Künftig können wir uns wieder auf das Wesentliche konzentrieren: Die digitale Welt wird magisch. Lästige Hardware verschwindet einfach, ist sich StZ-Kolumnist Peter Glaser sicher.

 

Stuttgart - Hier geht es in Zukunft um die Zukunft. Das StZ-Hausorakel Peter Glaser befragt einmal die Woche die Kristallkugel nach dem, was morgen oder übermorgen sein wird – und manchmal auch nach der Zukunft von gestern. Dazu als Bonus: der Tweet der Woche!

 

Was passiert, wenn die Zukunft von der Gegenwart eingeholt wird? Wir leben bereits in einer Zeit, in der Science Fiction im technischen Sinn kaum noch möglich scheint. Es gibt schon alles, oder es wird zumindest bereits im Labor erprobt.

Steve Mann ist Professor an der Universität Toronto und einer der Pioniere des Wearable-Computing. Technologie, die man anziehen kann. Er trägt einen solchen Gefühlsübermittler in Form einer Datenweste; dazu eine spezielle Brille, auf der er Dinge sehen kann, für die andere Menschen noch einen Bildschirm brauchen. Aber auch eine solche Brille, Stichwort: Google Glass, ist bereits wieder überholt: Forscher im belgischen Gent haben Kontaktlinsen mit eingebettetem LC-Display entwickelt – eine Technologie, die 1984 in William Gibsons Science-Fiction-Roman „Neuromancer" noch einer fernliegenden, düsteren Zukunft angehörte.

Direktverbindung ins Gehirn

Scheinbar utopische Entwürfe sind längst in unserer Realität angekommen. Vor genau einem Jahrzehnt etwa erlaubte die amerikanische Arzneimittelgenehmigungsbehörde einen ersten klinischen Test, bei dem einem Gelähmten ein „Braingate" genanntes Hirn-Computer-Interface in den Schädel eingepflanzt wurde. Diese Direktverbindung ermöglichte es einem Menschen erstmals, einen Computer mit Gedankenkraft zu steuern.

Mit dem rasanten Fortschreiten der Digitalisierung lässt sich eine Tendenz erkennen: Immer mehr Dinge schwinden. Sie entmaterialisieren. Musik, Filme und Bücher brauchen keine materiellen Träger mehr, sie wölken zunehmend in der Cloud. Es gibt einen radikalen Wunsch an die Zukunft: Die Hardware soll verschwinden und nur noch ihre Funktionen übrigbleiben.

Die Immer-und-überall-Maschine

Das Internet wird bald immer und überall erreichbar sein (so wie einst das Radio). Es wird zu einer neuen Umweltbedingung werden und dafür sorgen, dass man stets online sein kann, um zu schreiben, zu lesen, zu telefonieren, fernzusehen, Musik zu hören, zu suchen und zu bloggen, miteins: dass man sein Leben mit ihm führt – und zwar, ohne sperrige Gerätschaften mit sich herumschleppen zu müssen.

Die Technik wird nicht wirklich verschwinden, sie schwindet. Sie wird unscheinbar in den Hintergrund rücken, vielleicht in die Masten der Straßenbeleuchtung, und Teil einer öffentlichen Infrastruktur werden, so wie heute die zunehmend flächendeckenden WLANs.

Was heute die Maus ist, sind wir morgen selbst

Statt Notebook, Smartphone oder Tablet mit sich führen zu müssen, gibt es dann die Möglichkeit, überall in virtueller Form das zu benutzen, was Bildschirm und Tastatur uns bisher eher umständlich angeboten haben. Längst gibt es Systeme, die Bildschirminhalte auf eine beliebige Fläche werfen, etwa auf eine Handfläche oder eine Tischplatte, und dazu Sensoren, die Steuergesten erkennen. Was heute die Maus ist, sind wir in Zukunft selbst.

Diese Technik wird unser globales Dorf schöner machen. Man denke nur an Bankomaten, Fahrkartenautomaten oder Informationszapfsäulen. Heute sind diese Geräte in der Öffentlichkeit meist brutalistisch verbunkerte, klobige Stahlkästen – „vandalismusresistent". Sie vermitteln kein besonders freundliches Menschenbild. Aber das lässt sich ändern. Die martialischen Kästen werden verschwinden, denn in der digitalen Welt von morgen genügt ein smarter Hauch aus Licht. Eine Handbewegung, und was ich möchte, geschieht. Es ist wie das, was in Kinderbüchern Zauberei heißt – bloß wirklich.


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Und hier noch wie immer der Tweet der Woche: