lichtenberg gesehen. Die Angaben seines Mandanten seien zudem höchst widersprüchlich gewesen und ihm zum Teil von der Polizei suggeriert worden. Der sexuelle Missbrauch Peggys durch Ulvi K. habe nie stattgefunden. "Dafür gibt es auch keinerlei Beweise."

Staatsanwältin Staade bezeichnete den Missbrauch dagegen als unstrittig. Ulvi K. habe mehrfach und konstant wiederholt, "Sexverkehr mit Peggy" gehabt zu haben. Erst im Wiederaufnahmeverfahren habe er den Missbrauch dann über seinen Verteidiger plötzlich abgestritten. "Ulvi hat zu mir gesagt, er hat das nicht getan - das glaube ich ihm auch", sagte Euler dazu.

Staade wies Kritik an der Arbeit der Ermittler zurück. Es habe gute Gründe gegeben, Ulvi K. unter Tatverdacht zu stellen. "Fakt ist, dass der Angeklagte bereits gegenüber kleinen Jungs körperlich übergriffig geworden ist", erklärte Staade. In Einzelfällen habe er Gewalt angewandt. Ulvi K. ist wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern seit 2001 in einem psychiatrischen Krankenhaus. Die Haftstrafe wegen des Mordes an Peggy hatte er noch nicht angetreten.

Die Nebenklage stellte keine eigene Forderung. Die Anwältin von Peggys Mutter sagte: "Meine Mandantin hofft, dass mit Abschluss des Verfahrens die Verdächtigungen und Verleumdungen gegen sie aufhören werden." Ihr sei sogar vorgeworfen worden, ein Kinderbordell betrieben zu haben. Verteidiger Euler hatte die 41 Jahre alte Frau aus Halle in Sachsen-Anhalt während des Prozesses mehrmals zum Kreis der Tatverdächtigen gezählt.

"Ohne Vorliegen eines einzigen Beweises wurden andere Tatverdächtige von den Ermittlern ausgeblendet", kritisierte Euler in seinem Plädoyer. Nach 13 Jahren sei es nun nahezu unmöglich, "einen der spektakulärsten Kriminalfälle Deutschlands" aufzuklären.