Diese Zahlen haben die Stadträte in Filderstadt erschreckt: Bei der Stadt meldeten sich Mitarbeiter 2020 im Schnitt mehr als 23 Tage pro Jahr krank – davon viele dauerhaft. Wie hoch ist die Arbeitsbelastung?

Filderstadt - Es sind Zahlen, die die Mitglieder des gemeinderätlichen Verwaltungsausschusses (VA) erschreckt haben. Bei der Stadtverwaltung Filderstadt waren Angestellte im Jahr 2020 im Schnitt 23,26 Tage krankgeschrieben – grob fünf Tage mehr als noch im Jahr zuvor. Zum Vergleich: Laut Statista, einem Anbieter für Markt- und Konsumentendaten, waren es 2020 bundesweit durchschnittlich 11,2 Krankheitstage. Ebenfalls hochgegangen ist in Filderstadt die Zahl der Langzeiterkrankten, die mehr als sechs Wochen ohne Unterbrechung nicht arbeiten konnten. 65 waren es 2020. Mittlerweile seien im Rathaus erste krankheitsbedingte Kündigungen ausgesprochen worden.

 

Wie erklärt sich die Stadt den hohen Krankenstand?

Wie kommt es dazu? Laut der Verwaltung ist der Anstieg unter anderem auf die Pandemie zurückzuführen. Gleichzeitig ist die Arbeitsbelastung offenbar hoch. 2019 fielen 3307 Kappstunden an, also geleistete Arbeitsstunden, die verfallen. Nur 40 dürfen laut Dienstvereinbarung ins nächste Jahr mitgenommen werden. Allerdings: 2020 wurde diese Praxis ausgesetzt, dieses Jahr wird es womöglich auch keine Kappstunden geben.

Im Rathaus will man sich dem Personal nun mehr widmen. Der Prozess des betrieblichen Eingliederungsmanagements sei verbessert worden, zudem seien Angebote erarbeitet worden, um die Gesundheitsquote zu steigern. Auch eine Mitarbeiterbefragung soll zu psychosozialen Faktoren am Arbeitsplatz Aufschluss geben.

Lesen Sie aus unserem Angebot: Stadt wirbt Erzieher aus Spanien an

Das Arbeitsaufkommen wächst. Und das Personal? 2020 waren bei der Stadt und den Eigenbetrieben 973 Personen beschäftigt (ohne Azubis); neun mehr als im Vorjahr. Der Stellenplan wird stetig ausgebaut, zuletzt von 613,4 auf 638,2 Vollzeitstellen zwischen 2019 und 2020. Viele Menschen arbeiten in Teilzeit, auch Führungskräfte. „Man versucht, flexibel auf alle Lebensphasen einzugehen“, sagte Nadine Hoss aus dem Haupt- und Personalamt. Die Personalkosten steigen derweil. Lagen sie 2017 bei 36,6 Millionen Euro, waren es 2020 schon 43,2 Millionen Euro.

Fachkräftemangel in den Kommunen

Stellen zu besetzen, das ist aber gar nicht so leicht. Der Fachkräftemangel greift um sich, die Kommunen konkurrieren. „Viele Stellen werden zwei- und dreimal ausgeschrieben“, erklärte Nadine Hoss. Den neuen Verkehrsplaner etwa habe man erst nach vier Ausschreibungsrunden und dem Einsatz eines Headhunters verpflichten können. Von den 213 Stellen, die 2020 ausgeschrieben waren, konnten gerade mal 163 besetzt werden. Gleichzeitig ist die Fluktuation hoch. „Das ist eine generelle Entwicklung“, sagte Nadine Hoss. Und der Druck wird nach ihren Prognosen zunehmen. „Wir stehen vor großen Herausforderungen“, sagte sie. In den kommenden 15 Jahren werde die Stadt altershalber etwa die Hälfte ihres Personals verlieren. Die Leute gehen in den Ruhestand.

Lesen Sie aus unserem Angebot: Kommunen blicken sorgenvoll in die Zukunft

Was tun? Der VA wirkte uneinig. Edeltraud Herrmann (SPD) etwa regte an, mehr auf Zugewanderte zuzugehen. Stefan Zimmermann (Grüne) sah vor allem beim Krankenstand Verbesserungs- und Stärkungsbedarf, zudem regte er an, den Look von Stellenanzeigen zu überarbeiten, „Leinfelden-Echterdingen wirkt auf uns etwas flotter“. „Vieles steht und fällt mit der Attraktivität“, sagte Stefan Hermann (Freie Wähler) im Hinblick auf die Verwaltungsgebäude. Wolfgang Pascher (CDU) und Dennis Birnstock (FDP) mahnten, Ideen, wie man Personal halten kann, zu konkretisieren.

Ausbildungen in 17 Berufen möglich

Nachwuchs aus den eigenen Reihen gibt es. Bei der Stadtverwaltung sind Ausbildungen in 17 Berufen möglich, zwei neue sind dazugekommen. Doch auch diese Stellen zu besetzen, fällt mitunter schwer. Die Zahl der Bewerbungen ist in Summe leicht rückläufig. Der neue duale Studienplatz Digitales Verwaltungsmanagement etwa ist bis heute unbesetzt. „Wir sind noch auf der Suche“, sagte Marcel Launer, der Leiter des Haupt- und Personalamts.

Im aktuellen Ausbildungsjahr gibt es 65 Azubis bei der Stadt, hinzu kommen 14 FSJler und sechs Personen im Bundesfreiwilligendienst. Insgesamt sind es etwas weniger als in den Jahren zuvor. Das erklärte Marcel Launer allerdings mit normalen Schwankungen. Die Krux: Bleiben können alle Ausgelernten nicht. „Wir können nicht alle Azubis übernehmen, wenn wir die Stellen nicht haben.“