Was ist Pegida ohne Lutz Bachmann? Die einen glauben, die Protestbewegung habe ihren Zenit überschritten, andere halten mit dem Rückzug des Hauptorganisators das Ende von Pegida noch lange nicht gekommen. In Dresden will man auf jeden Fall weitermachen.

Dresden/Leipzig - Die islamkritische Bewegung Pegida will nach dem Rückzug von Frontmann Lutz Bachmann unbeirrt weitermachen. Sie gehe davon aus, dass die Arbeit „genauso weitergeht wie bisher“, sagte Pegida-Sprecherin Kathrin Oertel im Berliner „Tagesspiegel“. Schon am Montag soll es in Dresden eine neue Kundgebung geben. Über Bachmanns Nachfolge sei noch nicht entschieden.

 

Der mehrfach vorbestrafte 41-jährige Cheforganisator der seit Wochen andauernden Demonstrationen gegen vermeintliche „Überfremdung“ war am Mittwoch nach einer Welle der Empörung über ein „Hitler-Foto“ und ausländerfeindliche Äußerungen zurückgetreten. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Volksverhetzung.

"An seine Stelle werden nun andere treten"

Bachmanns Rückzug bedeutet nach Einschätzung des Politologen Werner J. Patzelt nicht das Ende der Gruppierung. „An seine Stelle werden nun andere treten“, sagte er. „Es wäre also Wunschdenken, zu erwarten, dass sich mit dem Rückzug nun auch Pegida auflösen würde.“ Andere Wissenschaftler, etwa der Berliner Protestforscher Dieter Rucht, gehen hingegen davon aus, dass die Pegida-Bewegung ihren Zenit erreicht hat und in absehbarer Zeit wieder verschwindet.

Tatsächlich werden Risse deutlich: Die Dresdner Pegida geht auf Distanz zu ihrem Leipziger Ableger Legida, den Verfassungsschützer als radikaler einstufen. „Alles, was heute Abend in Leipzig gesagt und gefordert wird, ist nicht mit uns abgesprochen“, sagte Oertel am Mittwochabend vor der Legida-Demo in Leipzig. Pegida prüfe eine Unterlassungsklage gegen Legida, dessen Organisatoren sich bislang geweigert hätten, einen Forderungskatalog zu übernehmen. „Wir wollen verhindern, dass Pegida in das rechtsextreme Spektrum abgleitet“, sagte Oertel dem „Tagesspiegel.“

Am Montag neue Demos in Dresden

Nach der Absage der letzten montäglichen Demo in Dresden wegen einer Terrordrohung wollen die „Patriotischen Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes“ (Pegida) nächste Woche wieder in der sächsischen Landeshauptstadt auf die Straße gehen. Bisher habe sie keine gegenteiligen Informationen der Sicherheitsbehörden, sagte Oertel im „Tagesspiegel“. Polizei und Stadtverwaltung sagten dazu, die Sicherheitslage werde stetig überprüft.

Zeitgleich wollen am Montagabend in Dresden Musiker, Künstler und Bürger der Stadt ein Zeichen setzen. Unter dem dem Motto „Offen und bunt - Dresden für alle“ werden vor der Frauenkirche Künstler wie Herbert Grönemeyer, Jan-Josef Liefers, Silly und Keimzeit erwartet. „Wir hoffen auf ein tausendfaches Bekenntnis für Weltoffenheit und Toleranz“, sagte Mitinitiator Gerhard Ehninger.

Gauck verurtelt Begriff "Lügenpresse"

Bundespräsident Joachim Gauck würdigte solches Engagement. „Was mich außerordentlich freut, ist, dass dieser Tage in etlichen deutschen Städten viele Menschen für ein weltoffenes Deutschland auf die Straßen gehen“, sagte Gauck. Gleichzeitig verurteilte er den von Pegida-Demonstranten benutzten Begriff „Lügenpresse“ als „geschichtsvergessenen Unsinn“. Er erinnerte daran, dass „Lügenpresse“ auch ein Kampfbegriff der Nazis war. „Wer den Medien hierzulande unterstellt, sie verbreiteten systematisch Lügen, der sollte sich daran erinnern, wie es früher in Deutschland zuging“.

Der Leipziger Pegida-Ableger hatte am Mittwochabend weniger Menschen auf die Straße gebracht als angekündigt. Nach Angaben der Stadt nahmen an dem Legida-Aufmarsch 15.000 Menschen teil, bei den Gegendemonstranten waren es mehr als 20.000. Die Polizei sprach von einem „erheblichen Gewaltpotenzial“ auf beiden Seiten. Rund 4000 Polizisten waren im Einsatz. Einige davon wurden von Böllern, Flaschen oder Laserpointern verletzt. Unbekannte setzten Bahnanlagen in Brand, was den Zugverkehr störte.

Auch Journalisten seien attackiert worden, hieß es. Die „Leipziger Volkszeitung“ berichtete, die Angriffe auf Journalisten seien aus dem Legida-Lager gekommen. Die Fotoausrüstung eines Reporters sei zerstört worden. Der MDR berichtete, Journalisten seien bespuckt und verprügelt worden. Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) kündigte an, über Auflagen für die nächste Kundgebung nachzudenken.