Die deutschen Anbieter sehen sich auf der Gewinnerseite. Besonders nachgefragt sind derzeit große Autos mit viel PS. Doch die chinesische Regierung steuert gegen und fördert die Spritsparer.

Peking - Auch auf dem größten Automarkt der Welt sind die Tierversuche mit Dieselabgasen ein Thema – aber kein großes. Ein Bild, auf dem der VW-Werbespruch „Das Auto“ ersetzt ist durch „Gas Auto“ verbreitet sich unter jungen Chinesen in den sozialen Netzwerken; Nachrichtenwebseiten zitieren westliche Medien mit Details zu dem Skandal. Vertreter der Industrie erwarten jedoch keine Auswirkungen auf das Geschäft. Ein Land wie China, das gerade die Grenze zum Klonen von Affen durchbrochen hat, ist eben nur schwer mit Tierversuchen zu schocken. Und Pkw mit Dieselmotor sind in China ohnehin praktisch unbekannt.

 

Volkswagen ist wieder Marktführer

Die Fahrzeugindustrie blickt daher insgesamt optimistisch ins neue Jahr. Das Wachstum flacht zwar deutlich ab. Doch bei 28,9 Millionen verkauften Autos im Jahr 2017 kann einfach keiner meckern. Das sind 70 Prozent mehr als in den USA. China ist mit weitem Abstand die stärksten Region für die Hersteller. Vor allem deutsche Anbieter haben wieder gut abschnitten. Die Marke Volkswagen ist mit 3,2 Millionen abgesetzten Autos wieder Marktführer. Auch die anderen Marken des Wolfsburger Konzerns waren erfolgreich: Porsche konnte eine Absatzsteigerung von zehn Prozent erreichen. Audi führt erneut das Premiumsegment an, wie seit drei Jahrzehnten. Auf Platz zwei liegt BMW.

Daimler holt jedoch schnell auf. Anfang vergangenen Jahres sah es sogar so aus, als könnte Mercedes an Audi vorbeiziehen. Doch gegen Mitte des Jahres gelang es den Ingolstädtern, einen tief sitzenden Streit mit chinesischen Partnern vorerst beizulegen – und der Absatz zog prompt wieder an. Am Ende zog Audi knapp an BMW vorbei und konnte sogar 20 000 Autos mehr verkaufen als Daimler. Gemeinsam decken die drei deutschen Premium-Marken 60 Prozent des chinesischen Top-Segments ab.

Der Markt ist an einem Wendepunkt angekommen

Das Gesamtwachstum des Marktes für Pkw lag 2017 bei 1,4 Prozent. Das ist zwar weit entfernt von den zweistelligen Werten der Boomphase. Doch der Rückgang kommt nicht überraschend. Irgendwann ist der Grundbedarf vorerst gedeckt. „Ein Abflachen des Wachstums entspricht den langfristigen Trends“, sagt Benjamin Lo, Branchenexperte beim Wertpapierhaus Nomura. Die Bevölkerung schrumpft, die Konjunktur boomt nicht so stark und junge Leute interessieren sich weniger für Autos als zuvor. Inzwischen entwickelt sich in China auch ein Gebrauchtwagenmarkt. Für dieses Jahr erwarten die Nomura-Experten daher einen Anstieg von lediglich 0,3 Prozent. „Der Markt befindet sich an einem Wendepunkt“, sagt Lo. Ab jetzt seien Absatzsteigerungen ein Nullsummenspiel – sie gehen auf Kosten anderer Anbieter. Das führe zu einer größeren Spreizung des Wachstums zwischen Gewinnern und Verlierern.

Die Hersteller sind in der Zwickmühle

Die deutschen Anbieter sehen sich generell auf der Gewinnerseite. „Wir erwarten auch 2018 gutes Wachstum“, sagt Jochem Heizmann, China-Vorstand bei Volkswagen. In der ersten Jahreshälfte werde es zunächst langsamer weitergehen – die Regierung fährt Steuererleichterungen zurück. Er erwartet jedoch insgesamt einen guten Absatz von Stadtgeländewagen (SUVs): Volkswagen hat die Kapazitäten hochgefahren, um auf die Erwartungen der Kunden zu reagieren. Chinas Regierung steuert derweil dagegen. Während große Autos mit viel PS am Markt besonders nachgefragt sind, konzentriert sich die Förderung auf spritsparende Hybridmodelle. Das bringt die Hersteller in eine Zwickmühle. Neue Gesetze zwingen sie, den Durchschnittsverbrauch sämtlicher Modelle zu senken: Wer viele SUVs absetzt, muss zum Ausgleich umso mehr extrem verbrauchsarme Vehikel verkaufen.