Nach dem Fasching kommt die Fastenzeit. Aber sind Menschen in den ohnehin enthaltsamen Coronazeiten überhaupt bereit, noch mehr wegzulassen? Pfarrer von den Fildern erklären, warum sie in den nächsten sieben Wochen eine Chance sehen.

Filderzeitung: Rebecca Anna Fritzsche (fri)

Filderstadt/Degerloch - Sieben Wochen ohne. Die Fastenaktion der evangelischen Kirche beginnt auch in diesem Jahr pünktlich am Aschermittwoch und endet zu Ostern. Aber ist Fasten überhaupt etwas, das den Menschen aktuell möglich ist – wegen all der Einschränkungen, dem Verzicht wegen der Coronapandemie?

 

„Die Menschen beschäftigen sich aktuell sowieso mit gesundheitlichen Themen“, sagt Kerstin Vogel-Hinrichs, evangelische Dekanin in Stuttgart-Degerloch. „Es könnte spannend sein, sich gerade jetzt selbst gewählte Vorgaben zu setzen – beispielsweise die Handynutzung zu minimieren, oder auf Schokolade zu verzichten.“ Über vieles habe man derzeit keine Kontrolle – etwa, mit wie vielen Menschen man sich treffen dürfe. „Kontrolle über Bereiche auszuüben, in denen man sie aber hat, kann ein spannendes Experiment sein“, so Vogel-Hinrichs. Allerdings, gibt sie zu bedenken, sind all das Themen, die am besten in persönlichen Gesprächen diskutiert werden können. „Und die können wir ja gerade nicht anbieten.“

Kein gemeinsames Fasten möglich

Gottesdienste seien zwar erlaubt, aber sonst seien keine Angebote möglich, keine Gesprächsgruppen, die gemeinsam fasten. Lediglich digitale Treffen gebe es. „Aber das ist einfach etwas anderes. Sich in Person treffen zu können, das fehlt allen massivst“, sagt die Dekanin. „Darum tritt die Fastenaktion auch in den Hintergrund zur aktuellen Coronalage.“

Auch Günter Seibold, Dekan der evangelischen Gemeinde Bernhausen, sagt: „Das Verzichten ist aktuell schon gegeben, darum ist das Fasten nicht so Thema, wie das in anderen Jahren der Fall gewesen ist.“ Aber er sieht in einer Fastenaktion unter diesen ungewöhnlichen Umständen eine Chance: „Es geht ja auch darum, Dinge bewusster zu erleben, sich Zeit dafür zu nehmen, auch wieder mehr Zeit für Gott zu haben.“ Das vergangene Weihnachtsfest sei zwar anders gewesen, aber eines, das viele Menschen seiner Erfahrung nach besonders intensiv erlebt haben.

Sieben Wochen ohne Blockaden

Dazu passt das Motto der diesjährigen Fastenaktion: „Spielraum! Sieben Wochen ohne Blockaden“, heißt es. Es soll darum gehen, auch innerhalb der aktuell vorgeschriebenen Grenzen Raum zu entdecken, in dem neue Wege beschritten werden können. „Die persönlichen Begegnungen sind erschwert“, sagt Seibold, „digitale Begegnungen können nicht alles auffangen“. An seine Gemeindemitglieder geht eine tägliche E-Mail. „Darin möchte ich sie nun einladen, das tägliche Erleben zu intensivieren, sich auf Gott zu konzentrieren“, sagt Seibold. Dafür sei jetzt der beste Zeitpunkt.

Die Fastenaktion 2021 der katholischen Kirche wird vom Hilfswerk Misereor veranstaltet. Ähnlich wie in der evangelischen Kirche sind Fernsehgottesdienste, Online-Stammtische und Vernetzung über soziale Netzwerke wie Facebook und Instagram geplant. Zugleich startet die Aktion „Klimafasten“.

Weitere Informationen stehen unter www.7wochenohne.evangelisch.de und www.fastenaktion.misereor.de