Nach dem Verbot der Demo in Dresden will die islamkritische Bewegung Pegida nun in Leipzig die Massen mobilisieren und kündigt 60.000 Teilnehmer an. Eine Herausforderung für die Sicherheitsbehörden - und die Politik.

Berlin/Leipzig - Nach dem Demonstrationsverbot in Dresden wegen einer Terrordrohung gegen Pegida wollen die Islamkritiker nun in Leipzig Zehntausende Anhänger auf die Straße bringen.

 

Der dortige Pegida-Ableger Legida meldete für eine Demonstration an diesem Mittwoch 60.000 Teilnehmer an, wie Sachsens Innenstaatssekretär Michel Wilhelm (CDU) am Dienstag mitteilte. Ein Versammlungsverbot solle es nicht geben. „Eine konkrete Gefährdung, wie sie in Dresden vorlag, gibt es in Leipzig nicht“, sagte Wilhelm. Gegen den Legida-Aufmarsch wurden nach seinen Angaben 19 Gegenkundgebungen angemeldet.

Polizei fordert Verstärkung an

Die Polizei bereitet sich nach eigenen Angaben auf einen der größten Einsätze seit der Wiedervereinigung vor. Bis zu 4000 Polizisten sollen in Leipzig für Sicherheit sorgen. „Wir haben mehrere Bundesländer um Hilfe angefragt“, sagte ein Polizeisprecher. Zum Vergleich: In Dresden, dem Zentrum der Pegida-Bewegung, waren bei den letzten beiden Demonstrationen jeweils gut 1600 Beamte im Einsatz. Dort hatte Pegida zuletzt 25.000 Menschen auf die Straße gebracht.

Für Montag waren in Dresden sämtliche Kundgebungen aus Sicherheitsgründen verboten worden. Grund war eine Morddrohung von Islamisten gegen Pegida-Gründer Lutz Bachmann. Außerhalb Dresdens gelang es den „Patriotischen Europäern gegen die Islamisierung des Abendlandes“ (Pegida) nicht, ihre Anhänger am Montagabend in nennenswertem Umfang zu mobilisieren - bundesweit waren es nur wenige tausend. Zu Demonstrationen gegen Pegida und für eine offene und tolerante Gesellschaft kamen in mindestens 15 Städten insgesamt rund 45.000 Menschen.

Sachsens Vize-Ministerpräsident Martin Dulig (SPD) verteidigte die Entscheidung der Dresdner Polizei, wegen der Terrordrohung alle Kundgebungen in der Landeshauptstadt zu untersagen und damit das Grundrecht der Versammlungsfreiheit einzuschränken.

Gysi: Demoverbot ist falsch

„Wir sind uns einig, dass die Entscheidung richtig und verantwortlich war“, sagte er in Dresden. Die sogenannte Allgemeinverfügung wird bundesweit kontrovers diskutiert. Ein solches Versammlungsverbot wegen einer aktuellen Bedrohungslage sei „nur ausnahmsweise zulässig“, sagte der frühere Verfassungsgerichtspräsident Hans-Jürgen Papier der „Rheinischen Post“. „Die Polizei und die Sicherheitsbehörden sind nicht dazu da, Versammlungen zu verbieten oder sie aufzulösen, sondern vielmehr sie zu schützen.“ So sieht das auch der Bund Deutscher Kriminalbeamter: „Unser Versammlungsrecht, das Demonstrationsrecht, ist so hochwertig, dass wir sagen müssen, dass muss eine Ausnahme sein“, sagte der Bundesvorsitzende André Schulz im ZDF.

Linksfraktionschef Gregor Gysi bezeichnete die Demonstrationsverbote in Dresden als falsch. „Wir dürfen uns nicht durch einzelne Drohungen die Grundrechte nehmen lassen“. Wie Gysi forderte auch Grünen-Chefin Simone Peter die Polizei auf, ein sicheres Umfeld zu gewährleisten, damit wieder jeder sein Demonstrationsrecht wahrnehmen könne. Ex-Justizminsterin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) sprach von einem „massiven Einschnitt in die Meinungsfreiheit“ und forderte, die Hintergründe des Verbots öffentlich zu erklären.

Gewerkschaft: Polizei wegen Terrorgefahr entlasten

Der Chef der Gewerkschaft der Polizei, Rainer Wendt, forderte in der „Bild“, die Beamten angesichts der Terrorgefahr von anderen Aufgaben wie Blutkontrollen von Alkoholsündern zu entlasten. Ihm pflichtete Baden-Württembergs Innenminister Reinhold Gall (SPD) bei.

Unterdessen ringt die Politik weiter um eine Linie im Umgang mit Pegida. CDU-Präsidiumsmitglied Jens Spahn warb erneut für Dialog. „Es muss doch irgendwann wieder auch ein Gespräch, eine politische Debatte geben“, sagte er im ZDF. Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt äußerte sich hingegen skeptisch. Pegida gehe es nur darum, „Ängste zu schüren“, sagte sie im SWR. SPD-Vize Ralf Stegner sagte der „Berliner Zeitung“: „Ich bin dafür, Pegida hart anzugehen.“

In Leipzig und Dresden wollten ehemalige DDR-Bürgerrechtler und Montagsdemonstranten am Abend mit Pegida-Anhängern ins Gespräch kommen. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) nimmt an einem Podium in der Dresdner Frauenkirche teil.